Wie kürzlich berichtet, sähe das Autonomiestatut der Region Sizilien ein Hohes Gericht (Alta Corte) vor, das sowohl die Verfassungsmäßigkeit der Regionalgesetze, als auch die Autonomieverträglichkeit der zentralstaatlichen Gesetzgebung überprüfen sollte. Wenige Jahre nach Inkrafttreten der republikanischen Verfassung entschied das römische Verfassungsgericht jedoch einseitig, sich die Funktionen des Hohen Gerichts einzuverleiben.
Eine weitere Besonderheit der sizilianischen Gerichtsbarkeit stellt der 1948 eingerichtete Verwaltungsjustizrat (VJR, Consiglio di Giustizia Amministrativa) dar, der im Unterschied zum Hohen Gericht bis heute besteht: Der VJR mit Sitz in Palermo ist das sizilianische Pendant zum römischen Staatsrat
- als Beratungsorgan für die öffentliche Verwaltung und
- als zweite Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Die beratende Sektion setzt sich aus einer Vorsitzenden, zwei Staatsrätinnen, einem Präfekten und fünf Mitgliedern, die von der sizilianischen Regierung ernannt werden, zusammen; in der richtenden Sektion sitzen hingegen der VJR-Präsident, die Sektionsvorsitzende, vier Staatsrätinnen sowie vier Mitglieder, die von der sizilianischen Regierung ernannt werden. Damit ist die höhere Verwaltungsgerichtsbarkeit auf der Insel wenigstens teilweise der zentralistischen Logik entzogen und in die Sphäre der Autonomie eingegliedert.
In Südtirol, wo man häufig überzeugt ist, die am weitesten entwickelte Autonomie Italiens zu haben, gibt es nichts Vergleichbares. Die zweite Instanz der lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit stellt — wie für alle anderen Regionen, mit Ausnahme von Sizilien — der römische Staatsrat dar, in dessen Senat bei Fällen, die sich auf Südtirol beziehen, eine deutschsprachige Richterin sitzen muss.
Siehe auch: 01
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