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Die ICEC-Petition.

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Angeblich mangels Zuständigkeit hatte die Europäische Kommission im Jänner eine Bürgerinitiative (EBI) zurückgewiesen, die die automatische Anerkennung von Loslösungsprozessen innerhalb der Union (»interne Erweiterung«) zum Ziel hatte. Die von der »European Partnership for Independence« (EPI) ins Leben gerufene »International Commission of European Citizens« (ICEC) machte es sich daraufhin zur Aufgabe, rund eine Million Unterschriften europäischer Bürger für dieses Ansinnen zu sammeln.

Herbert Dorfmann (MEP, EVP/SVP) bezeichnete diese Unterschriftensammlung vor wenigen Tagen als Augenauswischerei — womit er nicht ganz unrecht hat, jedenfalls, wenn man berücksichtigt, wie diese informelle Petition etwa von der Tagesschau im Rai Sender Bozen dargestellt wurde. Um die Bürger nicht hinters Licht zu führen, muss die Initiative unmissverständlich erklären, dass es sich um eine selbstverwaltete Unterschriftensammlung handelt, die keine automatische Wirkung entfacht, sondern als politische Willensbekundung zu werten ist.

Andererseits stellt sich natürlich auch die Frage, aus welchem Grund Dorfmann seine Kritik nicht konstruktiv als Empfehlung an die ICEC anbringt und diese anschließend unterstützt. Schließlich handelt es sich nicht um eine parteipolitische, sondern um eine zivilgesellschaftliche Initiative. Die Volkspartei hat stets behauptet, man sei nicht grundsätzlich gegen die Selbstbestimmung (die nach wie vor in den Parteistatuten steht), sondern nur zum jetzigen Zeitpunkt und unter den gegebenen (rechtlichen) Voraussetzungen. Eine friedliche und demokratische Änderung dieser Voraussetzungen — im Rahmen der EU und im Sinne des Bürgerwillens — müsste also auch im Interesse der Volkspartei sein.

Eine Kritik an die Adresse der ICEC muss übrigens auch von dieser Stelle geübt werden: Internetpetitionen haben einen geringeren Wert, als »reale« Unterschriftensammlungen und müssen schon aus diesem Grunde ganz besonders seriös durchgeführt werden. In der katalanischen und in der spanischen Sprachversion der Petition werden folgerichtig auch die Ausweis- oder Reisepassnummer des Unterzeichners abgefragt, um den Missbrauch einzuschränken. Es ist jedoch völlig unverständlich, aus welchem Grund das entsprechende Feld in allen anderen Sprachversionen fehlt. Nichtsdestoweniger ruft nach dem Motto »nützt’s nichts, schadet’s auch nichts« zum Mitmachen auf.

Hier geht’s zur Petition.


Mitbestimmung/ Politik/ Recht/ · · · · · EU/ SVP/ ·

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15 responses to “Die ICEC-Petition.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Herbert Dorfmann hat die Unterschriftensammlung nicht als “Augenauswischerei”, sondern als “Mogelpackung” bezeichnet. Er hat die Unterschriftensammlung zudem nur der Süd-Tiroler Freiheit bzw. nur der Abg. Eva Klotz persönlich zugeordnet und ihr mit dieser Wortwahl Betrug unterstellt. Die Betreiber der Unterschriftensammlung haben niemals behauptet, dass diese Unterschriften “automatisch” Wirkung entfalten. Es dürfte aber auch dem Herrn Dorfmann klar sein, dass eine Million Unterschriften, die an das Europäische Parlament gerichtet sind, nicht einfach archiviert werden können, sondern zumindest behandelt werden müssen. Herr Dorfmann kann, so wie es die SVP unter Missachtung ihres eigenen Parteistatutes tut, die Selbstbestimmung für Südtirol bekämpfen, aber mit welcher Berechtigung will er das Selbstbestimmungsrecht anderen Völkern Europas verwehren?

  2. KlausK avatar
    KlausK

    Warum wird in diesem Blog das Selbstbestimmungsreferendum der SF im Herbst nicht thematisiert? Oder habe ich irgendwo etwas übersehen?

    1. Rosanna avatar
      Rosanna

      Das frage ich mich auch. Ich denke, man kann zur STF stehen wie man will, es geht hier nicht darum, die STF zu wählen oder gut zu heißen, sondern es geht um eine Probeabstimmung, die zeigen könnte, ob in Südtirol überhaupt eine Mehrheit für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erreicht werden könnte. Wer diese Abstimmung ablehnt bzw. boykottiert überlässt das Schicksal dieses Landes meiner Meinung nach seinem absehbaren Verlauf, das heißt der Dominanz der nationalstaatlichen Politik, also der Ausbreitung einer Monokultur auf sprachlicher Ebene und damit einhergehend dem fortschreitenden Verfall der Autonomie.

