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Das ethnisch-nationale Vetorecht.

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Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) suggeriert in Zusammenhang mit dem Ergebnis des Südtirolkonvents, dass er nach dem Prinzip der »doppelten Mehrheit« vorgehen wird. Sprich: Ein Vorschlag hat dann Bestand, wenn er die Gesamtmehrheit und noch einmal in jeder Sprachgruppe die Mehrheit erlangt hat. Für ein Gremium wie den K33, der nicht nach dem Mehrheit-Minderheit-Prinzip hätte arbeiten sollen, ist diese Haltung per se schon sonderbar. Nirgends wurde im Vorfeld festgeschrieben, dass eine Mehrheit — schon gar keine »doppelte« — nötig sein würde, um Ideen voranzubringen.

Davon abgesehen halte ich dieses Prinzip der doppelten Mehrheit für ein bedenkliches und ein potentiell gefährliches, denn bei einem Italieneranteil von 26% kommt dies einem Vetorecht gleich, das — theoretisch — rund 13% der SüdtirolerInnen gegen die restlichen 87% ausspielen können. Noch schlimmer: Dieses Vetorecht ist »ethnisch« unausgewogen, da die Stimme einer bzw. eines Italienischsprachigen über zweieinhalb mal mehr wert ist, als die Stimme einer bzw. eines Deutschsprachigen.

Für die LadinerInnen, die sowohl auf Staats-, als auch auf Landesebene eine sprachlich-kulturelle Minderheit sind, wurde ein solches Vetorecht vielsagenderweise nicht ins Auge gefasst — sondern vordergründig für jene Sprachgemeinschaft, die Teil der »nationalen Mehrheit« ist, die in Rom schalten und walten kann, wie sie will. Dort gibt es kein Vetorecht für die Mehrheit der Deutschsprachigen, ja nicht einmal ein Vetorecht für eine etwaige gemeinsame Mehrheit der nationalen Minderheiten.

Ausgleich und Dialog zwischen den Sprachgruppen in Südtirol sind wichtig, über entsprechende Mechanismen soll und darf man diskutieren. Ein asymmetrisches Vetorecht zu Lasten der Sprachminderheiten, wie es sich nun abzeichnet, ist jedoch meiner Meinung nach absurd.

Siehe auch: 01 02



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Comentârs

6 responses to “Das ethnisch-nationale Vetorecht.”

  1. pérvasion avatar

    Als ob man den LadinerInnen, die schon auf Landesebene wenig zu sagen haben, mitteilen würde: Macht uns Vorschläge darüber, wie ihr euch eure Selbstverwaltung vorstellt. Aber erstens werden wir dann selbst entscheiden, was wir euch gewähren und zweitens hat die deutschsprachige (respektive die italienischsprachige) Community in Ladinien ein Vetorecht.

  2. TirolaBua avatar
    TirolaBua

    Toll, so kann man jeden Selbstbestimmungsvorschlag direkt versenken.
    In einem neuen Südtirol kann der geschätzte Herr LH froh sein, wenn er irgendwo noch als Hausmeister arbeiten darf.

    1. pérvasion avatar

      Hä? Wieso?

      1. TirolaBua avatar
        TirolaBua

        Weil viele, hauptsächlich die konservativen Volltrottel, erkennen, dass sie von vorne bis hinten verarscht wurden und er dann zm Teufel gejagt wird.

  3. pérvasion avatar

    Der K33 hat sich mehrere Sitzungen lang mit der Arbeitweise befasst. Wurde jemals — zum Beispiel von einer/m ItalienerIn — das doppelte Mehrheitsprinzip gefordert?

  4. Thomas Benedikter avatar

    Das im Landesgesetz 3 vom 23.4.2015 für den Konvent vorgeschriebene “Konsensprinzip” war keine glückliche Wahl, denn es schwächt von vornherein die freie Entscheidung und Mehrheitsbildung dieses Gremiums. Der Konvent hätte wie Verfassunggebende Versammlungen nach parlamentarischer Methode arbeiten sollen, also auch Abstimmungen und Mehrheiten, vielleicht auch qualifizierte Mehrheiten. Minderheitenberichte gehören auch dazu. In Friauler Konvent ist dies so gehandhabt worden. Ein Vetorecht einzelner Sprachgruppen bzw. eine doppelte Mehrheit hätte die Arbeit wiederum erschwert und kann auch nicht im Nachhinein auferlegt werden. Auch im Landtag gibt es keine doppelte Mehrheit und Vetorechte, nur in wenigen Ausnahmefällen. Bei Volksabstimmungen hingegen könnte eine doppelte Mehrheit Sinn machen.

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