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Jugend ohne Zukunft.

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In der FAZ ist jüngst ein Artikel erschienen, der sich mit der aktuellen Lage und Zukunft Italiens beschäftigt. Der Artikel zeigt schonungslos, in welch schlimmer Verfassung sich dieser Staat befindet.

Zwanzig Jahre mussten vergehen, bis Silvio Berlusconi rechtskräftig verurteilt wurde. Es ist nicht das Ende der Misere eines Landes, das zu den schönsten der Welt zählt, sondern die Bestätigung eines politischen und wirtschaftlichen Bankrotts.

Der Artikel schiebt meiner Meinung nach die Schuld zu sehr nur auf Berlusconi, trotzdem werden einige Aspekte der Wirtschaftskrise aus Sicht der nachfolgenden Generationen beleuchtet, für die dieses Land keine Zukunft mehr bietet:

Dann aber erzählt der Akademiedirektor von seiner Tochter. Sie hat ein Jura- und ein Literaturstudium mit Bestnoten abgeschlossen, findet jedoch keine Arbeit. Derzeit jobbt sie in einem Callcenter. Wenn sie in einem schäbigen Vorort von Mailand einen Mietvertrag für eine Bruchbude abschließt, muss der Vater kommen und eine Bürgschaft für die Wuchermiete stellen. Heirat? Enkel? Die Tochter, erzählt der Mann traurig, schüttelt immer nur den Kopf; sie könne doch nicht einmal für sich selbst sorgen. Es ist klar, dass er sie immer noch finanziert. “Bald ist meine Tochter vierzig. Was haben wir unseren Kindern nur für ein Land hinterlassen?

Das ist eigentlich der schlimmste Aspekt der Staatskrise, in welcher sich Italien befindet und hier hat nicht nur Berlusconi Schuld, vielmehr ist — ähnlich wie in Griechenland — ein Versagen auf allen Ebenen feststellbar. Durch dieses Schlamassel beraubt unsere Generation der Vierzigjährigen und unsere Elterngeneration den Kindern die Zukunft.

Meine Nichte, Mitte Zwanzig, ist in Rom deutschsprachig aufgewachsen, hat die deutsche Schule besucht, studiert und muss nun nach Berlin auswandern, da es in Rom keine adäquate Arbeit gibt. Gleichzeitig hört man immer noch von Gewerkschaften, die Stammrollen verteidigen, von Unternehmen, die kaum wettbewerbsfähig sind und von einem Heer an (Früh-)Rentnern, die zunehmend auch die Politik dominieren. Der Staatspräsident ist über neunzig, Berlusconi fast achtzig, das Parlament ist voll von Politikern, die eigentlich längst schon in Rente sein müssten. Für die Jungen bleibt kaum eine Chance, allerdings sind die Alten diejenigen, die das Land zusammenhalten:

Bei Kitas, Ganztagsschulen, Sommerbetreuung mag Deutschland hinter Frankreich und Schweden weit zurückbleiben – ausgerechnet im katholischen Italien sieht es für Familien, vor allem für die Frauen, noch viel schlimmer aus. Es wirkt, als hänge das ganze Land am Geld, an der Erfahrung, an den Immobilien, den Renten und am Arbeitseinsatz von Großeltern, Tanten, Schwägern. Die Familie ist der letzte Kitt.

Was in der Diskussion häufig vergessen wird, die Jungen, welche keine Arbeit finden, werden auch keine Wohnung kaufen und keine Familien gründen, dadurch wird eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt und das Land wird sich in einen Teufelskreis begeben, aus dem es nur schwer ein Entrinnen gibt.

Ein weiterer Aspekt ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit: Während früher beständig die Lira abgewertet wurde, um wettbewerbsfähig zu bleiben, zeigt nun der Euro schonungslos die Defizite auf. In der jüngst veröffentlichen PIAAC-Studie ist Italien vor Spanien an vorletzter Stelle in Bezug auf die grundlegenden Bildungskenntnisse. Telepolis fragt richtigerweise, ob dieser Bildungsnotstand auch ein Indiz für die Wirtschaftskrise ist. Länder, bei denen es an grundlegenden Bildungskenntnissen mangelt, werden von Wirtschaftskrisen stärker getroffen, den Rückstand aufzuholen wird fast unmöglich. Italien befindet sich nun seit einigen Jahren in einer Rezession, der Rückgang der Wirtschaftsleistung erfolgt nicht gleichverteilt, sondern Familien, die Jugend und alle jene, die es nicht in den geschützten Arbeitsmarkt geschafft haben, sind stärker betroffen. Für mich ist es geradezu zynisch, dass die Politik und Gewerkschaften immer noch von Solidarität sprechen, während sie in den letzten Jahrzehnten durch einen rigiden Arbeitsmarkt, mangelnden Reformen und vor allem ineffeziente Strukturen geradezu den Grundstein für die derzeitige Misere gelegt haben. Bei praktisch jedem wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Indikator ist Italien im Schlussfeld oder im unteren Drittel zu finden, ein Ausweg ist nicht in Sicht.

