Leserbeitrag von Schierhangl
Was lernt Europa aus dem Brexit? Die populistische Rechte hat im Wahlkampf wohl zu Recht auf eine zentralistisch-bürokratische Struktur hingewiesen. Die EU hat in den Krisen der letzten Jahre (Finanz-, Griechenland-, Flüchtlingskrise) aber nicht zu viel, sondern zu wenig gemeinsame Politik zustande gebracht. Durch Vetorechte und mangelnde politische Integration ist die EU darüberhinaus nicht legitimiert, diese Entscheidungen zu treffen. Und so waren die Nationalstaaten gezwungen, Lösungen anzubieten. Alleingänge sind aus dieser Perspektive nicht sinnvoll.
Die Demokratisierung der politischen Institutionen der europäischen Union ist eine Vorrausetzung, um Europa aus der Spirale von Ressentiment und Nationalismus zu befreien.
Der Brexit und der wiederentflammte österreichische Präsidentenwahlkampf haben viele Parallelen: Denkzettelpolitik, Emotionalisierung, fehlende Alternativen. Fragen Sie Boris Johnson, welche Rezepte für eine neue Politik Englands er parart hat: Keine. Und gerade deswegen hatte er zumindest den Anstand, sich nicht einer kommenden Parlamentswahl zu stellen. Glauben Sie, Hofer oder Strache sind anders?
Neben diesem institutionellen Rahmen ist aus der Sicht der politischen Mitte ein neuer Gesellschaftsvertrag auszuhandeln.
Tony Blairs Einführung des “new labour”-Prinzips wurde von der politischen Mitte (ja, auch die SVP ist eine ständige große Koalition, oder?) des Kontinents mit verschiedenen Ausprägungen des Wohlfahrtsstaats bereitwillig umgesetzt.
Der Sonderfall im Breitengrad Südtirols ist vielleicht die Nichtumsetzung des Leistungsprinzips, welches andernorts gerade durch die Sozialdemokratie durchgesetzt wurde.
Man hatte unendliches Vertauen und großen Optimismus in den Markt ohne jegliche staatliche Eingiffe. Auch darin sieht man die paradoxe Einschätzung der populistischen Rechten, denn nicht zuviel, sondern zuwenig politischer Einfluss auf die Finanzmärkte hat diese Situation verursacht. So wie der Klimawandel mittlerweile Realität ist, ist auch die Umverteilung der Vermögen Fakt.
Diese kennt nur eine Richtung: von unten nach oben. (Elefantendiagramm!).
Welches ökonomische Modell übernimmt die Mitte angesicht solcher Tatsachen?
Der Neoliberalismus nützt die von ihm selbst geschaffenen Probleme zur weiteren Durchsetzung seiner Forderungen.
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