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»Die Staatengemeinschaft.«

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Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Rom. Er wollte von mir wissen, welchen Weg Südtirol in Sachen Freistaat gehe. Ich habe ihm die Frage zurückgegeben: “Welchen Weg würden Sie gehen?” Seine Antwort: “Sie bekommen nie die Zustimmung der europäischen Staatengemeinschaft für irgendwelche sezessionistischen Bestrebungen, einschließlich Deutschland und Österreich.”

Arno Kompatscher (SVP) im dieswöchigen ff-Interview.

  • Es ist nicht bekannt, dass sich die europäische Staatengemeinschaft den »sezessionistischen Bestrebungen« Schottlands widersetzt.
  • Wie will ein deutscher Botschafter wissen, welche Länder wozu ihre Zustimmung geben würden?
  • Was ist das für ein System, wo der gegebenenfalls demokratisch zum Ausdruck gebrachte Bevölkerungswille »nie« die Zustimmung der europäischen Staatengemeinschaft bekommen würde?
  • Hat Kompatscher den Freiheitlichen nicht erst gerade vorgeworfen, den Begriff »Freistaat« gebe es nicht? Warum verwendet er ihn dann selbst? (Und, am Rande bemerkt, gibt es den Begriff der »Vollautonomie«?)


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Comentârs

18 responses to “»Die Staatengemeinschaft.«”

  1. proEuregio avatar
    proEuregio

    … vielleicht sollte sich Herr K auch einmal mit Herrn Dorfmann (MdEP) darüber austauschen, wie man im Europäischen Parlament über Katalonien, Schottland denkt!
    Nebenbei: – für wie beschränkt hält man das “Stimmvolk” eigentlich?

  2. Hans-Robert Schönherr avatar
    Hans-Robert Schönherr

    Also, wertester Herr Kompatscher, hat nicht auch François Mitterand gesagt, bei einer deutschen Wiedervereinigung werde sofort ein russischer General die Macht übernehmen? Und, was war? Also tuns nicht die Leut erschrecken!
    Was Österreich betrifft (ich bin NordTiroler) – die machen genau dies, was die SüdtirolerInnen wollen. Und derzeit sind die halt von der SVP repräsentiert. Leider.

  3. chilocapisce avatar
    chilocapisce

    Der Herr K sollte uns mal bittschön erläutern, wo er den Unterschied zwischen dem sogenannten Freistaat und der sogenannten Vollautonomie sieht!
    Wie erklärt er eigentlich “Vollautonomie”?
    Wie ganz voll oder vielleicht fast ganz voll oder sogar mehr als voll muss etwas sein, um voll zu sein?
    Bedeutet “Voll” nicht “Ganz” und bedeutet “Ganz” in diesem Zusammenhang nicht “Frei”Staat?

    1. proEuregio avatar
      proEuregio

      … Herr K hat das nicht nötig, wegen 6xDaumen-hoch … ZU viele sind richtig “eingelullt” ,,,

  4. Rosanna avatar
    Rosanna

    Interessant, dass der deutsche Botschafter nicht nur für Deutschland und Österreich spricht, sondern geich für die ganze europ. Union. Aber den Herrn Kompatscher scheint er damit beeindruckt zu haben.

    1. Hans-Robert Schönherr avatar
      Hans-Robert Schönherr

      ja,
      das finde ich auch ganz ganz lieb vom deutschen Botschafter in Rom, dass er für uns spricht. Da müssen wir Ösis wenigstens selbst nicht mehr denken. Was für ein Glück aber auch schon wieder, dass wir solche Nachbarn haben!

      Sie könnens einfach nicht lassen, die P.

      1. Rosanna avatar
        Rosanna

        Stimmt, das klingt arrogant, was der dt. Botschafter da von sich gegeben haben soll, aber lieber Hans Robert, wissen wir, wie das Gespräch genau verlief?
        Und im Großen und Ganzen sind unsere Nachbarn seit 1945 recht angenehme und teilweise auch fortschrittlichere Zeitgenossen. Und vor 45 waren wir selber “P”., manchmal noch fanatischer als die nördlichen Nachbarn! .

  5. Steve avatar
    Steve

    Kommt jetzt auch drauf an, wie man die Aussage interpretiert. Dass es keine Unterstützung seitens der EU für eine Abspaltung Südtirols gegen den Willen Italiens geben wird, glaube ich auch. Sollte aber Rom einem entsprechenden Referendum zustimmen (wie es ja London den Schotten zugesteht), dann dürften wohl auch von Seiten der EU keine Hindernisse zu erwarten sein.
    Aber dazu müssten erst einmal alle Bewohner Südtirols an einem Strang ziehen, und nicht wie im Moment fünf verschiedenen Ziele anstreben.

    1. Rosanna avatar
      Rosanna

      Fraglich ist auch, wie das Gespräch genau verlaufen ist. Ein Diplomat versucht meistens “diplomatisch” zu sein. Von so jemanden kann man sich angesichts der Fragestellung kaum eine Empfehlung für ein politisches Abenteuer erwarten. Insofern ist alles, was der Botschafter von sich gab, eher belanglos und es dient Herrn Kompatscher nur dazu, seine eigenen Vorurteile zu bekräftigen.