Die Rezession weist einen weiteren Aspekt auf, der wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zeit zum Zusammenbruch Italiens führen wird: Die Staatsverschuldung steigt rapide, ist trotz harter Sparmaßnahmen außer Kontrolle und wird nicht mehr eingedämmt werden können. Mit über 130% des BIP betragen allein die Zinslasten ca. 90-100 Milliarden Euro und mit mathematischer Gewissheit steigen sie weiter bis das Vertrauen der Finanzmärkte endgültig zusammenbricht. Auch hier sind wir alle Schuld, über Jahrzehnte wurde eine steigende Staatsverschuldung als selbstverständlich hingenommen, ausbaden müssen es aber die nachfolgenden Generationen. Viel wird von Nachhaltigkeit gesprochen, bei praktisch allen Teilen der Bevölkerung und Parteien ist aber der Begriff der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit nicht angekommen.

Nun ist das Fest vorbei, das Buffet leer geräumt. Das Land, das seine Mode, sein Essen, seine Möbel, seinen Wein, aber auch seine Rennautos, Motorräder und Küchenmaschinen mit Riesenprofit in alle Welt exportieren könnte, steht vor dem Bankrott.

Während das Land vor dem Kollaps steht, wird in Rom munter weiter gestritten, anstatt sich der Probleme des Landes anzunehmen. In Südtirol hingegen klammern sich die SVP und viele andere Parteien an diesen Nationalstaat, der über Jahrzehnte bewiesen hat, dass es so nicht funktionieren kann. Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, dass wir endlich vorurteilsfrei über politische Alternativen nachdenken dürfen, ein Modell, das effizienter auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert, bei dem unsere Jugend auch einer besseren Perspektive entgegensehen kann. Das bisherige Nationalstaat-Modell ist endgültig gescheitert.

Jetzt schon gehört Italien zu den teuersten Ländern Europas, und trotz der Dauerkrise steigen die Preise und die Steuern zugleich. Es bräuchte nicht nur das Abtreten des ewig wiederkehrenden Springteufels Berlusconi, es bräuchte den radikalen Austausch einer ganzen Politikerkaste, die sich die anarchisch-entspannten Italiener viel zu lange achtlos herangezüchtet haben. Ist das mit der sich neu formierenden Mitte aus alten Christdemokraten, ergebenen Berlusconianern und zynischen Banktechnokraten wirklich zu erwarten?



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Comentârs

38 responses to “Jugend ohne Zukunft.”

  1. pérvasion avatar

    Dirk Schümer, Autor des FAZ-Beitrags, scheint auch noch grundsätzlich italophil zu sein — erkennt aber doch kaum noch etwas Positives. Das gibt wirklich sehr zu denken.

    Ich muss zugeben, dass mich die wirtschaftliche Entwicklung Italiens schön langsam richtig zu ängstigen beginnt.

  2. flyer avatar
    flyer

    bei diesen aussichten frag ich mich – und das nicht zum ersten mal – ob es nicht verantwortungslos war – zwei kinder in diese welt zu setzen

    1. succus avatar
      succus

      Ich habe vier Kinder und frage mich nicht, ob es verantwortungslos ist. Vielmehr müssen wir daran arbeiten, dass sie eine Zukunft haben. Das ist unsere Verantwortung. Im schlimmsten Fall sprechen sie ja alle Deutsch, dann gibt es zumindest eine Perspektive im Ausland.

      1. Steve avatar
        Steve

        Genau, Heim ins Reich…die italienischen Rechtsparteien sowie die Grünen wirds freuen, wenn alle deutschsprachigen zu Wirtschaftsflüchtlingen werden.
        Wäre man paraniod, könnte man Methode hinter diesem Wahnsinn vermuten, um die “terra crucca” endgültig und restlos zu italianisieren. So aber wird man von reiner Kompetenz- und Verantwortungslosigkeit ausgehen können.

