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Erfüllungsgehilfen des Zentralismus.

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Mit der Zustimmung zu Renzis Verfassungsreform hat die Südtiroler Volkspartei (SVP) diese Woche einmal mehr gegen die Interessen Südtirols, gegen die Föderalisierung und Subsidiarisierung des Staates und im »nationalen Interesse« jener Zentralisten gehandelt, die in der römischen Fuchtel die Lösung der italienischen Probleme erblicken. Welches auch nur entfernte Interesse ein Gebiet, das nach mehr Autonomie strebt, an dieser Reform haben kann, wird die SVP den SüdtirolerInnen erst noch erklären müssen. Mit an Sicherheit grenzender Wahscheinlichkeit wäre dies ein aussichtsloses Unterfangen.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde auch die sogenannte Schutzklausel ausgehöhlt und zeitlich eingeschränkt — nämlich bis zur Anpassung des Autonomiestatuts an Renzis Reformvorgaben. Das wirkt wie eine schwere Hypothek auf den geplanten Südtirolkonvent, da die daraus resultierende Überarbeitung des Südtiroler Grundgesetzes das Auslaufen der Schutzklausel bedingt. Dann wird sich der Zentralstaat auch hierzulande auf ein weiter gestärktes nationales Interessensprinzip berufen und in autonome Zuständigkeitsbereiche hineinregieren können — ein Damoklesschwert, dem die demokratisch gewählten Vertreter Südtirols im römischen Parlament ihr Placet verpasst haben.

Seit spätestens Ende 2011, als Mario Monti in den italienischen Ministerpräsidentensessel wechselte, ist die Autonomie schwersten Angriffen ausgesetzt. Auch die laut SVP autonomiefreundlichen Regierungen unter Enrico Letta und Matteo Renzi haben daran nichts geändert. Und nun macht sich die Vollautonomiepartei auch noch daran, dem Staat wirkungsmächtige, verfassungsrechtlich verankerte Werkzeuge in die Hand zu geben, um sich noch stärker bei uns einzumischen.

Anfang dieses Jahres hatte der Landeshauptmann höchstselbst versichert, dass die italienische Verfassung ob ihres Verweises auf die nationale Einheit undemokratisch sei. Anstatt wenigstens den Wunsch zu deponieren, derartige Passagen im Rahmen der Reform aus dem italienischen Grundgesetz zu streichen, macht sich die SVP mitschuldig an der weiteren Steigerung zentralistischer Macht.

Siehe auch: 01 02



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Comentârs

11 responses to “Erfüllungsgehilfen des Zentralismus.”

  1. G. P. avatar
    G. P.

    Welches auch nur entfernte Interesse ein Gebiet, das nach mehr Autonomie strebt, an dieser Reform haben kann, wird die SVP den SüdtirolerInnen erst noch erklären müssen. Mit an Sicherheit grenzender Wahscheinlichkeit wäre dies ein aussichtsloses Unterfangen.

    Mit den Südtiroler Medien im Schlepptau ist das alles andere als ein aussichtsloses Unterfangen. Das klappt ganz bestimmt, wetten?

  2. niwo avatar
    niwo

    Diese SVP ist für Südtirol definitiv nicht mehr tragbar. Magnago und Co müssen sich angesichts dieser autonomiepolitischen Bankrottverwaltung im Grab umdrehen. Und da sprechen wir noch lange nicht von Unabhängigkeit, sondern lediglich von Autonomie. Schlimm genug’ dass die SVP über keinen Plan B verfügt, diese Partei verfügt nicht mal ansatzweise über einen Plan A.

  3. Jonny avatar
    Jonny

    Man kann es den SVP-Parlamentariern doch nicht übel nehmen, für einen “Freund” unserer Autonomie zu stimmen! Und ich wage sogar zu behaupten, dass sie in gutem Glauben handeln! Obwohl dann wäre das mit IQ 90 schon sehr hochgegriffen.
    Aber wenn wir, das Volk, die “Neue Südtiroler Autonomie” so gut schreiben, dass der Staat gar keine Möglichkeiten mehr hat einzugreifen? Wäre das möglich? Und wenn ja, was müsste man, oder besser, was könnten wir, das Volk in diesem Südtirolkonvent dafür tun?

  4. Jonny avatar
    Jonny

    Oh Scheisse, ich habe mich getäuscht!! Das ist alles genauso gewollt von der SVP! Solange man das Autonomiestatut nicht ändert, greift die Verfassungsreform nicht! Gibt es für die SVP eine bessere Begründung, um alles so zu lassen wie es ist?

  5. Thomas Benedikter avatar

    Die SVP-Vertreter (die Position von SEL und PD kenne ich nicht) spielen ein seltsames Spiel: sie stimmen einer zentralistischen Reform zu, unter der Bedingung, dass Südtirol (und das Trentino) ausgespart bleiben. Solidarität unter Regionen kann man das nicht gerade nennen.
    Die Schutzklausel könnte natürlich bei einer Anpassung des Autonomiestatuts auch erneuert, abgeändert, sogar verstärkt werden. Das hängt auch vom Verhandlungsgeschick der Südtiroler Parlamentarier ab. Bedauerlich, dass eine demokratische Legitimation durch die Südtiroler Bevölkerung dabei von der SVP überhaupt nicht in Betracht gezogen wird, denn diese wird der sog. Südtirol-Konvent nach dem Design von Steger-Bizzo mit Sicherheit nicht liefern können.
    Jedenfalls eine interessante Analyse.

    1. bzler avatar
      bzler

      die Position von SEL und PD kenne ich nicht

      Der PD hat beispielsweise neulich, wie er Bressa & co nach Brixen geladen hatte, doch einiges an Engagement und Interesse gezeigt. Im Falle von “unserem” SEL und den Grünen vermute ich mittlerweile, dass das Thema mangels Interesse überhaupt nicht besetzt ist und keinerlei entsprechende Expertise vorhanden ist. Man mag es sympathisch finden, dass Herzblut-Politiker sich lieber weniger trockenen Themen widmen, aber die Abwesenheit einschlägiger juristischer Kompetenz wird für die Grünen ein echtes Problem.

  6. pérvasion avatar

    Will Zeller die SüdtirolerInnen wieder für dumm verkaufen? Er sagt, das Autonomiestatut könne gar nicht gegen den Willen Südtirols geändert werden, wodurch sichergestellt sei, dass es keine Verschlechterungen, sondern wennschon nur Verbesserungen geben könne. Das ist völlig unlogisch — denn dann hätte man nicht in die Verfassungsreform schreiben brauchen, dass diese für Südtirol bis zur Anpassung des Statuts nicht zur Anwendung kommt.

  7. algu d nei avatar
    algu d nei

    Die Betagtenfraktion der SVP gibt im Zusammenhang mit dem Konvent via Dolomiten die gute alte Losung “lei nit rogeln” aus.
    Die deutschen Oppositionsparteien applaudieren kurzsichtig, anstatt das Spiel zu durchschauen und vergeben so die Chance, mit dem Konvent politische Veränderung auch in ihrem Sinne voranzutreiben.
    Jene, die – quer durch Parteien und vermeintlich verfeindete Lager – nach wie vor für eine Demokratie der Eliten sind, wird’s freuen.

    1. Christian Mair avatar
      Christian Mair

      Stimme algu d nei (?) zu; der Südtiroler Frühling scheint sich wieder in den Herbst zu verabschieden; wir brauchen den Konvent um den Konflikt “Alt” gegen “Jung” und “Konformismus” versus “Pluralität” auszufechten; wo sind die Stellungnahmen von M5S, Grüne und Bürgerinitiativen?

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