Wie das Land die Unfalldaten zurechtbiegt. Drei Meldungen im Vergleich:
Das Landesinstitut für Statistik (ASTAT) teilt mit, dass im Jahr 2011 in Südtirol 1.627 Verkehrsunfälle mit Verletzten oder Toten geschahen (+25,3% gegenüber 2010), was einem Tagesdurchschnitt von mehr als vier entspricht. Die Zahl der getöteten Personen betrug 42 (+35,5%, im Jahr 2010 waren es 31), jene der Verletzten 2.004 (+19,0%). Zieht man die Gesamtheit der Verunglückten in Betracht, so waren 51,6% in einem Auto unterwegs, 27,5% lenkten ein Motorrad oder ein Moped und 16,3% fuhren Fahrrad. Im Jahr 2011 wurden 762 Führerscheine wegen Trunkenheit am Steuer eingezogen: Das entspricht einem Rückgang um 15,3% im Vergleich zum Vorjahr.
Astat-Mitteilung vom 07. Juni 2012
Die Zahlen, die das Landesstatistikamt Astat veröffentlicht hat, sprechen eine traurige Sprache: Im Vergleich zum Vorjahr sind 2011 sowohl die Verkehrsunfälle (plus 25,3 Prozent) als auch die Zahl der Verletzten (plus 19 Prozent) stark angestiegen. Den stärksten Anstieg hat es jedoch bei der Anzahl der Toten gegeben, die von 31 im Jahr 2010 auf 42 im vergangenen Jahr stieg.
Südtirol Online am 07.06.2012 (Auszug)
Verkehrsunfälle drastisch verringert: Sicherheitsmaßnahmen wirken
Auch wenn jeder einzelne Verkehrsunfall tragisch ist, insgesamt sind Südtirols Straßen in den letzten Jahren sicherer geworden: “Jahr für Jahr passieren weniger Unfälle, die Zahl der Verletzten ist gesunken und jene der Verkehrstoten drastisch zurückgegangen”, so Landesrat Florian Mussner, der auf die vielen Maßnahmen verweist, die das Bautenressort des Landes für die Verkehrssicherheit gesetzt hat.
Heutige Mitteilung des Landespresseamtes (Auszug) in Bezug auf die Daten von 2011.
7 replies on “Wahrheitsministerium.
Quotation”
In der Pressemitteilung des Landes werden die Daten von 2011 praktischerweise mit 2002 verglichen und nicht mit dem Vorjahr. Daraus die Erkenntnis zu konstruieren, die Unfälle seien »von Jahr zu Jahr« weniger geworden, ist schlichtweg eine bewusste Unterschlagung von Tatsachen. Fehlinformation. Bürgertäuschung.
Ein weiteres interessantes Zitat aus der Mitteilung ist folgendes:
Der Opferindex hat mit der Sicherheit der Straßen wenig zu tun. Erstens sagt er nichts über die Gesamtzahl der Unfälle und der Opfer aus, sondern lediglich etwas über deren Verhältnis zueinander — und zweitens wird dieser Index auch von den sicherer werdenden Fahrzeugen und den Fortschritten in der Notfallmedizin beeinflusst. Nichts was sich Mussner auf die Fahnen schreiben könnte.
Das ist wirklich die Höhe. Nicht nur, dass man nicht einfachste Zahlen interpretieren kann, nein, man hat noch die Dreistigkeit, bei so einem tragischen Thema eine Jubelmeldung rauszulassen, das ist geradezu makaber!
Ich kenne aus der täglichen Praxis die Schwierigkeiten, mit welchen das Ressort Mussner alle Bemühungen echte sicherheitsrelevante Massnahmen, wie Temporeduktion, Rückbau der Straßen, menschengerechte und nicht autogerechte Gestaltung des Straßenraumes usw. zunichte macht. Was in anderen Ländern vielfach bereits gängige Praxis ist, müssen hier in endlosen Diskussionen auch nur kleinste Massnahmen gerechtfertigt werden. Die in den letzten Wochen gehäuften Unfällen mit Fussgängern will man in stümperhafter Weise mit Blinkanlagen begegnen. Wir sind auf dem Stand der 70er Jahre.
Dem kann nur zugestimmt werden. Das Bautenressort des Landes ist eine betonlastige Behörde, die in erster Linie für eine autogerechte Gestaltung des Straßenraumes sorgt. Von modernen Sicherheitsmaßnahmen, wie shared space oder einem Rückbau von Straßen ist nicht mal ansatzweise etwas zu sehen.
Ich habe mir die Unfallzahlen der Fussgänger angeschaut. Die Zahl der Toten ist auf dem Niveau von 2007 (8 Tote, Tiefpunkt 2009 mit 4 Toten). Noch aussagekräftiger sind die Zahlen der Verletzten: Diese sind kontinuierlich gestiegen:
2007: 129
2008: 157
2009: 163
2010: 165
2011: 214
Ich frage mich, angesichts dieser negativen Entwicklung, wie man hier von Fortschritt sprechen kann. Solange aber der Fokus des Wahrheitsministeriums auf Straßenbau und nicht Sicherheit liegt, müssen viele Menschen schmerzvolle Erfahrungen machen.
Solange diese Fußgänger aber auch immer und überall den Verkehrsfluss der motorisierten Verkehrsteilnehmer behindern werden diese Unfallopfer eben als Kollateralschaden geduldet.
Nachdem ich vor zwei Tagen die Zahlen zu der erschreckenden Entwicklung bei den verletzten Fussgängern veröffentlicht habe, ist heute eine Pressemittleilung genau zu diesem Thema erschienen. Der Text bejubelt wieder einmal die bescheidenen Maßnahmen, die sich in erster Linie auf beleuchtete Zebrastreifen beschränken. Der Artikel schließt mit der Aussage:
Werden wir hier alle verarscht?
Ja, die gefälschten Zahlen geben ihm Recht.