      Wer darauf beharrt, dass die STF angeblich eine falsche Vorgehensweise wählt (gleichzeitig aber die Selbstbestimmung befürwortet), sollte auch eine Alternative anbieten können, und konkret beitragen diese praktisch umzusetzen, nicht nur eine Reihe von (zwar wünschenswerten, aber vorläufig nicht realistischen) Bedingungen theoretisch aufzeigen. Es ist ohnehin noch viel Zeit, vor allem bis zum Tag X, an dem eine von der Landespolitik autorisierte Abstimmung durchgeführt wird (wobei aus heutiger Sicht fraglich ist, ob wir diesen Tag jemals erleben werden!).

      1. hunter avatar
        hunter

        @ rosanna
        im obigen link ist bbds position gut beschrieben. ich glaube, dass das thema rücksichtslos und auf nimmerwiedersehen verheizt wird – so wie die stf das angeht. bevor wir solche schritte setzen, brauchen wir einen wandel sowohl in der diskussionskultur über das thema selbstbestimmung als auch im bewusstsein darüber. und darauf arbeiten wir mit unserem blog hin. ganz konkret.

      2. Rosanna avatar
        Rosanna

        Danke, hunter, für deine Rückmeldung,
        verheizt? Rücksichtslos? Auf Nimmerwiedersehen? Das klingt alles beängstigend und ich stimme ja zu, dass man so weit wie möglich einen Konsens finden sollte. Aber welche politische Kraft oder gesellschaftliche Bewegung in Südtirol hat in den letzten Jahren auch nur einigermaßen ernsthafte Absichten bekundet und irgendwas in die Wege geleitet, um konkrete Fortschritte in dieser Richtung zu machen? Wer einen Wandel des Bewusstseins und der Diskussionskultur erreichen will, muss auch in der Öffentlichkeit präsent sein, muss aktiv parteiübergreifende Bündnisse schmieden, gesellschaftliche Gruppen einbinden und schließlich intensiv für die Selbstbestimmung werben.
        Man kann die STF wegen ihres traditionsbewussten Tirol-Patriotismus ablehnen und vielleicht belächeln, aber sie ist die einzige Gruppierung, die das Risiko eingeht sich voll und ganz der Idee der Selbstbestimmung zu verschreiben und deren Realisierung anzustreben, im Gegensatz zur FH, deren Führung zwar mit oberflächlichen Freitsaat-Parolen Wähler fischt, aber sonst nicht im entferntesten konkrete Schritte setzen will. Die STF sucht auch das Gespräch mit gesellschaftlichen Gruppen, Parteien, Verbänden, das kann man ihr nicht absprechen. Von Seiten der bestimmenden politischen Kraft im Land wird sie jedoch geächtet und als extremistisch gebrandmarkt.

        So lobenswert die Absichten dieses Blogs hier sind, er beschränkt sich bisher vor allem darauf, eine Diskussionsplattform für einen engen Kreis zu sein, der aber nicht darüber hinaus in der realen Welt wirkliche Antriebskraft entwickelt oder zumindest verbindendes Element wird (ob gewollt oder nicht, kann ich nicht beurteilen). Ich übersehe dabei bestimmt nicht, dass dieser Blog auch erfreuliche Erfolge zu verzeichnen hat wie die exklusive Nachricht über die Aufgabe der strikten Ablehnung eines Referendums durch Frau Foppa von den Grünen. Von diesem Blog aus könnte noch viel mehr Dynamik ausgehen, er könnte die Initialzündung für eine überparteiliche Plattform sein, die Zukunft einer Bürgerbewegung auf breiter Basis, die Parteipolitik und Ideologie der rein sachlich zu erörternden Frage der Selbstbestimmung unterordnet, wenn nur die hier Agierenden diesen, zugegeben mutigen, Schritt wagen würden. Von der Vorbildwirkung auf viele andere bin ich überzeugt.
        Man sollte die Abstimmung der STF als das begreifen, was es ist, eine Probeabstimmung, die – ganz egal, wie sie ausgeht – nie und nimmer das definitive Ende für eine wie immer geartete zukünftige Entwicklung bedeutet.
        Sie wird vielmehr etwas befreiendes sein, sie kann wenigstens eine Tendenz offenbaren, sie kann im Streit zwischen Selbstbestimmungsbefürwortern und -gegnern im Land als handfeste Diskussionsgrundlage dienen (denn eine solche fehlt bisher, sie wird aber dringend benötigt).
        Ich plädiere daher dafür, dass man nicht parteipolitische Vorbehalte in den Vordergrund stellt und sich nicht dafür zu schade ist, an dieser Abstimmung teilzunehmen, auch oder gerade, wenn man die STF oder sogar die Selbstbestimmung überhaupt ablehnt.

