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Nix ›Tschüss Genderstern!‹.
Zürich

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ai

Die Stadt Zürich hat seit 30 Jahren Regeln für die sprachliche Gleichstellung, im Juni 2022 wurden die entsprechenden Richtlinien dahingehend angepasst, dass Stadtbehörden Frauen, Männer und nicht binäre Personen gleichermaßen berücksichtigen müssen. Konkret heißt das, dass Beamtinnen verpflichtet sind, den sogenannten Genderstern zu verwenden.

Den Rechten und insbesondere der Schweizerischen Volkspartei (SVP), passt das naturgemäß ganz und gar nicht, weshalb sie dagegen die Volksinitiative »Tschüss Genderstern!« ergriffen hat. Die Stadt sollte von der Stimmbevölkerung dazu angehalten werden, auf den Genderstern und andere Sonderzeichen innerhalb von Wörtern zu verzichten. Gendern ohne Sonderzeichen wollte aber auch die SVP nicht untersagen.

Die vorgeschobenen Gründe gegen den Genderstern oder den Doppelpunkt kennt man: Sie machten behördliche Texte unverständlich, führten zu grammatisch falschen Formen (Ärzt*in, Bäuer:in etc.) und sogar zu Rechtsunsicherheit. Außerdem solle Sprache nicht als politisches Instrument sowie zur Spaltung »missbraucht« werden.

Als wäre Nichtgendern unpolitisch.

Stadtrat und Gemeinderat empfahlen eine klare Ablehnung der Initiative und verzichteten darauf, Gegenvorschläge zu unterbreiten.

So kam es, dass die Zürcher Stimmbevölkerung den Rechtspopulist*innen und ihrem Ansinnen gestern eine klare Abfuhr erteilten: 57,3 Prozent der Abstimmenden wollten nichts davon wissen, sich vom Genderstern zu vertschüssen. Dabei heißt es regelmäßig, nur ein kleiner Teil der Bevölkerung befürworte eine geschlechtergerechte Sprache, allen anderen werde sie aufgezwungen.

Die, die gerne vorgeben, »das Volk« zu sein, müssen nun aber einsehen, dass sie selbst nur eine Minderheit sind — wenigstens in der größten Stadt der Schweiz. Und gesagt hat ihnen das nicht irgendeine links-grüne Elite, sondern: »das Volk«.

Der Genderstern bleibt.

Cëla enghe: 01 02 03 04 | 05



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Comentârs

4 responses to “Nix ›Tschüss Genderstern!‹.
Zürich

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Es wäre interessant, die Wahlbeteiligung zu erfahren. In der Schweiz ist “das Volk” der Souverän, auch wenn sich nur fünf Prozent der Bevölkerung an der Abstimmung beteiligen.

    1. Simon avatar

      Ja, wäre natürlich interessant (und lässt sich unschwer herausfinden).

      Andererseits gibt es in der Schweiz bewusst keine Beteiligungsquora, damit über solche Vorlagen nur diejenigen befinden, die das Thema auch interessiert. Denen, die nicht hingehen oder die sich bei einer bestimmten Fragestellung enthalten, ist es einfach egal oder nicht so wichtig. Sie delegieren die Entscheidung anderen.

      In diesem speziellen Fall hatten ja die Gegnerinnen des Gendersterns die Initiative ergriffen, weil sie der Meinung waren, dass womöglich eine Mehrheit nicht mit der aktuellen Praxis einverstanden sei. Das hat sich als Trugschluss erwiesen. Es ist ihnen nicht gelungen, genügend Menschen an die Urne zu bringen.

  2. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Ja, das scheint Ähnlichkeiten zu Südtirol zu haben . Südtirols Autonomie wird zwar wahrscheinlich durch deren Wiederherstellung in Wirklichkeit abgeschafft aber so wirklich aufzuregen scheint das recht wenige, obwohl es dann viele betreffen wird. (Vielleicht sehe ich zu schwarz?) Auch der Brexit wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn mehr von denen abgestimmt hätten, die es dann auch betroffen hat.

  3. Cicero avatar
    Cicero

    Dabei wird aber übersehen, dass der Rat der deutschen Rechtschreibung, Sonderzeichen weiterhin nicht als Teil der offiziellen Orthographie ansieht. Es sind zwar immer Empfehlungen die aber in der Regel von staatlichen Stellen umgesetzt werden müssen. Wobei es in Fall der Sonderzeichen besonders krass ist, da es eine gänzlich uneinheitliche Schreibweise dafür gibt und nahezu täglich auftretenden Neuerfindungen Tür und Tor geöffnet wird. Dass die Einheitlichkeit und Lesbarkeit der Sprache und letztendlich auch das Erlernen derselben darunter leiden, braucht nicht erst erwähnt zu werden und da steht einiges auf dem Spiel um leichtfertig laienhaft daran herumzuwerkeln.
    Wobei grundsätzlich anzumerken wäre, dass die sog. “geschlechtergerechte Sprache” eine Erfindung ist, die gesellschaftspolitisch motiviert scheint, aber keine reale Grundlage aufweist.
    Dass das “Geschlecht” von Wörtern und Begriffen der deutschen Sprache nur ein generisches ist und mit dem biologischen Geschlecht von Personen nichts zu tun hat braucht nicht erst erwähnt zu werden. Generische Maskulina zwanghaft realen biologischen männlichen Personen zuzuschreiben ist lächerlich und einfach irgendwann behauptet worden (wahrscheinlich einem aggressiven Feminismus zuzuschreiben).
    Dass dabei im Gegensatz zur natürlichen Entwicklung die Sprache künstlich verkompliziert (eine natürliche Entwicklung vereinfacht eher) und verunstaltet wird (holprig, Sprachfluss gehemmt) wird in Kauf genommen um ein Ziel zu erreichen das nicht erreicht werden kann.
    Denn wenn es wirklich um die Gleichstellung von Frauen bzw. ihre Sichtbarkeit geht, möge man sich realen Lebensumständen und Problemen denen Frauen ausgesetzt sind widmen, denn diese über die Sprache zu lösen ist ein Alibi, geht am Ziel vorbei und ist sogar kontraproduktiv, weil die Sichtbarkeit von Frauen durch den vermehrten Gebrauch von Neutra, die noch dazu rechtschreiblich völlig falsch sind (das Partizip Präsens beschreibt Handlungen im beschriebenen Moment), auch leidet.
    Doppelnennungen (vereinzelt) sind noch am ehesten mit dem Regelwerk der deutschen Sprache vereinbar und daher ist es völlig unverständlich warum man unbedingt auf sprachverhunzenden Sonderzeichen bestehen muss.

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