Binnen 18 Monaten wird die lombardische Regionalregierung aufgrund eines vom Regionalrat gefassten Beschlusses eine Volksabstimmung einberufen, in der die Bevölkerung sich dazu äußern soll, ob die Lombardei einen Autonomiestatus anstreben soll. Der lombardische PD stimmte der Volksabstimmung nicht zu und organisiert stattdessen am 1. März eine parteiinterne Befragung mit dem gegenteiligen Inhalt. Nicht die Lombardei soll einen Sonderstatus erhalten, stattdessen sollen sich die Parteimitglieder zum Vorschlag äußern, die bisherigen Autonomien (ausdrücklich wird auch jene Südtirols genannt) abzuschaffen und stattdessen allen Regionen ein gleiches Maß an Autonomie zuteil werden zu lassen.
Wieder einmal zeigt sich in eklatanter Weise, wie wenig selbst Vertreter politischer Parteien und — in diesem Fall — des angeblich autonomiefreundlichen Koalitionspartners der SVP über unser Land und das in Verfassungsrang stehende Autonomiestatut wissen, das auf einem internationalen Vertrag beruht.
Ein Rückblick:
- Vor etlichen Monaten hatte die PD-Parlamentarierin Liliana Ventricelli vorgeschlagen, die Sonderautonomien abzuschaffen. Dies war als unglücklicher Vorstoß einer Hinterbänklerin abgetan worden.
- Allerdings stand bereits in der ersten Auflage von Matteo Renzis Buch (»Stil Novo«), dass die Autonomien keinen Sinn mehr hätten.
- Niemand geringeres als Maria Elena Boschi (PD), Ministerin für Verfassungsreformen der Regierung Renzi, die auch von der SVP gestützt wird, forderte im Herbst 2014 ebenfalls die Abschaffung der Regionen mit Sonderstatut.
- Unmittelbar schloss sich ihr auch Sergio Chiamparino (PD) an, der nicht nur Präsident der Region Piemont ist, sondern auch Vorsitzender der Regionenkonferenz.
Der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger (5SB) forderte damals die SVP auf, die Äußerungen von Boschi und Chiamparino zum Anlass zu nehmen, die Koalition mit dem PD zu beenden.
Nun also wird der PD in der wirtschafts- und einwohnerstärksten Region des Staates seine Mitglieder darüber abstimmen lassen, ob die Autonomien abzuschaffen seien. Für eine nach unbeirrbarer Auffassung der SVP minderheiten- und autonomiefreundlichen Partei ist das — zumindest sonderbar. Der Dauerbeschuss ist keine Grundlage für die Weiterentwicklung unserer Autonomie.
7 replies on “Lombardischer PD gegen Autonomie.”
Zum ersten Abstimmungspunkt: bei sehr optimistischer Betrachtung könnte man ja davon ausgehen, dass mir “Neuer Autonomie” für alle Regionen die Schaffung eines Bundesstaates mit weitgehenden Freiheiten für die einzelnen Regionen gemeint ist, sodass Sonderautonomien ohnehin obsolet würden. Die bisherige Erfahrung lässt jedoch böses ahnen…
Btw.: Die gleiche Autonomie für alle 20 (!) Regionen zu fordern, um dann im nächsten Punkt die Anzahl der Regionen reduzieren zu wollen, ist auch etwas – zumindest sonderbar.
und
Den Satz “Eine Debatte könnte mehr schaden als nutzen”, hätte sich der LH wohl besser für den Koalititionspartner aufgespart.
… der PD zeigt einmal mehr wie hinterhältig sich “die Freunde der Autonomie” geben und was die (überschaubare) Föderalisierung Italiens anbelangt, haben wir es mit einem wahren Tollhaus zu tun!
Bleibt die Hoffnung, dass Herr Köllensperger in den tonangebenden, staatsgestützten Medienhäusern des Landes, mit seiner Aufforderung widergegeben wird ! ?
Dazu ein zynischer Kommentar aus Sondrio auf Facebook:
Dass der PD mit dieser Aktion der Lega in die Hände spielt, liegt auf der Hand. Dass M5S und Lega damit zusammenrücken, schon bemerkenswerter:
http://it.ibtimes.com/articles/75948/20150218/lega-nord-m5s-roberto-maroni-referendum-autonomia-lombardia.htm
Gut zusammengefasst auf:
http://www.lanostraautonomia.eu/2015/02/il-paradosso-politico-per-avere-piu-autonomia-la-si-vuol-togliere-ai-vicini/
Wie sagt die SVP immer? Wir haben viele Freunde….
Wer solche “Freunde” hat braucht keine Feinde mehr!
Die Vorgehensweise des lombardischen PD erinnert stark an den café para todos (Kaffee für alle), als man in Spanien nach dem Frankismus alle Regionen mit Autonomie ausstattete — mit dem Ziel, die Besonderheit der Regionen mit eigener Regionalsprache zu leugnen. Der PD geht (in seinen Absichten) sogar noch weiter, indem er nicht nur andere Regionen mit Sonderstatuten ausstatten, sondern auch die derzeitigen Autonomien abschaffen möchte.
Das mit dem “Kaffee für alle” ist eine realistische Einschätzung. Damit wollen praktisch sämtliche politische Lager in Italien, besonders seit dem Goldman-Atlantik-Trilateral-Monti, die Südtirol-Auronomie verwässern. Kompatscher und die SVP spielen dieses Spiel fleißig und ohne Widerstand mit. Gemeint ist das Nennen der Südtirol-Autonomie (seit zwei Jahren ca.) nur im Tandem mit dem Trentino, dann die Makroregion Alpen statt der Europaregion Tirol (dieser Name wird auch nicht mehr verwendet) und zu guter letzt die Gleichstellung Südtirols mit den anderen Autonomien Italiens. Dies alles führt zu einer gezielten Abwertung der Südtirol-Sache, bis kaum mehr etwas nennenswertes übrigbleibt.