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Die Dialekt-Intoleranz.

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In den kürzlich vom Landesstatistikinstitut (Astat) veröffentlichten Daten über Sprachkenntnisse und Sprachgebrauch (Astat-Info 34/2024) befinden sich auch Angaben zu den in Südtirol gesprochenen Dialekten.

Wenn es um die Einstellung zu den Dialekten der anderen Sprachgruppen geht, sticht dabei die relativ negative Haltung der Italienischsprachigen hervor:

Gut ein Drittel (36 Prozent) derer, die Italienisch als ihre Muttersprache bezeichnen, stört es, wenn Personen anderer Muttersprache in ihrer Anwesenheit — also noch nicht einmal unbedingt mit ihnen — Dialekt sprechen. Das sind deutlich mehr als unter den Deutschsprachigen, von denen »nur« ein Viertel (25 Prozent) Probleme mit dem Dialekt der anderen haben.

Die Haltung der Italienischsprachigen ist zudem im Vergleich zu vor zehn Jahren, als die Einstellung zum Dialekt im Rahmen des Sprachbarometers erhoben wurde, unverändert geblieben. Im gleichen Zeitraum hat unter den Deutschsprachigen die ablehnende Haltung gegenüber dem Dialekt der anderen von 29 auf 25 Prozent abgenommen.

Der Befund ist aus zwei Gründen erstaunlich:

  • Erstens, weil es sich bei den deutschen und ladinischen um autochthone Dialekte handelt, während es keine autochthonen italienischen Dialekte gibt. Man könnte also vermuten, dass die Deutschsprachigen italienische Dialekte eher ablehnen würden, weil sie sie nicht so gewohnt sind bzw. weil es keinen einheitlichen Dialekt gibt, in dem die italienischen Mitbürgerinnen sprechen und den sich die Deutschsprachigen (auch nur passiv) aneignen könnten.
  • Zweitens, weil die ganz große Mehrheit der Deutschsprachigen im Alltag überwiegend Dialekt spricht — und zwar je nach Situation zwischen 75 Prozent (mit Arbeitskolleginnen) und 96 Prozent (mit den Geschwistern), während nur zwischen 2 Prozent (in verschiedenen familiären Situationen) und 5 Prozent (mit Arbeitskolleginnen) der Befragten angeben, vorwiegend in der deutschen Standardsprache zu kommunizieren.

Wenn über ein Drittel der Italienischsprachigen den Dialekt der anderen ablehnt, betrifft das die in Südtirol weit überwiegend gesprochene Sprachvarietät. Für das Zusammenleben ist diese Form der Intoleranz, die zudem über die Jahre gleich geblieben ist, keine gute Nachricht.

Siehe auch: 01 | 02 03 04 05 06 07 08 || 01 02



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Comentârs

8 responses to “Die Dialekt-Intoleranz.”

  1. Veronica Miron avatar
    Veronica Miron

    Diese Intoleranz ist sehr einfach zu erklären. Noch vor einigen Jahren hab ich ein ähnliches Problem gehabt. Ich war zwar nicht intolerant, habe aber mich immer ausgeschlossen gefühlt, weil ich, trotz guten Deutschkenntnisse, vom Sudtirolerischen sehr wenig bis gar nichts verstehen könnte. Ein unfeines Gefühl.

    Mittlerweile hab ich mich sehr viel Mühe gegeben und dieses Problem zum größten Teil gelöst.

    Ich denke aber man sollte unbedingt den Dialekt mehr fördern. Zum Beispiel kurze Sätze auf Werbetafeln auf Bushaltestellen oder ähnliche Aktionen, damit die Italienischsprachigen Südtiroler täglich und spontan in Kontakt kommen können.
    Um die Akzeptanz zu erhöhen muss etwas getan werden. So get es nicht und es wird nicht besser.

    Ein anderes Beispiel : Radio und Fernsehsendungen in italienischer Sprache aber mit Witze auf Dialekt mit anschließender Erklärung usw.

    1. Hartmuth Staffler avatar
      Hartmuth Staffler

      Hier bin ich anderer Meinung. Während der Dialekt sich in den meisten deutschsprachigen Ländern am Rückzug befindet, ist er in Südtirol auf einem unaufhaltsamen Vormarsch. Früher hat es in den Südtiroler Städten eine bürgerliche Oberschicht gegeben, die niemals Dialekt gesprochen hätte, sondern nur Standrdeutsch mit sympathischem Tiroler Akzent. Mein Großvater, der letzte Bezirksrichter von Lana, hat zwar die meisten in Südtirol und auch die in Welschtirol vorkommenden Dialekte beherrscht, aber in der Familie oder mit Kollegen hätte er niemals Dialekt gesprochen. Immerhin hatte auch meine Großmutter eine gediegene schulische Bildung, teilweise in München, erhalten. Diese altösterreichische Welt ist dank der Brutalität des Faschismus untergegangen. Die deutsche Schule wurde verboten und, was vielleicht noch dramatischer war, es ist uns eine ganze Generation an Lehrkräften verlorengegangen, die in ihrer Ausbildung Deutsch gelernt hätte. Wenn man heute im Radio Interviews mit Lehrpersonen hört, die die deutsche Sprache nur äußerst mangelhaft beherrschen, dann stehen einem die Haare zu Berge. Man hat unsere Kultur vernichtet, und das sehr erfolgreich.

  2. Veronica Miron avatar
    Veronica Miron

    @Hartmuth Staffler
    Ich sage nicht dass alle Italiener den Dialekt sprechen sollten. Aber selbst wenn sie es nur verstehen würden, würde es ihnen helfen, sich akzeptiert zu fühlen.

