Der Südtiroler Landeshauptmann hat in einem Interview mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin Profil dafür plädiert, das Thema Doppelpass besonnen anzugehen, statt es nationalistisch aufzuladen und populistisch auszuschlachten. Als einen wesentlichen Punkt bezeichnete er die möglichen Vergabekriterien der österreichischen Staatsbürgerinnenschaft an Südtirolerinnen, die noch genau zu analysieren seien. Dabei wies er auch auf die Probleme hin, die eine Fixierung auf die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung verursachen könnte.
Der Aufruf von Arno Kompatscher (SVP) ist meiner Meinung nach zu begrüßen. Sollte Österreich beschließen, Südtirolerinnen die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen, wird die Frage der Zugangsberechtigung von höchster Wichtigkeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sein. Wie ich schon bemerkt hatte, reicht es nicht, den »europäischen Geist« ins Koalitionsabkommen zu schreiben — die noch zu findende Lösung muss davon auch tatsächlich durchtränkt sein, und diesen Eindruck hat man derzeit (noch) nicht. Nur wenn er ein Beitrag zur Überwindung statt zur Schaffung von Grenzen ist, kann der Doppelpass als »europäisch« bezeichnet werden.
5 replies on “Doppelpass, Aufruf zur Besonnenheit.”
Eine Fixierung auf das Kritierium “Sprachgruppenzughörigkeitserklärung” halte auch ich nicht für praktikabel und angemessen. Ansonsten bin ich aber der Meinung, dass LH Kompatscher das Thema bis zu den Landtagswahlen “warm” halten möchte (es geht um Stimmen), um es danach möglichst zu versenken.
Das ist Spekulation. Ich habe das kommentiert, was der LH tatsächlich gesagt hat… nicht seine möglichen Hintergedanken.
Und wie würde so ein Beitrag zur Überwindung von Grenzen deiner Meinung nach dann konkret aussehen? Was verstehst du unter Zwangsberechtigung?
Meiner Meinung nach sollten alle jene die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten deren Vorfahren sie 1920 zwangsweise genommen wurde, unabhängig von der Sprachgruppe. So will es Österreich jedenfalls mit den Nachkommen der österreichischen Juden machen, die jetzt in Israel oder anderswo leben.
Ich kenne die Lösung in Nordirland zwar nicht bis ins letzte Detail, doch ich würde sie als einen Beitrag zur Überwindung von Grenzen bezeichnen. Umso mehr jetzt mit dem Brexit, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wichtig ist, dass die zweite Staatsbürgerschaft allen Menschen, die legal (und meinetwegen seit einem bestimmten Zeitraum) in einem Gebiet leben, zugesprochen wird. Eine Unterscheidung nach Sprachgruppen sehe ich äußerst problematisch, um nicht zu sagen kontraproduktiv, wie ich hier beschrieben hatte.
Zwangsberechtigung? Ich habe Zugangsberechtigung geschrieben.
Oh entschuldige habe wohl in der Eile über das Wort Zugangsberechtigung hinweggelesen.
Bin der Meinung, dass man getrost die italienische Vorgangsweise zur Vergabe einer 2. Staatsbürgerschaft übernehmen könnte: Wem sie abhanden gekommen ist (bzw. dessen Vorfahren) der ist anspruchsberechtigt. Das ist ein logischer Ansatz und hat nichts mit Sprache zu tun.