      Rom wird übrigens meiner Meinung nach nie im Vorhinein die Zustimmung zu einem Referendum ähnlich wie die Briten geben, dazu ist die demokratische Kultur Italiens noch nicht genügend reif.

      Italien wird höchstens vollendete Tatsachen, also die Abhaltung eines Referendums bzw. dessen Ausgang nachträglich akzeptieren, wenn sich herausstellt, dass sich die Südtiroler Bevölkerung mehrheitlich an einer Abstimmung beteiligt und eine Loslösung von Italien trotz aller Widerstände des Nationalstaates unbeirrt anstrebt.

  6. Steve avatar
    Steve

    Italien wird höchstens vollendete Tatsachen, also die Abhaltung eines Referendums bzw. dessen Ausgang nachträglich akzeptieren, wenn sich herausstellt, dass sich die Südtiroler Bevölkerung mehrheitlich an einer Abstimmung beteiligt und eine Loslösung von Italien trotz aller Widerstände des Nationalstaates unbeirrt anstrebt.

    Darum sage ich ja, dass man die Bewohner Südtirols zunächst einmal auf Linie bringen müsste. MMn werden jedoch die folgenden, sich teilweise diametral entgegenstehenden, Richtungen verfolgt:

    – Assimilierung der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung und Umbau Südtirols zu einer gewöhnlichen italienischen Provinz (italienische Ultranationalisten und grüne Linksfaschisten)

    – Weitreichende Autonomie inkl. Finanzen und Polizei (SVP)

    – Freistaat mit Gleichberechtigung aller Bevölkerungsteile (BBD, F(?))

    – Ausübung des Selbstsbestimmungsrechts, unabhängig vom Ausgang (STF)

    – Wiederangliederung an AUT bzw.Wiedervereinigung mit Tirol (Schützen)

    – Beibehaltung des Status Quo und Schwerpunkt auf gesellschaftliche Themen (gemäßigte restliche Parteien)

    – Splittermeinungen wie Anschluss an CH, GER, Kondominiumslösung,…

    Ok, das ist natürlich stark vereinfacht und die Tendenzen vermischen sich auch teilweise. Aber ich denke, im Großen und Ganzen trifft es die aktuelle Situation recht gut und verdeutlicht die hieraus resultierenden Schwierigkeiten in Hinblick auf ein Unabhängigkeitsreferendum

    1. succus avatar
      succus

      Darum sage ich ja, dass man die Bewohner Südtirols zunächst einmal auf Linie bringen müsste.

      Das sehe ich nicht so, wie in jeder Gesellschaft gibt es unterschiedliche Meinungen und Strömungen. Wichtiger ist hingegen, dass endlich ein ergbnisoffener, neutraler und vor allem rationaler Diskurs von allen Bevölkerungsteilen begonnen wird. BBD leistet da hervorragende Arbeit, wird allerdings (noch) zu wenig beachtet. Hier müsste angesetzt werden, indem nicht immer die gleichen Vorurteile vorgebracht werden.

      1. Steve avatar
        Steve

        Wichtiger ist hingegen, dass endlich ein ergbnisoffener, neutraler und vor allem rationaler Diskurs von allen Bevölkerungsteilen begonnen wird

        Wobei das Ergebnis eines solchen Diskurses doch ein Ziel sein sollte, das von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird, oder irre ich mich da? Oder salopp gesagt: die Bevölkerung auf Linie bringen.

        Diesen Einwand jetzt bitte nicht als Affront verstehen. Ich möchte verstehen, ob wir beide das selbe meinen oder ob du etwas anderes ausdrücken wolltest.

      2. pérvasion avatar

        Die Bevölkerung bringt man nicht auf Linie, auch nicht »salopp« gesagt. Man kann für das eigene Projekt werben und die Menschen zu überzeugen versuchen, doch schlussendlich soll in einer Demokratie jeder selbst entscheiden; und es wird auch stets unterschiedliche, konkurrierende Zukunftsprojekte geben.

        Auch in Katalonien gibt es Befürworter des Status Quo, Menschen, die für eine weitere Föderalisierung Spaniens plädieren, solche die eine freie Assoziierung Kataloniens mit Spanien befürworten und eben die Unabhängigkeitsbefürworter. Letztere scheinen, verschiedensten Umfragen zufolge, inzwischen in der Mehrheit zu sein, doch der Ausgang eines Referendums wäre alles andere als sicher. Deshalb geht es, wie succus schreibt, auch nicht darum, jemanden auf Linie zu bringen, sondern offen diskutieren und dann auch abstimmen zu dürfen.