    2. Stephan avatar
      Stephan

      Am 27.10.13 haben wir die Chance eine Veänderung zu erwirken.
      Ob die Änderung die Lösung unserer Probleme ist, schwer zu sagen, aber einfach so tun als wäre alles in Ordnung und weiter wie bisher… das scheint mir, wirklich Verantwortungslos gegenüber unseren Kindern.
      Wir müssen was verändern damit unsere Kinder eben nicht Auswandern müssen.

  3. proEuregio avatar
    proEuregio

    … was meinen die Bruggers, Foppas, Köllensperghers, Kronbichlers und Zellers dazu?
    Wie maßgebend und treffend ihre Vorwahlsprüche sind, wird sich in Bälde wohl erweisen! Aber Hauptsache fest und treu zu Rom! – Mit oder ohne Vollautonomie!

  4. m.gruber avatar
    m.gruber

    In Südtirol hingegen klammern sich die SVP und viele andere Parteien an diesen Nationalstaat, der über Jahrzehnte bewiesen hat, dass es so nicht funktionieren kann. Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, dass wir endlich vorurteilsfrei über politische Alternativen nachdenken dürfen, ein Modell, das effizienter auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert, bei dem unsere Jugend auch einer besseren Perspektive entgegensehen kann.

    Ändert man den Blickwinkel zeigt sich der Widerspruch:

    Vollautonomie, Selbstbestimmung, Freistaat Südtirol, Status quo, egal welches Modell, es ändert sich wenig bis gar nichts am desolaten Zustand Italiens bzw. Rest-Italiens.

    Insofern sind alle “politischen Alternativen” über die wir Südtiroler momentan nachdenken alles andere als eine effiziente Lösungen der Probleme, die im Artikel beschrieben werden.

    Bei einer etwaigen Sezession, egal in welcher Form haben wir Südtiroler, in Bezug auf die im Artikel genannten Probleme, den einzigen Vorteil, dass wir sagen können: “Zum Glück ist das nicht mehr unser Problem und nicht mehr unsre Jugend und endlich haben wir eine Perspektive … 100km weiter sieht das schon anders aus.”

    Das nenn ich “nationalstaatliches Denken.”

    Spoiler:
    So hält es Europa, insbesondere Deutschland im Übrigen auch mit dem italienischen Flüchtlingsproblem. Ein Heer von Flüchtlingen prallt auf ein Heer von Arbeitslosen. Aber zum Glück ist Deutschland zwei Flugstunden von dem ganzen Schlamassel entfernt.

    1. pérvasion avatar

      Wenn du es »egoistisch« nennen würdest, könnte ich das noch verstehen. Aber was das mit »nationalstaatlich« zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.

      1. hunter avatar
        hunter

        @ phoenixblob

        ausgangspunkt der diskussion war, dass sich italien mit seinen “vielen” flüchtlingen im stich gelassen fühlt und wir festgestellt haben, dass andere länder im verhältnis zu den einwohnern mindestens gleich große anstrengungen – meist sogar größere – unternehmen.
        auch hab ich gesagt, dass die anzahl der anträge – speziell für ein binnenland ohne eu-außengrenzen – auch einiges über den umgang mit flüchtlingen aussagt.
        die saualm ist eine schändliche altlast jörg haiders. dies wird unter der neuen sozialdemokratischen regierung in kärnten behoben werden.
        ich weiß nicht, wie der umgang mit flüchtlingen in italien vor der krise war und ob man das auf den geldmangel schieben kann.
        im aktuellen amnesty international journal ist ein bericht über martin ladstätter vom zentrum für selbstbestimmtes leben zu lesen, welcher den schönen satz prägt: menschenrechte sind keine sozialmassnahmen.

    2. hunter avatar
      hunter

      ich denke solange deutschland jährlich die vierfache menge an flüchtlingen aufnimmt wie italien (bei nicht einmal doppelt so vielen einwohnern), müssen die italiener mit den flüchtlingen, die bei ihnen ankommen, schon zurecht kommen. wesentlich mehr flüchtlinge als über das mittelmeer kommen nämlich über land auf der balkanroute. in österreich liegt die asylantragsquote 7 mal höher als in italien. ich versteh das alles mit “europa lässt italien mit den flüchtlingen im stich” nicht ganz.

      1. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        Hin und wieder wäre es hilfreich, den Aussagen eines CSU-Innenministers nicht blind zu glauben.

        Siehe http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-10/Fluechtlingspolitik-Debatte-Statistik/komplettansicht

      2. pérvasion avatar

        Ich nehme mal deine Zahlen:

        Deutschland: 64.540
        Italien: 15.710

        64.540 à· 15.710 = 4,11

        Was stimmt also an hunters Angaben nicht?

