Wie befürchtet hat sich die Landesregierung diese Woche dafür entschlossen, aus rein politisch-ideologischen Gründen — medizinische gibt es keine — Frauen drei Tage lang im Krankenhaus festzuhalten, nachdem sie mittels Pille einen Schwangerschaftsabbruch »begangen« haben. Dieselbe für den Steuerzahler sehr kostspielige Strafmaßnahme gilt nicht für chirurgische Abtreibungen. Italien ist weltweit das einzige Land, das die Vergabe der sogenannten RU-486 mit einem Krankenhausaufenthalt verknüfpt.
Reichlich sonderbar mutet die offizielle Begründung für diesen Schritt an: Man habe sich an eine Empfehlung aus Rom gehalten. Hätte man anders entschieden, wäre das Land Südtirol dafür verantwortlich. Dass Autonomie Verantwortung bedeutet, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Schöpft man den (geringen) Handlungsspielraum nicht aus, weil man nicht den Mut dazu hat, kann man den Laden auch gleich dichtmachen.
Zahlreiche italienische Regionen mit Normalstatut (!) haben ihre Entscheidungsbefugnis ausgeschöpft und geben die Pille in »eintägiger Behandlung« ab.
Im Vorfeld des Beschlusses hatte die Landesregierung großmundig verkündet, sie würde sich strikt an medizinische Erwägungen halten. Sie wollte sich diesbezüglich auch in Innsbruck erkundigen, wo die Pille seit elf Jahren ohne Zwangsaufenthalt verabreicht wird. Offensichtlich erfolglos.
Siehe auch 1›
10 replies on “Drei Tage Haft.”
Tja, auf diese Weise wendet man das Gesetz an und verärgert dabei nicht allzu sehr eine gewisse Wählerschaft.
Hab’s gerade eben gelesen:
http://www.stol.it/Artikel/Chronik/Lokal/Immer-weniger-Suedtirolerinnen-treiben-ab
Ich glaube die Massnahme hat durchaus Sinn. Im Vergleich zu “herkömmlichen” Abtreibung wird bei der Pille der Fötus bzw. das befruchtete Ei erst nach 2-3 Tagen ausgestoßen. Wenn eine Frau in dieser Situation allein ist, kann das sehr traumatische Auswirkungen haben. Im Vergleich zum Eingriff wird die Frau direkt konfrontiert und je nach Alter des Fötus muss das nicht unbedingt wie eine Regelblutung erscheinen. Ich weiss von Fällen, wo dies für die Frau sehr, sehr belastend war. Die Pille ist demnach meiner Meinung nach nicht die erste Wahl, wird aber in den Medien völlig anders dargestellt. Bitte bedenkt dies, dann hat die Maßnahme, die Frauen 2-3 Tage unter Aufsicht zu stellen, durchaus Sinn. Eine psycholgische Betreuung findet heute bei der Anwendung der Pille in vielen Fällen nicht statt, wäre aber angeraten.
ff – Pressearchiv Soziales in Südtirol
http://www.svss-uspda.ch
OT: Warum sehe ich seit gestern Rot hier?
An deiner roten Brille liegt es diesmal nicht ;)
Laut WordPress-Hilfe liegt das an meinem Provider. Ich habe den technischen Support eingeschaltet.
Nachtrag: Problem behoben.
unser beitrag zur diskussion, bzw zur medialen “handhabung” des themas –> http://aerosol.cc/blog/voll-im-bilde
im Krankenhaus kann niemand (außer durch Richterspruch) festgehalten werden. Es genügt eine Unterschrift mit der Erklärung, auf eigene Verantwortung nach hause zu gehen.
Von Gefangenschaft oder Zwangsaufenthalt kann sicher nicht gesprochen werden.
Schon recht. Wie wollen wir es dann nennen? Schutz der Frau ganz bestimmt nicht. Erpressung vielleicht?
Wie aus dem ff-Bericht hervorgeht, ist ja laut Dr. Wolf eine Begleitung nach dem Schwangerschaftsabbruch durchaus wichtig — wohingegen die stationäre Aufnahme überflüssig ist.
Unterschreibt eine Frau hierzulande ihre vorzeitige Entlassung, enthebt sie aber — wie du richtig schreibst — die Ärzte jeglicher Verantwortung. Und das in einer für sie sehr sensiblen Situation.
Da erzähle mir keiner, der Gesetzgeber habe das Wohl der Frau im Auge.
“Da erzähle mir keiner, der Gesetzgeber habe das Wohl der Frau im Auge.”
Dem stimme ich zu.
“enthebt sie aber die Ärzte jeglicher Verantwortung”
Dies dürfte eher umgekehrt zu interpretieren sein: der Arzt sichert sich ab, um nicht dann vor dem Richter zu landen.