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Der neue Senat: Ein hybrides, misslungenes Konstrukt.
Verfassungsreferendum (2/10)

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Eines der Hauptziele dieser Verfassungsreform ist die Beendigung des Zwei-Kammern-Systems und der Umbau des Senats in eine “Versammlung der lokalen Autonomien” (im Verfassungstext immer noch “Senat der Republik”). Damit sollten die Politikkosten gesenkt, die Entscheidungsverfahren beschleunigt und die Regionen eine direkte Vertretung erhalten werden. In dieser Hinsicht scheint das neu gestaltete Organ nicht zielführend, denn weder ist dieser Senat repräsentativ für die Regionen, noch deutlich sparsamer, noch funktional. Der Reihe nach.

Beim Senat werden zwar 48 Mio. Euro an Senatorengehältern gespart, doch die Aufwandsentschädigungen der verbleibenden 100 Senatoren macht einen Teil davon wieder wett. Am meisten zu Buch schlägt bei den heutigen 540 Mio. Kosten des Senats der teure Apparat in Rom, der erhalten bleibt. Hätte man die Zahl der Parlamentarier halbiert (315 Abgeordnete und 160 Senatoren), wäre wirklich eingespart worden. Genauso mit einer linearen Kürzung aller heutigen Parlamentariergehälter um nur 10%. So bleiben immer noch 630 Abgeordnete mit 18.000 Euro monatlich und Leibrente.
Wird der neue Senat die lokalen Autonomien vertreten? 21 der neuen Senatoren sind Bürgermeister der jeweiligen Regionalhauptstadt, 74 werden von den Regionalräten und Landtagen nominiert. Sie repräsentieren die jeweilige Mehrheit dieser Räte, ihren Wahlkreis und bestenfalls 21 Städte (vgl. Folge 1 dieser Reihe). Wären sie in Regional-Wahlkreisen direkt gewählt, sähe es anders aus. Auch in Südtirol wird es keine Direktwahl der Senatoren geben, vielmehr wird ein SVP-Landtagsabgeordneter und Caramaschi das Land im Senat vertreten. Nahezu 49% der Wählerschaft auf Landesebene ist nicht vertreten. Der neue Senat ist demokratisch gesehen ein Fleckerlteppich, und bildet den Wählerwillen auf regionaler Ebene nicht ab. Kein demokratischer Fortschritt.
Wird die Arbeitsteilung im künftigen Parlament effizienter? Das heutige Hauptproblem beim Parlament ist nicht so sehr Schwerfälligkeit und mangelnde Produktivität. Der Senat war nachweislich relativ schnell. In der letzten Legislatur brauchte er 53 Tage für ein Gesetz und 46 Tage für die Umwandlung eines Dekrets. Das Parlament produziert eher zu viel und Italien hat zu viele Gesetze. Jetzt werden die Abläufe zwar streng befristet, aber komplizierter. 10 Arten der Einbeziehung des Senats in den Gesetzgebungsprozess sind geschaffen worden. 22 Gesetzesbereiche bleiben bi-kameral, aber auch in allen anderen Bereichen kann der Senat seine Einbeziehung verlangen, kann dann aber immer von der Kammer überstimmt werden. Bei Gesetzen, die die Regionen betreffen – und das wäre das Kerngeschäft einer Regionenkammer – und jedes Mal wenn die Regierung die Suprematieklausel bemüht, hat der Senat 10 Tage Zeit zu prüfen, ob er eingreifen will, und dann 30 Tage, um eventuelle Änderungen zu verlangen. Die künftigen Teilzeit-Senatoren werden das oft einfach zeitlich nicht schaffen.
In den meisten Ländern mit gesetzgebungsbefugten Regionen werden die Regionenkammern gewählt. Dort gibt es eine Kammer, die sich um die wesentlichen gesamtstaatlichen Aufgaben kümmert, und daneben eine kleinere Regionenkammer, die die Interessen der Regionen vertritt. Renzi hat eine relativ schwache, hybride Versammlung von Vertretern geschwächter Regionen geschaffen. Ein echter Regionalstaat benötigt stärkere Regionen und eine echte, möglichst direkt gewählte Kammer der Regionen mit klaren Vertretungs- und Vetorechten. Mehr dazu hier.

Thomas Benedikter ist Ko-Sprecher des Bürgerkomitees fürs NEIN beim Verfassungsreferendum 2016.

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