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Der Boykottaufruf der SVP.

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Die Volkspartei hat beschlossen, die Südtirolerinnen zum Boykott des selbstverwalteten Referendums aufzurufen, das die STF zum Thema Selbstbestimmung initiiert hat. Dazu einige Bemerkungen:

  • Die SVP kritisiert, dass die STF die Selbstbestimmung für ihren Wahlkampf missbraucht. Auch hatte bereits auf dieses Problem hingewiesen. Aus dem Munde der Volksparteilerinnen klingt dieser Vorwurf jedoch merkwürdig, hat die SVP doch sogar das Menschenrecht (!) auf Selbstbestimmung aus kurzfristigem parteipolitischem Kalkül verworfen und im Landtag niedergestimmt. Ein krasserer Missbrauch ist kaum vorstellbar.
  • Außerdem wirft die Sammelpartei der Süd-Tiroler Freiheit wegen der Bezeichnung »Referendum« Wählerinnentäuschung vor. Wenn es um die korrekte Benutzung politischer Terminologie geht, ist die Volkspartei jedoch selbst kein Vorbild: Sie bezeichnet ihr Zukunftskonzept als »Vollautonomie«, obwohl es sich dabei vielmehr um eine »Vertiefung der innerstaatlichen Teilautonomie« handelt. Vergleiche hier.
  • Die SVP behauptet ferner, die Bezeichnung »Referendum« setze voraus, dass es sich um eine offiziell genehmigte Volksbefragung handelt. Das stimmt so nicht, denn es gibt — auch in Südtirol — zahlreiche Beispiele für selbstverwaltete, also nicht amtliche Referenda.

Jedenfalls ist die Argumentation vor allem deshalb bemerkenswert, weil die SVP ihren jetzigen Boykottaufruf mit der Nichtamtlichkeit begründet. Dabei hatte sie 2009 auch bei den offiziellen Landesreferenda eine ähnliche Haltung eingenommen — es drängt sich also die Frage auf, ob die SVP nicht grundsätzlich gegen (»zuviel«) direkte Demokratie ist.

Siehe auch: 01 02



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Comentârs

5 responses to “Der Boykottaufruf der SVP.”

  1. kompatscher avatar
    kompatscher

    Die SVP hat in meinen Augen JEDE Glaubwürdigkeit verloren. Auf deren Homepage ist, anders als bei deren Konkurrenz, eine öffentliche Diskussion nicht möglich. Diese Partei fürchtet sich vor der freien öffentlichen Meinung, weil sie über Jahrzehnte politische Inzucht betrieben hat. Irgendwie kann ich diese Partei ja auch verstehen, bei einer Unabhängigkeit ST würde von dieser Partei nichts mehr übrig bleiben. Aber damit stellt diese Partei ihr Wohlergehen über dem des Landes und damit bestätigt sich der Eingangssatz.

  2. Hans avatar
    Hans

    Diejenigen die die SVP oder die Grünen wählen, wollen keine Selbstbestimmung, soviel ist sicher. Ihnen reicht die Autonomie die ihnen von der SVP/Grünen angeboten wird. Und weil wir nun mal in einer Demokratie leben, muss wohl auch das akzeptiert werden. Offensichtlich sind die Argumente für eine Selbstbestimmung einfach nicht ausreichend genug.
    Anders formuliert:
    Diejenigen die die SVP oder die Grünen wählen, möchten zwar eine Selbstbestimmung, stellen aber andere Werte die die SVP/Grüne anbieten darüber. Sie verzichten auf Selbstbestimmung und mehr Demokratie, solange sie nicht in ihren eigenen vier Wänden belästigt werden und der tägliche Wurschtsemmel sicher ist.
    Vielleicht ändert sich die Meinung einiger SVP- Wähler, wenn in Italien der Benzinpreis weiter schneller steigt als z.B. in Ö. Wer weiß, vielleicht reicht auch schon ein besseres Internet- Angebot …
    Die Osttiroler haben 1947 die politische Wiedervereinigung mit Nordtirol und somit die Loslösung von Kärnten erkämpft, obwohl sie wussten, dass dies Teils große wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt. Bis 1967 (Eröffnung der Felbertauernstaße) waren sie sogar mehr oder weniger vom übrigen Österreich isoliert. Obwohl das Arbeitsplatzangebot in Osttirol, bedingt durch die geografische Lage, nach wie vor stark eingeschränkt ist, ist Osttirol eine einzige Erfolgsstory. Südtirol hingegen wird schön langsam eine Zumutung … natürlich nur für jene, die sich ein wenig mehr erhoffen als eine bessere Telekommunikation …

  3. Rosanna avatar
    Rosanna

    Wie oft haben schon SVP-Politiker mit der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts “gedroht”? Gerne auch immer wieder mal vor Wahlen – und jetzt sich über die STF empören!
    Viele Leute in dieser Partei sind so was von durchtrieben und schamlos, dass ich mich jeden Tag aufs neue wundere, wie das möglich ist.

  4. Manni avatar
    Manni

    Ich habe trotz einiger Bedenken am Referendum teilgenommen und dafür gestimmt,daß Südtirol sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben kann, was eigentlich alle Demokraten bejahen sollten, auch wenn sie gegen die Unabhängigkeit sind (das trifft bei mir natürlich nicht zu, ich bin für einen eigenen Staat Südtirol). Das größte Bedenken war, daß die Abstimmung mit einem Gewinnspiel kombiniert wurde. Ich hätte ganz bestimmt nix gegen eine Reise nach Katalonien oder Schottland, aber diese Vorgehensweise halte ich für nicht besonders seriös.
    Schlußendlich haben mich aber die Boykottaufrufe der SVP, die anscheinend die Hosen ziemlich voll haben muß, dazu bewogen, trotz einiger Bedenken abzustimmen. Der Schuß aus der Brennerstraße ist also voll nach hinten losgegegangen :-)

    1. Rosanna avatar
      Rosanna

      Genau, diese Boykottaufrufe der SVP sind doch erst richtig motivierend.
      Man kann gar nicht mehr anders, als eben das Gegenteil dessen tun, was die SVP empfiehlt – damit wenigstens ein Hauch von Opposition in diesem Land spürbar wird.

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