      3. hunter avatar
        hunter

        ich stimme ja zu, dass man so weit wie möglich einen Konsens finden sollte.

        ich sehe das als ein hauptproblem. das thema wird weder sachlich diskutiert, noch hat es im großen stile die “mitte” erreicht. daher kann es leicht versenkt werden. und zwar von all jenen, die jetzt schon undifferenziert dagegen schreien (inkl. svp). und dann ist der zug für lange zeit abgefahren befürchte ich.

        Aber welche politische Kraft oder gesellschaftliche Bewegung in Südtirol hat in den letzten Jahren auch nur einigermaßen ernsthafte Absichten bekundet und irgendwas in die Wege geleitet, um konkrete Fortschritte in dieser Richtung zu machen?

        eben niemand. und solange es das “hobby” einer kleinpartei ist, ist die gefahr der “versenkung” gegeben.

        Die STF sucht auch das Gespräch mit gesellschaftlichen Gruppen, Parteien, Verbänden, das kann man ihr nicht absprechen.

        das tut sie in der tat. und was mir auch sehr gefällt ist, dass sie im gegensatz zur svp auch europaweit verbindungen sucht. während der autonomiepartei europäische entwicklungen gänzlich wurscht sind bzw. sie sogar dagegen arbeitet (siehe abstimmung im landtag, wo das schottische referendum “nicht begrüßt” und die selbstbestimmung als grundsatz abgelehnt wird). das ist grenzenloser wahnsinn.

        Von Seiten der bestimmenden politischen Kraft im Land wird sie jedoch geächtet und als extremistisch gebrandmarkt.

        eben. das ist in dieser art ungerechtfertigt. aber es ist ein faktum. und daher rührt auch meine befürchtung der “verheizung”.

        So lobenswert die Absichten dieses Blogs hier sind, er beschränkt sich bisher vor allem darauf, eine Diskussionsplattform für einen engen Kreis zu sein, der aber nicht darüber hinaus in der realen Welt wirkliche Antriebskraft entwickelt oder zumindest verbindendes Element wird

        so klein ist der kreis hier nun auch wieder nicht. wir tragen unseren teil bei. und auswirkungen auf die “reale welt” gibt es sehr wohl – zum teil sogar massiv.

        Ich plädiere daher dafür, dass man nicht parteipolitische Vorbehalte in den Vordergrund stellt und sich nicht dafür zu schade ist, an dieser Abstimmung teilzunehmen

        eine abstimmung, die von einer partei initiiert ist, wird immer parteipolitisch sein. das geht gar nicht anders. eine derartige initiative muss zivilgesellschaftlich erwachsen (siehe katalonien). wie parteipolitisch diese sache ist, zeigt jene oben von mir zitierte abstimmung im landtag, in der die svp das selbstbestimmungsrecht grundsätzlich ablehnt (!!!), weil einbringer des antrages die stf war. das ist die realität.

      4. Rosanna avatar
        Rosanna

        eine derartige initiative muss zivilgesellschaftlich erwachsen

        Schauen wir uns mal um, lieber hunter, niemand sonst kommt aus der Deckung, alle beugen sich dem Bannspruch der SVP, der da lautet: Wer sich für die Selbstbestimmung ausspricht, ist “Extremist, Zündler”!
        Wo bleibt die empörte Reaktion, worauf oder auf wen soll die STF noch warten?
        Man kann die Abstimmung prinzipiell ablehnen, aber man kann der STF bestimmt nicht vorwerfen, sie handle voreilig. Es gibt die Sympathie für die Selbstbestimmung weit über das Wählerpotential der STF hinaus, nur das Establishment verweigert sich noch aus mangelnder Courage!

      5. pérvasion avatar

        Ich sehe es wie hunter. Auch meiner Meinung nach wird das Vorpreschen der STF als erneute parteipolitische Vereinnahmung gewertet werden und den politischen Gegner zur Abgrenzung veranlassen. Das ist gerade jetzt, wo sich doch endlich auch andere für eine Abstimmung offen zeigen, kontraproduktiv. Die Grenze zwischen selbstverwalteter Befragung und Wahlveranstaltung ist fließend, schon allein aus diesem Grund gehört so etwas nicht in die Hand einer einzelnen Partei — und zwar völlig egal, ob sie die Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden sucht. Die stellen sich dann nämlich in den Augen der Öffentlichkeit in den Dienst der STF, ein Naheverhältnis, das im Fall der SVP stets kritisiert wird.