  7. succus avatar
    succus

    Ja, genau wie pérvasion es ausgedrückt hat, meinte ich es. Zuallererst muss doch mal offen diskutiert werden, verschiedene Modelle ausgearbeitet werden, vor allem aber sollte die Thematik “Unabhängigkeit” unter wirtschaftlichen, sozialen und politischen Aspekten beleuchtet werden. Erst wenn diese Modelle mit all ihren Vor- und Nachteilen der Bevölkerung präsentiert werden, kann ein offener Diskurs stattfinden. Leider versagen hier praktisch alle Parteien. Selbst die Grünen, die sonst immer für Dialog und Partizipation sind, lehnen größtenteils diesen Diskurs ab und pflegen ihr eigenes Biotop. Ich will niemanden “auf Linie” bringen, allein Argumente und nicht Ängste zählen.

    1. Steve avatar
      Steve

      Ich habe das Gefühl, dass wir im Grunde das Selbe meinen und wir uns nur an Begrifflichkeiten aufhängen. “Auf Linie bringen” hat für mich keine negative Konnotation, wohl weil ich in erster Linie Pragmatiker und nicht Sprachwissenschaftler bin. Aber wenn euch der Ausdruck so stört, dann ziehe ich ihn zurück und ersetze ihn durch “die überwältigende Bevölkerungsmehrheit von der eigenen Idee zu überzeugen versuchen”.
      Denn ich gehe einmal davon aus, dass ihr mit der Diskussion eben diese Bevölkerungsmehrheit von eurer Idee überzeugen wollt, und nicht nur die Diskussion zum Selbstzweck führen wollt, sozusagen als “akademisches Problem”.
      Aber gut, in meinen Überlegungen habe ich wohl den zweiten Schritt vor den ersten gesetzt und die mehrheitlich getragene Idee (wie auch immer diese aussehen mag) vorausgesetzt, ohne den Weg dorthin zu beleuchten. In diesem Punkt gebe ich euch recht.
      Wobei, genau betrachtet kann auch das Führen der Diskussion an sich schon Verbesserungen bringen, wenn auch immer nur im Rahmen des Status Quo (im Grunde das alte spiel der SVP, wenn sie mit der Selbstbestimmung “drohte”).

  8. Hans avatar
    Hans

    Das soll der deutsche Botschafter gesagt haben??
    Simon Constantini schreibt doch so gerne Briefe an Persönlichkeiten aller Art und Größe, die nicht selten auch beantwortet werden.
    Lieber Simon, ich bitte Sie, diesmal den dt. Botschafter zu kontaktieren, ob er das, was ihm der Kompatscher im in den Mund gelegt hat, auch tatsächlich gesagt hat.
    LG

    1. pérvasion avatar

      Hans, du kannst dich gerne auch an den Herrn Botschafter wenden! Ich schreib nicht »so gerne Briefe«, sondern mache es, weil es sonst in Südtirol anscheinend keiner tut. In diesem Fall glaube ich jedoch nicht, dass Kompatscher lügt… sondern dass es ein Fehler wäre, sich von etablierten Staaten (die grundsätzlich an Stabilität im Sinne ihres Fortbestands interessiert sind) eine Aufforderung zur Sezession zu erhoffen. Wennschon müssen wir unsere Zukunft schon selbst in die Hand nehmen und können uns ggf. erst, sobald ein Prozess in Gang gesetzt wurde, Unterstützung erhoffen. Die Katalanen haben auch nicht um Erlaubnis gebeten oder gar auf eine Aufforderung von außen gewartet, um die Unabhängigkeit zu fordern… dann hätten sie nämlich noch ein paar Jahrhunderte warten können. Jetzt wo sie sich aber in Bewegung gesetzt haben, beginnt langsam ein Umdenken und ergeben sich Allianzen.

  9. Hans avatar
    Hans

    Und wenn der dt. Botschafter gesagt hätte, “macht was ihr wollt”, hätte das dann dem SVP- Mann den Weg freigemacht, endlich Steirischen Most zu saufen, statt Südtiroler Wein?
    Was sind wir doch für ein jämmerliches Volk geworden, das die eigene Zukunft vom Geschwätz eines für sie unbedeutenden Botschafters abhängig macht.

    Außenminister Kreisky zu einer BAS- Delegation in seiner Wiener Wohnung:
    “Ich sage nicht, dass ihr etwas tun sollt, aber ich sage auch nicht, dass ihr nichts tun sollt” und:
    “Wegen ein paar Masten oder Brücken werden wir nicht wehleidig sein, aber keine Menschenleben!”.

    Fritz Molden ist der Überzeugung, dass “ohne Anschläge kein so gutes Abkommen” zustande gekommen wäre. Und Gerd Bacher sieht das auch von offizieller Südtiroler Seite bestätigt. Er zitiert oft und gerne den verstorbenen Silvius Magnago, der ihm gesagt habe: “Ohne die Bumser hätten wir die Autonomie nie bekommen.”

    Ich erwarte mir nun wirklich keine neuen Bumser oder irgendetwas Ähnliches. Nur die angebliche Wortmeldung eines Botschafters als Rechtfertigung für fehlende Courage und Demokratiebewusstsein heranziehen, ist selbsterklärend.

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