      3. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        Was an den Zahlen nicht stimmt? Die Zahlen mögen stimmen. Aber CSU-Innenminister Friedrich hat sich da selbstverständlich die Zahlen (= Anzahl der Ayslanträge) rausgesucht, mit denen sich Deutschland fälschlicherweise als “flüchtlingsfreundliches” Land darstellen kann. So etwas nenne ich statistische Manipulation.
        Hinter der Flüchtlingsproblematik steckt aber mehr als nur die Anzahl der Asylanträge. Wenn man sich den Artikel durchgelesen hat, dann sollte man das erkannt haben.

        Wenn man gewisse Sachen mitberücksichtigt, sieht es schon nicht mehr so gut für Deutschland aus:
        1. in Deutschland werden 29% der Asylanträge angenommen, in Italien etwa die Hälfte der Asylanträge.
        2. Außerdem werden etwa ein Viertel der Asylanträge in Deutschland inhaltlich gar nicht überprüft, weil gemäß Dublin-II-Regelung ein anderer Staat für den Asylantrag zuständig ist (“Erst-Aufnahmeaufländer”). Obwohl der Asylantrag in Deutschland gestellt und registriert wurde, ist dann doch das Erst-Aufnahmeland (und das ist oft Italien) für den Asylantrag zuständig. Wichtig: bei den 64.540 zu 15.710 sprechen wir von den Erstanträgen. Jede fünfte Abschiebung geht dabei von Deutschland nach Italien.
        3. Zudem stellen viele Flüchtlinge in Italien keinen Asylantrag, weil ihnen dort die Obdachlosigkeit droht. Deswegen versuchen (!) viele direkt in Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Unter der Annahme, dass nur ein Bruchteil dieser Leute diese lange Reise schaffen, darfst du raten, wer sich hauptsächlich um diese Flüchtlinge kümmern darf. Richtig: Italien!
        4. Viele Flüchtlinge werden von den italienischen Behörden gar nicht erfasst.

        All diese Fakten stammen aus dem Zeit-Artikel.

      4. hunter avatar
        hunter

        @ phoenixblob
        du hast recht, dass die zahl der anträge nur bedingt aussagekräftig ist. ich hab das auch falsch formuliert. bei meinen zahlen ging es nicht um aufnahme, sondern um anträge. andererseits sagt auch die zahl der anträge ein bisschen etwas aus über die flüchtlingspolitik eines landes.

        anyway. lassen wir den csu-innenminister beiseite und nehmen wir die zahlen des eurostat (dem man wohl doch hoffentlich glauben darf).

        die besagen, dass bei der tatsächlichen aufnahme, deutschland und italien prozentuell ähnlich viele flüchtlinge aufnehmen. länder wie österreich, belgien, schweden und die niederlande hingegen ein vielfaches von italien. österreich hat 2011 4085 anträge positiv bescheidet. italien 7155. italien hat siebenmal so viele einwohner wie österreich und nimmt nicht einmal doppelt so viele flüchtlinge auf. ich sehe also nicht, wo italien mit seinem problem “im stich gelassen wird”.

        quelle

      5. hunter avatar
        hunter

        Zudem stellen viele Flüchtlinge in Italien keinen Asylantrag, weil ihnen dort die Obdachlosigkeit droht.

        also liegt mit der flüchtlingspolitik in italien doch einiges im argen. das ist doch kein argument dafür, dass die anderen länder flüchtlingsfeindlich seien.

      6. jonny avatar
        jonny

        Ich verstehe ja nicht alles, was in diesem Bericht steht, aber es schaut jedenfalls so aus, als stimme da was nicht. 64.000 Ankömmlinge in Lampedusa und nur 15.000 Asylanträge???? Wo sind denn die 50.000 Menschen hin, die in dieser Rechnung fehlen? Nach Deutschland, nach Schweden? Und dann werden sie in die Erst-Aufnahmelander zurüchkeschickt, oder wie?
        Kann mir das jemand erklären? Danke

      7. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        @hunter
        Auch die absolute Anzahl der bewilligten Asylanträge ist eine trügerische Zahl.
        Die müsste man immer im Verhältnis zu den gestellten Asylanträgen stellen, weil man kann nur Asyl gewähren, wenn es auch beantragt wurde.
        Aus der obigen Eurostat-Tabelle entnehme ich:
        Deutschland: 24% positive Entscheidungen
        Österreich: 31% positive Entscheidungen
        Italien: 30% positive Entscheidungen

        Das sind Zahlen von 2011.

