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Cannæ statt Bologna.

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Vergangenen Sonntag, den 2. August war der 45. Jahrestag des Anschlags von Bologna, dem größten faschistischen Massaker der Nachkriegszeit.

Was macht der Kulturminister einer neofaschistischen Regierung an einem solchen Tag? Er begibt sich nach Apulien. Dort, in Cannæ, gedenkt er der Punischen Kriege, genauer gesagt einer legendären Schlacht, die wahrscheinlich am 2. August 216 v. Chr. stattgefunden hat. Dabei wurden die Römer von den Karthagern unter Hannibal vernichtend geschlagen.

Welchen Sinn das hat, ordnet der Trentiner Historiker Francesco Filippi gegenüber il Dolomiti ein: Einerseits verpasst Minister Alessandro Giuli damit selbstverständlich den Opfern von Bologna eine schallende Ohrfeige. Nicht nur flüchtet er aber vor dem Gedenken an ein neofaschistisches Verbrechen — er begibt sich sogar ausdrücklich an einen Ort faschistischer Geschichtsklitterung. In Cannæ nämlich soll er Blumen ausgerechnet vor einer Säule niedergelegt haben, die vom faschistischen Regime errichtet worden war. Wie wir auch in Südtirol erfahren durften, waren Mussolini und seine Leute von der Idee geradezu besessen, eine historische Kontinuität zwischen den alten Römern und den Italienern — bzw. den Faschisten — herzustellen, die es so jedoch nicht gibt.

Doch der italienische Kulturminister, der sogar massive Investitionen in diese Kulturfälschung ankündigte, übersieht laut Filippi, dass die alten Römer nicht nur keine Proto-Italiener, sondern vielmehr eine vielfältige Ansammlung von Völkern und Kulturen waren. Er warnt zudem davor, dass die Rechten versucht sein könnten, die Karthager als Urheber eines gescheiterten Bevölkerungsaustauschs darzustellen — Hand in Hand mit Bildungsminister Giuseppe Valditara, dessen Unterrichtsleitlinien in diese Richtung zeigten.

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Comentârs

One response to “Cannæ statt Bologna.”

  1. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Die Sache mit der Identifikation mit antiken Völkern ist ein schwieriges Thema und fängt nicht erst mit den Faschisten an. Die Italiener (Römer), die Deutschen (Germanen), die Franzosen (Gallier), und sicher noch andere haben schon im 19. Jahrhundert sich als “Erben antiker Völker ausgemacht” und eine dahin zurückreichende kulturelle Ahnenlinie auszumachen versucht. Bedenklich ist nur, wenn dieses heute noch, mit faschistischer Ideologie aufgeladen, ungebrochen wiederbelebt wird. Immer schon habe ich bei Begegnungen mit Italienern oder bei Artikeln in der italienischen Presse dieses Narrativ angefunden. Auch bei linke Italiener empfanden sich viele Italiener als legitime Erben römischer Kultur (“…allora dominavamo il mondo…”), uns Südtirolern, aber auch allen anderen “Nordländern”, als angeblichen Nachfahren der Barbaren gegenüber kulturell überlegen.
    Bei genauer Lektüre des Textes von Herrn Filippi sieht man sogar, dass auch er, obwohl er die historische Kontinuität bestreitet, nicht ganz von dieser Kontinuität loskommt.

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