Initiative für mehr Demokratie
Wir leben nicht, wie immer behauptet wird, in einer nur parlamentarischen Demokratie. Nein, die Reform des Autonomiestatuts 2001 (Art. 47) hat uns Bürgerinnen und Bürgern mit dem Instrument der Volksabstimmung auch zu Gesetzgebern gemacht und uns die Kontrolle über die Gesetze des Landtags übertragen. Die SVP verhindert jedoch mit betrügerischen Mitteln seit 24 Jahren die Anwendung dieses demokratischen Rechts. Das geschieht, obwohl — wie auch in anderen europäischen Ländern — über 70 Prozent der Bevölkerung in Südtirol zwischen 18 und 80 Jahren angeben, dass Volksabstimmungen für sie mindestens genauso wichtig sind, wie Wahlen (siehe ASTAT-Umfrage im November 2022).
Ein erstes Landesgesetz zur Direkten Demokratie wurde 2005 erlassen und ein neues 2018. Beide weisen Mängel auf, aufgrund derer ihre Anwendung immer wieder gescheitert ist. Deshalb haben 2023 acht Parteien zwei von der Initiative für mehr Demokratie ausgearbeitete Gesetzentwürfe eingebracht, die jetzt Anfang Oktober im Plenum des Landtages behandelt werden. Mit ihnen sollen jene mindestnotwendigen Änderungen am geltenden Landesgesetz zur Direkten Demokratie vorgenommen werden, die nötig sind, damit es effektiv anwendbar wird.
Diese Forderung richten in einem Offenen Brief bislang 29 Organisationen an die Abgeordneten des Südtiroler Landtages. Wir zählen darauf, dass auch möglichst viele Bürgerinnen und Bürger diese Petition an den Landtag unterschreiben. Wenn eine beeindruckende Zahl sie unterstützt, dann wird der Landtag um diese Forderung nicht herumkommen und uns ist endlich eine vervollständigte Demokratie gesichert.
Die verlangten Abänderungen im einzelnen sind:
Mit dem Gesetzentwurf I
- wird festgeschrieben, dass Volksinitiativen betreffend die Materie laut Art. 47 Autonomiestatut (Regierungsformgesetze = Wahlgesetz und Gesetz zur Direkten Demokratie und Partizipation) zulässig sind. Das wird seit 2020 von der Kommission der Landesregierung, die über die Zulässigkeit der Anträge auf Volksabstimmung entscheidet, anders als bisher aus zweifelhaften Gründen abgelehnt;
- wird die Neuzusammensetzung dieser Kommission festgelegt. Dies erfolgt entsprechend den verfassungsrechtlichen Bedenken zur Einsetzung von lokalen Richtern und entsprechend der Regelung in den übrigen Regionen Italiens. Durch sie wird einer Befangenheit vorgebeugt und somit unter anderem das Rekursrecht gewährleistet;
- wird die Aufgabe dieser Kommission genau definiert und eingegrenzt.
Die Begründungen zu den genannten Elementen sind ausführlich im hier verlinkten Bericht beschrieben.
Gesetzentwurf II sieht vor:
- die Einführung der Online-Unterschriftensammlung, so wie sie schon auf staatlicher Ebene genutzt werden kann;
- die Absenkung bzw. Staffelung der Anzahl erforderlicher Unterschriften nach Wichtigkeit und Wirksamkeit der einzelnen direktdemokratischen Instrumente;
- die Erweiterung des Kreises der Personen, die zur Beglaubigung von Unterschriften berechtigt sind;
- dass Bürgerinnen und Bürger in jeder Südtiroler Gemeinde ihre Unterstützungsunterschrift leisten können und nicht nur in der Wohnsitzgemeinde;
- eine ausreichende Information der BürgerInnen über eingebrachte Volksinitiativen und Referenden.
Die Erläuterungen zu den genannten Elementen sind ausführlich im hier verlinkten Begleitbericht beschrieben.
Begründung
Wir, die Initiative für mehr Demokratie, setzen uns seit 1994 in Südtirol für eine Demokratie ein, die mit den Instrumenten der direkten, partizipativen und digitalen Demokratie vervollständigt ist (siehe Toblacher Demokratie-Manifest).
Seit 1994 betrügt die SVP die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes um die politischen Rechte, die ihnen vom Autonomiestatut (ab 2001) garantiert werden.
- 1997 mit der Intervention in Rom gegen die Einführung der Volksinitiative, die mit den Stimmen von drei SVP-»Dissidenten« im Regionalrat beschlossen wurde;
- 2005 mit einem Gesetz, das ein Beteiligungsquorum von 40 Prozent vorgesehen hat und an dem 2009 die ersten landesweiten Volksabstimmungen gescheitert sind;
- 2013 mit einem neuen Landesgesetz zur Direkten Demokratie, mit dem keine Volksabstimmungen mehr hätten stattfinden können, gegen das wir das Referendum ergriffen haben, das die Kommission der Landesregierung mit perfiden Argumenten versucht hat zu verhindern, das aber aufgrund eines Gerichtsentscheids stattfinden konnte und mit dem das Gesetz von den Südtirolern abgelehnt worden ist;
- 2018 mit einem neuen Landesgesetz zur Direkten Demokratie, das schon bei seiner Entstehung mit Bürgerbeteiligung gravierende Mängel aufgewiesen hat und das bei der Verabschiedung im Landtag noch einmal massiv verschlechtert worden ist;
- 2021 mit dem schwer verständlichen Versuch der SVP, das eben erst in Anbetracht der Nähe der Landtagswahlen (2018) eingeführte Referendum über Landesgesetze wieder abzuschaffen, was erneut, nach einem unverschämten Versuch der Kommission, es zu verhindern, mit einem Referendum von den Bürgerinnen und Bürger vereitelt worden ist;
- 2022 mit einer drastischen Einschränkung des Kreises derer, die bisher berechtigt waren, die Unterschriften zur Unterstützung von Volksinitiativen und -begehren entgegenzunehmen;
- 2023 mit der Halbierung der Einreichfrist für die Durchführung eines Referendums über Landesgesetze von 20 auf 10 Tage — um nur die gravierendsten Betrugsfälle zu nennen.
Normalerweise werden Landesgesetze erlassen, um angewandt zu werden. Im Fall der »Direkten Demokratie« offenbar nicht. Es ist mehrmals geändert worden oder sollte geändert werden. Jedes Mal ist es oder wäre es nicht anwendbar geblieben. Offensichtlich sollte nur der Schein gewahrt werden, um verkünden zu können, wir hätten damit »ein schönes und gutes Gesetz, dem man Zeit geben muss, sich zu bewähren« (so der Fraktionsvorsitzende der SVP am 20. September 2024).
Es reicht! Wir lassen uns diesen fortgesetzten Betrug nicht gefallen. Verbreitet und unterschreibt die Petition mit der Forderung, das Landesgesetz zur Direkten Demokratie 22/2018 endlich anwendbar zu machen.
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