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Grüne beschwören kalten Wind aus Rom.
Autonomieausbau

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ai

Die autonomiepatriotischen Grünen haben am Mittwoch im Regionalrat gegen den Autonomieausbau — bzw. zwei Verfassungsgesetzentwürfe zu diesem Thema — gestimmt.

Dass dies autonomiefeindlich sei, wie SVP-Sekretär Stefan Premstaller behauptet, weist der Vorsitzende der Südtiroler Grünen, Felix von Wohlgemuth, in einer Stellungnahme auf Facebook zurück. Die Gegenstimmen im Regionalrat begründet er vielmehr damit, dass bis heute verfassungsrechtliche Garantien fehlten, dass das Autonomiestatut vom Parlament nur im Einvernehmen mit der Region und den autonomen Ländern abgeändert werden kann.

Ein Vetorecht der Länder bezeichnet er als »unabdingbare Voraussetzung, um verantwortungsbewusst und ohne Risiko Anpassungen sowie Modernisierungen am Autonomiestatut vorzunehmen«.

Bei den »aktuellen unsicheren Mehrheitsverhältnissen« in Rom könne die Forderung nach weitreichenden Änderungen am Statut »zu einem bösen Eigentor führen«, so von Wohlgemuth. Er gibt zu bedenken, dass das Parlament substantielle Änderungen am Vorschlag der SVP vornehmen oder »im Zuge der Diskussion und Abstimmung autonomiefeindliche Passagen in das zu erlassende Verfassungsgesetz Einzug finden« könnten.

Ferner argumentiert der Grünen-Chef, dass die zur Abstimmung gebrachten Vorlagen eine Übergehung des Südtirolkonvents seien.

Bislang war der sogenannte kalte Wind aus Rom ein Markenzeichen der SVP, das ihr von der Opposition häufig als opportunistische Angstmacherei ausgelegt wurde. Nun sind aber plätzlich auch die Grünen der Auffassung, dass der Zentralstaat kein verlässlicher Verhandlungspartner sei, weshalb — bis zum Erlass eines Vetorechts — auf den Autonomieausbau zu verzichten sei.

Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass der nationalstaatliche Rahmen, der uns zudem als Umsetzung der sogenannten inneren Selbstbestimmung verkauft wird, ungeeignet ist, Südtirol zukunftsfit zu machen. Unsere Konsequenz daraus ist, dass wir diesen unsicheren Rahmen besser heute als morgen verlassen sollten — denn auch ein Vetorecht kann nur eine Handbremse gegen feindselige Eingriffe, aber keine Garantie für ein loyales Verhältnis und eine auch nur einigermaßen positive, selbstbestimmte und transparente Entwicklung der Autonomie sein.

Dass nun auch die Grünen die Gefahren sehen, bestärkt mich in der Ansicht, dass unsere Auffassung kein Hirngespinst ist. Natürlich können wir noch Jahrzehnte in Regungslosigkeit verharren, bis Rom endlich einer Schutzklausel zustimmt — für mich ist das allerdings keine auch nur ansatzweise befriedigende Option.

Warum der Zentralstaat übrigens nicht auch die Umsetzung der Forderungen aus dem Südtirolkonvent nutzen sollte, um »autonomiefeindliche Passagen« einzubauen, erschließt sich mir nicht.

Siehe auch: 01 02 03 04 05 06



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Comentârs

4 responses to “Grüne beschwören kalten Wind aus Rom.
Autonomieausbau

  1. artim avatar
    artim

    Eine Frage der Kohärenz.
    Ohne Wille, Besseres anzunehmen hätten wir seit dem Pariser Friedenssvertrag keine völkerrechtlich anerkannte ‘Province of BZ’ mit Schutzbestimmungen und innerer Selbstbestimmung. Und das war 1946. Es war maßgeblich nicht Zeit, sich lang damit zu beschäftigen. Aber nach 75 Jahren?
    Selbst diese wenigen Bestimmungen harren noch heute der völligen Umsetzung und Implementierung.
    Bin mal auf eine Antwort jenseits der gesinnungspolitischen Rhetorik gespannt. Immerhin ist der Ko-Vorsitzende der Provinz-Grünen maßgeblich auch noch gelehrter Jurist.
    Ich frage für einen Freund. Wäre es nach über 100 Jahren Zwangsannektion, der inneren Kolonisation, der überlebten Terror- und Gewaltherrschaft, der Konfrontation …, — von völkerrechtlichen, innerstaatlichen it. Bestimmungen mit Bozner Provinzbezug bzw. mit Bezug auf die dt./lad.Minderheit in der Nachbarprovinz ausgehend — nicht an der Zeit, diese gemeinsam im europäischen Geist auszugestalten und völkerrechtlich zu implementieren?
    Das Ergebnis nebst Überarbeitungen des Südtirol-Konvents wären, wenn ich es richtig verstehe, schon mal eine Anknüpfungsmöglichkeit.