        2012 sieht es sogar nochmal “besser” für Italien aus, was mit dem Bürgerkrieg in Libyen zusammenhängen dürfte:
        da wurden 73,5% der Anträge positiv entschieden.
        Siehe http://www.interno.gov.it/mininterno/export/sites/default/it/assets/files/27/2013_10_14_Quaderno_statistico_per_gli_anni_1990_-_2012.pdf, vorletzte Seite

        Dazu kommt noch, dass in Österreich und Deutschland relativ viele Russen (Tschetschenen), Afghanen, Syrer, Iraner und Iraker einen Asylantrag stellen und bei diesen Bevölkerungsgruppen ist die Anerkennungsquote aufgrund der politischen Situation in ihrer Heimat prinzipiell höher.
        In Italien kommen die meisten Antragsteller dagegen aus Afrika (v. a. Nigeria, Ghana, Mali, Elfenbeinküste), also aus Staaten mit einer generell niedrigeren Anerkennungsquote.
        Siehe dazu http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/01/asylzahlen_2012.html, http://www.asyl.at/fakten_8/asylstatistik_2012.pdf und http://www.interno.gov.it/mininterno/export/sites/default/it/assets/files/27/2013_10_14_Quaderno_statistico_per_gli_anni_1990_-_2012.pdf

        Zum Abschluss: ja, den aufgenommenen Flüchtlingen geht es in Deutschland und Österreich sicherlich besser als in Italien. In Italien wird jetzt nun mal an vielen Stellen gespart und da werden eben auch die Flüchtlinge nicht ausgenommen, auch wenn es nicht so sein sollte. Da gibt es einen gewissen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Situation und Behandlung der Flüchtlinge. Siehe die Lage der Flüchtlinge in Griechenland: http://www.spiegel.de/politik/ausland/amnesty-bericht-griechenland-verletzt-menschenrechte-von-fluechtlingen-a-910021.html

      8. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        @jonny
        Die 64.000 Ankömmlinge in Italien (nicht nur Lampedusa) beziehen sich auf 2011, die 15.000 Asylanträge auf 2012.
        2012 gab es 15.900 Ankömmlinge in Italien.

      9. hunter avatar
        hunter

        ok.
        einen aspekt berücksichtigst du aber wiederum nicht. italien kann mit der vergabe von aufenthaltsbewilligungen auch deshalb großzügiger sein, weil viele der flüchtlinge nicht in italien bleiben wollen, sondern früher oder später nach norden weiterziehen, weil es ihnen dort besser geht.

      10. pérvasion avatar

        Warum sollte der Anteil bewilligter Asylanträge irgendeine Aussagekraft haben? Wenn, sagen wir mal, in Norwegen 100.000 Anträge gestellt würden und nur 10.000 objektiv ein Recht auf Asyl hätten, während 90.000 tatsächlich missbräuchlich gestellt worden wären — wäre dann Norwegen weniger »menschlich«, als andere Länder?

      11. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        @pervasion
        Die absolute Anzahl der bewilligten Asylanträge und auch die gesamten Asylanträge habe nicht ich ins Spiel gebracht, sondern hunter. Wie ich bereits in einem vorherigen Kommentar geschrieben habe, halte ich die Asylanträge allgemein für keine geeigneten Indikator, um die Flüchtlingsfreundlichkeit eines Staates zu beurteilen.

        Gegenbeispiel
        Norwegen: 100.000 Asylanträge, 10.000 davon bewilligt
        Land B: 8.000 Asylanträge, 7.000 davon bewilligt

        Wie soll nun Land B (nach dem Maßstab von hunter) jemals flüchtlingsfreundlicher sein als Land A, wenn Land A 10.000 seiner 100.000 Asylanträge bewilligt? Dir wird einleuchten, dass das einfach nicht geht. Deswegen sind die Anzahl der bewilligten Asylanträge kein guter Maßstab.

        Man muss die Anzahl der bewilligten Asylanträge schon im Verhältnis zu irgendetwas setzen, die gesamten gestellten Asylanträge beispielsweise. Diese Kennzahl halte ich auch nicht für geeignet, aber zumindest für geeigneter, weil es ein Indiz dafür sein kann, wie streng die Voraussetzungen für Asyl in den jeweiligen Ländern sind.

        Das selbe Spiel kann man ja auch mit den Schulden spielen. Italien hat absolut gesehen etwas weniger Schulden als Deutschland. Nur hat das absolut keine Relevanz. Wenn schon, dann muss man die Schulden im Verhältnis zum BIP oder zur Bevölkerung stellen, um etwas aussagekräftiges zu erhalten.