        Die erste Aufgabe für eine Partei müsste es in diesem Kontext vielmehr sein, parteiübergreifend Verbündete zu suchen (je breiter das Spektrum, desto besser) und zivilgesellschaftliche Organisationen bei eigenverantwortlicher Aktion zu unterstützen. Genau so hat es übrigens in Katalonien funktioniert, wo nicht zufällig penibelst darauf geachtet wurde, dass die Bürgerkomitees nicht politisch vereinnahmt wurden.

      6. Rosanna avatar
        Rosanna

        Sehr geehrter pérvasion,
        “vorpreschen”?
        Wie lange schon favorisieren die STF bzw. ihre Vorgängerin die Selbstbestimmung?
        Seit wann steht das Selbstbestimmungsrecht in den Parteistatuten der SVP, wie oft haben höchste Vertreter dieser Partei mit der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts gedroht, falls Italien die Autonomie verletzt? Wie oft hat Italein nun schon die Autonomie missachtet? Eigentlich hat es sie nie richtig und vollständig anerkannt!

        Ja, da kann man von Jahrzehnten sprechen – und seit Jahrzehnten geistern Umfragen durch das Land, die einen mehrheitlichen Wunsch nach einer Trennung von Italien als Ergebnis haben.

        Und nun lese ich hier, die STF presche vor!

        Ich frage mich, ob das wirklich euer Ernst sein kann?

      7. pérvasion avatar

        Das Vorpreschen bemisst sich ja nicht daran, wie lange die STF (oder die SVP) schon die Selbstbestimmung fordert — sondern daran, inwieweit sie andere Akteure und insbesondere die Zivilgesellschaft »mitnimmt« bzw. von ihr getragen wird.

        So gesehen keine Frage der Zeit, sondern eine der »Qualität«. Gerade jetzt, wo sich Vertreter anderer Parteien (5SB, Grüne…) für eine Abstimmung ausgesprochen haben, wäre durch stilles »Netzwerken« mehr zu erreichen, als durch lautes (eigennütziges) Wahlwerben.

      8. Rosanna avatar
        Rosanna

        Einerseits soll die STF quasi unsichtbar im Hintergrund bleiben, andererseits wird bemängelt, sie nehme die anderen nicht mit. Was denn nun? Ihre Position ist schon seit langem bekannt, ihr Wunsch nach einer Abstimmung traf immer nur auf Ablehnung, und nun, da Frau Foppa ihre Totalverweigerung gegen eine vage Vielleicht-(aber, nur falls…)-Haltung eintauscht, soll man womöglich weitere Jahre mit Netzwerken und stiller Überzeugungsarbeit verbringen? Das ist schon sehr, sehr viel verlangt, weit mehr als man im politischen Alltag selbst von den besonnensten Zeitgenossen realistischerweise erwarten kann.

        Ich frage mich einfach, warum ist nicht schon längst eine sogenannte zivilgesellschaftliche Bewegung entstanden, wenigstens in Ansätzen, die ein Gegengewicht bzw. einen unparteiischen Flügel in der Selbstbestimmungs-bewegung gebildet hätte? Ich rede jetzt von einer Initiative, die in der Öffentlichkeit auftritt, die Botschaften aussendet und aktiv Bündnisse schmiedet. Warum nicht ihr, wo ihr euch doch Brennerbasisdemokratie nennt?

      9. pérvasion avatar

        Ich frage mich einfach, warum ist nicht schon längst eine sogenannte zivilgesellschaftliche Bewegung entstanden, wenigstens in Ansätzen, die ein Gegengewicht bzw. einen unparteiischen Flügel in der Selbstbestimmungs-bewegung gebildet hätte?

        Eben dass eine solche Bewegung noch nicht entstanden ist, ist Hinweis genug, dass wir noch nicht ganz bereit sind — die Energien wären jetzt primär hierauf zu verwenden, wie ich schon sagte.

        Ich möchte dich aber auch an diese meine Antwort erinnern.

      10. Rosanna avatar
        Rosanna

        Ja, ich platze fast vor Neugier. Müsst ihr es ganz so spannend machen?
        Ich hoffe sehr, dass es euch gelingt eine wie immer geartete Basis zu schaffen, die Platz für Gemeinsamkeiten bietet. Es wäre sehr schade, wenn ihr statt eines ausgleichenden Gegengewichts mehr eine Gegenbewegung zur STF bilden würdet.

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