  2. Domprobst avatar
    Domprobst

    Bei aller Toleranz für jede politische Ausrichtung einer Partei, frage ich mich wofür die Grünen in Südtirol überhaupt stehen? Und, wenngleich überspitzt, frage ich nach deren Daseinsberechtigung.
    Partnerschaften mit den verdi (und ihren unsäglich vielen Listenzeichen) sind meines Wissens kaum vorhanden, auch weil die verdi in Italien nahezu von der Bildfläche verschwunden sind. Schnittmengen und/oder Partnerschaften mit den österreichischen oder gar deutschen Grünen dürften ebenfalls Mangelware sein.
    Die Grünen in Südtirol sind ein Erbe Alexander Langers und sie zehren nach wie vor von seinem Charisma. An der Umsetzung konkreter Ideen bzw. politischer Vorhaben jedoch können die Südtiroler Grünen wahrlich nicht gemessen werden, da sie nahezu nichts vorzuweisen haben. Laut ihnen liegt die Schuld hierfür in der Obstruktionspolitik der SVP, aber wer selbst nichts schafft und dafür immer anderen die Schuld gibt, ist in meinen Augen nicht glaubwürdig.
    Ich sehe somit nur Sesselkleber, die mit der allgemeinen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Sammelpartei ihr “Geschäft” machen, dabei v.a. Lehrer zu ihrem Wählerpotential zählen, wobei bei diesen der Frustfaktor erwiesenermaßen hoch ist. Und dabei meine ich nicht nur die politischen Beweggründe.
    In punkto Autonomie und/oder Loslösung vom italienischen Zentralstaat darf somit derjenige, der diese Ideen teilt, nahezu gar nicht auf die Hilfe oder den Beistand der Fraktion der Grünen hoffen, da diese – wie gesagt – eine andere Klientel bedienen.

    1. artim avatar
      artim

      Hr. Dompropst, die heutigen BZ-Grünen, so sehr sie meinen, sich durch Akkultulturation … anderen andienen zu müssen, indem sie sich sogar von dem, was gut war, dem “Südtirol, amore mio” und Boatos und Langers “Südtirolo” distanziert haben, haben sich gleichzeitig — man staune — von den Verdi Italiens unabhängig gemacht und dies von den europäischen Grünen ausdrücklich anerkennen lassen. Denn anders als hier, sind Grüne selbstverständlich für Selbstbestimmung und Eigenständigkeit und bestimmt nicht Mittäter-inner von (Salon)faschisten.
      Wie gesagt, es ist und bleibt eine Frage der Köhärenz. Das meinte im Diskurs mit der Südtiroler Hochschülerschaft in Wien und Linker im Übrigen schon damals Bruno Kreisky.
      Was bei machtpolitischen Eigeninteressen der BZ-Grünen gut geht, sollte wohl auch für das Gemeinwesen und Wohl im Land im Gebirge billig sein. Möchte man meinen.

    2. Domprobst avatar
      Domprobst

      Ich verstehe die Argumente von @artim nicht vollends, aber egal.
      Es geht wirklich darum von den Grünen in Südtirol, die einigermaßen fleißig auf diesem Blog posten (v. Wohlgemuth, Foppa…) zu erfahren wie sie den Schutz der deutschen/ladinischen Minderheit in Italien durchsetzen möchten und wie ihre Position auf eine mögliche Abspaltung vom italienischen Staat lautet. Man sollte auch erfahren was Ihre Visionen für Südtirol für die nächsten Jahrzehnte sind.
      Ich finde diesbezüglich nichts auf der jeweiligen Homepage (https://www.verdi.bz.it/unsere-vision/ und https://www.verdi.bz.it/werte/), sondern nur allgemeines Blabla wie “Minderheiten haben in Mehrheitsdemokratien ein Recht auf besonderen Schutz”.
      Die Einladung soll auch an @BBD gerichtet sein, denn mit “linksgrün(versifft)” soll mit Sicherheit etwas ausgedrückt werden; mir ist nur nicht klar was. Denn “versifft” bedeutet eigentlich verschmutzt und ich finde das Attribut nicht wirklich treffend für die Arbeit von BBD.

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