        @hunter
        Na ja. Die österreichische Polizei kontrolliert ja derzeit sehr stark die Grenzübergänge zu Italien und Deutschland. Ich weiß nicht, wann es das letzte Mal der Fall war, als ich auf der Zugfahrt von Südtirol oder von München in Richtung Innsbruck nicht von der österreichischen Polizei kontrolliert worden wäre. Einige werden es wohl schaffen, unentdeckt zu bleiben, aber ich bezweifle, dass dies ein großer Anteil sein wird.

      12. pérvasion avatar

        Man muss die Anzahl der bewilligten Asylanträge schon im Verhältnis zu irgendetwas setzen, die gesamten gestellten Asylanträge beispielsweise.

        Ich habe ja nicht gesagt, dass man sich auf die absoluten Zahlen beziehen soll. Das einzige, was ansatzweise sinnvoll ist, ist, die bewilligten Anträge in Verhältnis zur Bevölkerungszahl zu setzen.

        Im Übrigen kann ich dir diesen Artikel empfehlen.

      13. hunter avatar
        hunter

        @ phoenixblob

        lesen bitte. ich hab ja die absoluten zahlen in relation gesetzt. ich habe österreich als “flüchtlingsfreundlicher” bezeichnet, obwohl es in absoluten zahlen und auch prozentuell zu den anträgen weniger flüchtlinge als italien aufnimmt. im verhältnis zu den einwohnern aber viel mehr. ich verstehe deine kritik nicht.

      14. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        Wenn man die bewilligten Asylanträge mit der Bevölkerungsanzahl in Verhältnis setzt, haben wir schon das nächste Problem:
        Zum einen ein großes Land mit sehr wenigen Asylanträgen.
        Zum anderen ein kleines Land mit sehr vielen Asylanträgen.

        Wer wird nun nach deinem Maßstab immer besser dastehen? Selbstverständlich immer das kleine Land, auch wenn es strenge Asylkriterien hat und somit nur wenige Asylanträge bewilligen wird.
        Das große Land mit seinen wenigen Asylanträgen hat selbst bei einer sehr großzügigen Annahme von Asylanträgen keine Chance, an das kleine Land heranzukommen, weil alleine schon die gesamte Anzahl an Asylanträgen im großen Land geringer als die bewilligten Asylanträge im kleinen Land sind.
        Schon haben wir die Statistik prächtig verzerrt.

        Ich kann dir folgende Artikel empfehlen:
        http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/festung_schweiz_kurzer_prozess_sonderlager_fuer_renitente_asylsuchende_und_die_humanitaere_t/
        http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/asylsuchende_immer_haeufiger_schon_bei_einreise_inhaftiert/
        http://derstandard.at/1363706150552/Asyl-Volksanwaltschaft-stellt-gravierende-Missstaende-auf-Saualm-fest

        Wollen wir uns nun gegenseitig mit Links bewerfen oder hat meine obrige Aussage, dass es den Flüchtlingen in Deutschland und Österreich sicherlich besser als den Flüchtlingen in Italien geht, noch nicht gereicht?
        Wie auch schon vorher geschrieben: Die knappen finanziellen Mittel in Italien sind eine Erklärung dafür, dürfen aber keinesfalls als Entschuldigung gelten.
        Jedes Land hat Defizite beim Umgang mit Flüchtlingen, auch Italien, aber nicht nur Italien.

      15. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        @hunter
        Dann rechne ich es dir mit den konkret vorliegenden Zahlen vor:

        Die von dir verlinkte Eurostat-Statistik besagt, dass Österreich 4.085 Flüchtlinge aufgenommen hat. Bei 8,5 Mio. Einwohnern sind das 0,05% der österreichischen Bevölkerung.

        Italien hat 61 Mio. Einwohner. 0,05% der italienischen Bevölkerung entsprechen 30.500 Personen.
        Wie soll nun Italien 30.500 Flüchtlinge aufnehmen, wenn in Italien nur 24.150 Anträge gestellt wurden?

      16. pérvasion avatar

        Aber: Italien soll doch gar nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen, sondern aufhören, so zu tun, als würde man es mit überdurchschnittlich vielen Flüchtlingen »allein lassen«.

        Ich hab irgendwie den Eindruck, du willst es dir so lange wenden, bis es passt.

      17. phoenixblob avatar
        phoenixblob

        @pervasion
        Zuerst wurde mit der Anzahl an Antragstellern argumentiert. Als ich dann mit dem Zeit-Artikel gekommen bin, wurde auf die aufgenommenen Flüchtlinge hingewiesen. Da frage ich mich dann schon, wer hier alles so lange wenden will, bis es passt.

