Nicht immer hat das Volk recht. Nicht immer ist es klug, wenn gewählte Volksvertreter wichtige Entscheidungen an das Volk delegieren, zumal bei Angelegenheiten, welche komplex sind und somit Gefahr laufen, von Populisten vereinfacht zu werden. Größere Infrastrukturprojekte erhalten nie die Zustimmung der Bevölkerung — in Südtirol nicht und sonstwo nicht.
Franz Staffler, SWZ Nr. 24/16, Präsident der SWZ-Herausgebergesellschaft
- In der Demokratie geht es nicht ums Rechthaben — sondern ums Wollen oder Nichtwollen.
- Sind der Gotthardbasistunnel, der Lötschbergtunnel, die zweite Gotthardröhre keine »größeren Infrastrukturprojekte«?
Siehe auch 1›
9 replies on “Demokratie?
Quotation”
Die Schweiz beweist das Gegenteil. Der Gotthardbasistunnel hat ca. 8 Mia. Franken gekostet, wurde von der Beölkerung per Abstimmung abgesegnet. Aber nicht nur Bahnprojekte bekommen eine Zustimmung, die zweite Straßenröhre durch den Gotthard (2 Mia. Kosten) wurde jüngst von der Bevölkerung gutgeheißen.
Diese Herren haben immer in Problem, wenn Abstimmungen nicht zu ihren Gunsten ausgehen. Ich bin mir sicher, dass in Südtirol viele Verkehrsprojekte (Straßenbahn Überetsch, Riggertalschleife) eine Zustimmung bekommen würden.
Der Vergleich mit Abstimmungsergebnissen in der Schweiz hinkt. Dort ist die Volksabstimmung die gängige und generelle Form der Entscheidungsfindung. Da werden eben große und kleine Projekte genauso abgelehnt wie angenommen, weil es eben DIE Form der Entscheidungsfindung ist.
Bei uns und anderwo wo Volksbefragungen nur ausnahmsweise durchgeführt werden, ist der Beweis noch zu führen dass Großprojekte per Volksabstimmung durchgebracht werden können. Repräsentative und Direkte Demokratie sind nicht zu vereinbaren, das beginnt schon bei den Kosten und endet bei den immer gleichen, verbissen geführten Konfrontationen, ja nahezu Glaubenskämpfen zwischen Befürwortern und Gegnern, die nur noch nerven. Am besten ausklinken.
Demokratien sind in ihrer jeweiligen Ausgestaltung zum einen Ausdruck sich verändernder Gesellschaften, zum anderen Motor dieser Veränderungen.
Plurale Gesellschaften bedürfen pluraler, sich ergänzender und nicht gegenseitig ausschließender Gestaltungs- und Entscheidungsstrukturen (um nicht Herrschaftsformen zu sagen). In diesem Sinne bilden repräsentative, direktdemokratische und deliberative/partizipative Demokratiebausteine – durchaus mit unterschiedlicher Gewichtung in unterschiedlichen Gesellschaften und ohne die damit einhergehenden Reibungen zu negieren – ein Gefüge, das dieser Notwendigkeit gerecht wird. Das trifft auch auf Südtirol zu.
Ich werfe mal Stuttgart 21 in die Waagschale. Nicht gerade der Prototyp eines unumstrittenen Projekts.
Ja, das Volk ist halt zu blöd für diese Übermenschen. Die beste Regierungsform für ihn ist wohl die Diktatur.
Warum hat die SWZ nicht einen erfolgreicheren Unternehmer als Herrn Staffler befragt? Derer gibt es viele.
Ich glaube nicht, dass er befragt wurde. Als Herausgeber der SWZ hat er einfach den Leitartikel verfasst.
unternehmer wissen, dass personalentscheidungen nicht selten viel heikler sind, als sachentscheide. daher mutet es bizarr an, wenn es heißt, diese sachfragen seien “zu komplex” für das volk. in einer gewöhnlichen wahl, trifft das volk personalentscheidungen, was mitunter noch viel komplexer ist.