    In Südtirol haben wir das südtiroler Deutsch. Das kann eine Art standard Deutsch mit Akzent sein. Oder auch Varianten mit unterschiedlichen Anteilen an Dialekt. Von 5% bis 95% circa. Jeder in Südtirol spricht die Variante, die ihm am besten passt. Es kommt auch darauf an, mit wem man spricht. Ich kenne viele die, zum Beispiel, mit A und B 5% Dialekt sprechen, während mit C und D – 95%.

    Eine Situation die am häufigsten vorkommt : ein Italienischsprachiger ist mit 2 Freunden deutscher Muttersprache und sie unterhalten sich auf Deutsch mit sehr wenig Dialekt. Dann kommt eine weitere Person und schließt sich mit einer zu 90% dialektale Sprache an. Die 2 Freunde wechseln zum Dialekt ohne das zu merken. Der Italiener bleibt wie ein Idiot total ausgeschlossen und kann an der Diskussion nicht weiter teil nehmen.
    Verärgert, geht er schlafen und am nächsten Tag macht er die Astat Umfrage.

    Was antwortet er auf die Frage über den Dialekt? :-)

    1. Hartmuth Staffler avatar
      Hartmuth Staffler

      Sie bestätigen meine Überlegungen. Früher wurde in Südtirol außer den Dialekten der verschiedenen Talschaften auch eine Umgangssprache gesprochen, die dem Standarddeutsch sehr nahe war und sich nur durch den typischen Akzent unterschied. Dieses Deutsch war für alle verständlich und hat niemanden ausgegrenzt. Die faschistische Barbarei hat die Südtiroler in einer sprachliche Isolation getrieben, in die sie sich immer mehr verrennen.

    2. Martin Piger avatar
      Martin Piger

      Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich bei meinen mündlichen Anreden in Hochdeutsch bei Agentur der Einnahmen, Gericht, Polizei, Carabinieri, in den meisten Geschäften in Bozen, selbst bei Loacker, Stadthotel oder Hotel Laurin Bar die Intoleranz des Dialektes Grund dafür ist, dass ich meist die Antwort nur in italienisch bekomme. Das geschieht mit so einer Selbstverständlichkeit, dass ich hier Unsicherheit in den meisten Fällen ausschliessen würde. Eher wirkliche Unkenntnis der deutschen Sprache oder Unwillen, sie zu benutzen. Dass es vielen deutschsprachigen Unternehmern wurscht ist, ob ihr Personal auch die deutsche Sprache beherrscht, verschlimmert diese Situation natürlich. Ich glaube viele Italiener verstehen auch nicht ganz den Sinn der Zweisprachigkeit. Viele fühlen sich damit, dass sie uns in “ihrem Land” dulden schon ausreichend verausgabt. Vielleicht würde es sich auszahlen, zu erforschen, was man an italienischen Schulen so an Südtiroler Geschichte gelernt hat und immer noch lernt. Dabei sind nicht nur die Fakten wichtig, sonfern auch deren Einordnung. Ob man eine Volksgruppr respektiert oder nicht, hat oft auch mit dem Wissensstand darüber und zur eigenen Rolle dabei zu tun.

      1. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Als mein großer Sohn in der (italienischen) Mittelschule war, hat er den Film “Verkaufte Heimat” als Unterrichtsmaterial gehabt hat.

        Leider gibt es die Version mit italienischen Untertiteln heuer nicht mehr!
        Habe vor kurzem den Film meinen italienischen Freunden empfohlen, die seit wenigen Monaten in Südtirol leben. Sie haben aber nur die erste paar Minuten angeschaut weil sie nichts verstehen könnten.

        Wirklich schade!!!

        Als ich den noch untertitelten Film einigen Kollegen aus Umbrien und E.Romagna gezeigt habe, waren alle schockiert.

        Schade, sehr schade dass es die italienischen Untertitel nicht mehr gibt!

      2. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Zitat @Martin Piger :

        Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich bei meinen mündlichen Anreden in Hochdeutsch bei Agentur der Einnahmen, Gericht, Polizei, Carabinieri, in den meisten Geschäften in Bozen, selbst bei Loacker, Stadthotel oder Hotel Laurin Bar die Intoleranz des Dialektes Grund dafür ist, dass ich meist die Antwort nur in italienisch bekomme.

        Da würde ich zwischen öffentlichen/wesentlichen Dienste und privatem Sektor unterscheiden.
        In öffentlichen Diensten muss (ohne wenn und aber) die Zweisprachigkeit garantiert werden.

        Während in Geschäften würde ich die in Brüssel geltende Regel annehmen:

        Le commerçant charmant parle la langue de son client.

  3. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Das mit der in Brüssel geltenden Regel wird für Brüssel so schon gelten, aber im Bewusstsein was Tolomei und Mussolini in Südtirol aufgeführt haben, riecht ein “uncharmantes Händlerverhalten” schon doch fast wie eine zumindest halbbewussste Fortführung jener Italianisierungspolitik; jedenfalls sollten jene Personen zumindest den Anstand haben nicht von friedlichem Zusammenleben und dergleichen zu reden. Was würde passieren, wenn in Bozen ein Geschäft oder ein Restaurant ihre Kunden oder Gäste nur in Deutsch bedienen würden? Ich würde also sagen: im öffentlichen Dienst gebietet es das Gesetz und im privaten Sektor würde es der Anstand gebieten. Beides scheint aber vor allem in Bozen sehr häufig nicht von Bedeutung zu sein.

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