        Wenn ich schon alles so wenden will, bis es passt, würde ich konsequent mit den Zahlen von 2012 argumentieren und nicht mit jenen von 2011, weil 2012 Italien aufgrund des Bürgerkrieges in Libyen Tausenden von Flüchtlingen den humanitären Status gewährt hat.

    3. succus avatar
      succus

      Jede Region sollte frei entscheiden können, wie sie ihre Zukunft gestaltet. Das schließt für mich selbstverständlich die übrigen Regionen Italiens mit ein.

    4. niwo avatar
      niwo

      Das nenn ich ”nationalstaatliches Denken.”

      Nationalstaatliches Denken ist, wenn man immer die “100 km weiter” (im Süden) bemühen muss. Wo bleibt da der europäisch/globale Bezug? Oder kümmern sich diejenigen, die hier immer das Solidaritätsargument, das einseitig auf Italien (nationalstaatlich) besetzt wird, großartig um die Jugendarbeitslosigkeit in Portugal bzw. Spanien oder um die Flüchtlingsproblematik in Griechenland, Spanien oder anderen Ländern.

      Think global act local. Meine Probleme muss ich vor allem regional lösen, eingebettet im europäischen, globalen Kontext. Der europäisch/regionale Kontext endet aber nicht an den nationalstaatlich/italienischen Grenzen.
      Ein unabhängiges Südtirol müßte auch im entsprechenden Verhältnis seine europäisch/globale Verantwortung wahrnehmen. Aber um dies wahrnehmen zu können benötigen wir keine Anweisungen aus Rom und die Solidarität wird dann nicht mehr auf den nationalstaatlichen Horizont begrenzt.
      Im Übrigen schultern kleine Länder, wenn wir schon von Solidarität reden, wesentlich mehr Leistungen als große Länder. Die Unabhängigkeit Südtirols hat deshalb prinzipiell das Potential (entscheiden muss danach der Souverän) wesentlich mehr Entwicklungsgelder auszugeben oder sich mehr im Bereich von beispielsweise Flüchtlingen zu engagieren als heute.

  5. fabivS avatar
    fabivS

    Mah… interessante che qualcuno abbia avuto il mio stesso presentimento. Io ho 30 anni e per quanto “in sittiroul geaht ins jo sou guat und mochmor bellavita!” mi son ritrovato “tagliato” per lo scorso anno scolastico; quando mi son reso conto che nei prossimi 10 anni non avrei avuto alcuna chance di trovare un lavoro nel mio ramo e probabilmente non avrei nemmeno trovato qualcosa di decente adattandomi, come era avvenuto finora, ho cominciato a considerare di partire ed ora vi scrivo dalla Svezia.
    Mi sono iscritto ad un università  (che qui son gratuite e di ottima qualità ), ho passato l’ammissione e per i prossimi anni starò qui a studiare, cercando di mantenermi. Intanto imparo la lingua e se dovesse andarmi male nel trovare qualcosa nel mio ambito, un operaio Volvo o un autista di bus guadagnano qualcosa come 2500 euro al mese. Credo che mi adatterò.
    Per quanto riguarda il Sudtirolo, anche se un po’ già  mi manca, credo che nulla cambierà ; non sono affatto convinto che ci sarà  mai la secessione, anche se lo spero. Chi per interesse, chi per sentimento, credo che la maggioranza voglia stare con l’Italia ed anche se la situazione è sempre peggio, si guarda piuttosto dall’altra parte. l’Italia non fallirà  perchè è troppo grande. Alla fine verrà  salvata. Questo è vero. Quelli che pagheranno il conto, come sempre, saranno le categorie più deboli, come è sempre successo.

  6. succus avatar
    succus

    Future historians will probably regard Italy as the perfect showcase of a country which has managed to sink from the position of a prosperous, leading industrial nation just two decades ago to a condition of unchallanged economic dertification , total demographic missmanagement, rampant “thirdworldisation”, plummenting cultural production and a complete political-constutitional chaos.

    Diese harschen Worte stammen aus einem Artikel von Roberto Orsi, Mitarbeiter der renommierten London School of Economics. In einem weiteren Artikel geht er mit Italien hart ins Gericht und zeigt auf, dass die romantische Ansicht eines “Bella Italia” schon lange nicht mehr der Realität entspricht. Einige Kernaussagen der Artikel:

    • De facto ist der Staat schon seit dem Sommer 2011 Pleite als die Zinsen für Staatsanleihen in die Höhe schossen.
    • Die wirtschaftliche Situation ist dramatisch, die Investitionen gingen in den letzten 5 Jahren um 27.6% zurück, in der Zwischenkriegszeit betrug der Rückgang 12,8%. Das BIP ging im selben Zeitraum um 6,9% zurück.
    • Italien verlor 24% der industriellen Produktion, damit ist man auf dem Niveau der 80er-Jahre. Allein in diesem Jahr mussten 31.000 Unternehmen dicht machen.
    • Der Automobilsektor, eines der wichtigsten Standbeine der Wirtschaft, ist auf dem Niveau der früheren 70er-Jahre. Die Produktion sank von 2,5 Mio. auf 1,4 Mio. Fahrzeuge.
      Der Bausektor liegt darnieder, die Immobilienkäufe gingen auf das Niveau von 1985 zurück.
    • Die Arbeitslosigkeit steigt rasant, beträgt über 12%, eine Besserung ist nicht in Sicht.
    • Allein die Ausstände des Staates gegenüber dem privaten Sektor betragen 90-130 Mia.
    • In den nächsten Monaten werden weitere Steuerhöhungen zu einem Einbrechen der Steuereinnahmen führen, schlichtweg weil noch mehr Unternehmen dicht machen und der Konsum zurückgeht.
    • Italien hat eine der höchsten Unternehmerbesteuerungen der Welt, zusammen mit einem Mix aus schlechten Finanzmanagment, inadäquater Infrastruktur, allgegenwärtiger Korruption und ineffizienter Bürokratie, mit einem der langsamsten und schlechtesten Justizsystemen, werden auch die letzten Unternehmen aus dem Land gejagt.
    • der Zusammenbruch des Staates Italien steht bevor, die Auswirkungen auf die Eurozone sind nicht abschätzbar.

    Der Niedergang Italiens ist wirklich atemberaubend, allerdings ist das einem Großteil der Bevölkerung gar nicht bewußt und wird es wahrscheinlich erst werden, wenn es zu spät ist.

    But is must be clear that, continuing on this way, there will be nothing left of Italy as modern industrial nation in less than a generaion. But just in another decade or so entire regions of the country, such as Sardinia or Liguria, will be so much demographically compromised that thes may never recover. … Unless some sort of miracle occurs, it may take centuries to reconstruct Italy. At the moment, it seems to be a completly lost case.

    Fragen:

    • Wer sind hier die Träumer, die Unabhängigkeitsbefürworter oder die Nationalstaatanhänger?
    • Wer ist verantwortungslos, jene die sich Sorgen um die Zukunft machen oder jene, die mit dem “weiter so” und Ausbau der Autonomie argumentieren?
    • Wann kann endlich ergebnisoffen ohne Vorurteile diskutiert werden?
    • Wer spielt mit dem Feuer, vor allem auch in Hinsicht auf die nachfolgenden Generationen?
    1. pérvasion avatar

      Ich hätte noch eine Frage:

      • Hat es wirklich etwas mit »Solidarität« zu tun, mit diesem Staat abzustürzen?
    2. hunter avatar
      hunter

      am interessantesten finde ich diesen teil:

      The current leadership, both technocratic and political, has no ability, and perhaps even no intention, to save the country from ruin. On the contrary, it would be easy to argue that Monti’s policies have exacerbated the already severe recession. Letta is following exactly the same path. But everything has to be sacrificed in the name of stability. The technocrats share the same cultural backgrounds of the political parties, and in symbiosis with them have managed to rise to their current positions: it is therefore hopeless to think that they will obtain better results, since they are also unable to have any sort of long term vision for the country. They are actually the guarantors of Italy’s demise.

  7. succus avatar
    succus

    Fiat geht weg – und keinen interessiert’s.

    1. Senoner avatar
      Senoner

      Laut Maurizio Lupi ( Infrastruktur- und Verkehrsminister im Kabinett Letta, soeben auf Rai3 bei TeleCamere) sollten die Italiener sogar stolz drauf sein, dass es eine unsere Firmen (Fiat) geschafft hat global wichtig zu werden, und daher ihren Sitz nach London verlegt. Er sieht das als einen Vorteil für Italien…
      Ich kann über gewisse Logiken nur staunen.

      1. niwo avatar
        niwo

        Die Logik ist die des Schönredens. Teil des Weichspülprogramms.

      2. Steve avatar
        Steve

        Dann kann Italien ja genauso stolz darauf sein, dass sein demokratisches Verständnis so weit entwickelt ist, dass sich seine Bürger (oder zumindest einige von ihnen) zur Selbstbestimmung bekennen.

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