Am 6. Mai hätte im Rahmen des Festivals Tanz Bozen Wim Wenders’ 3D-Film über die 2009 verstorbene Choreografin Pina Bausch »italienweit« zum ersten Mal gezeigt werden sollen. Dies wurde — wie die Veranstalter der Presse mitteilten — verhindert, weshalb die Vorführung kurzfristig abgesagt werden musste: Trotz gültiger Verträge hat der italienische Filmverleiher BIM erreicht, dass die deutsche Fassung des Films nicht vor der italienischen gezeigt werden darf. Das ist kein Einzelfall, sondern entspricht einem bekannten Muster.
Obwohl immer wieder beteuert wird, dass die Grenze nicht mehr existiert, zeigt sich hiermit erneut, wie konkret sich ihre Existenz nach wie vor auf unseren Alltag auswirkt. In Deutschland, Österreich oder Frankreich wird der Film bereits vorgeführt.
Auch die Kulturtreibenden werden einmal mehr von der Realität eingeholt: In Italien sind im Zweifelsfall die Vorherrschaft der italienischen Sprache und der Zentralismus wichtiger, als Gesetz und Minderheitenrechte. Und das wird selbstverständlich auch gegenüber dem Ausland durchgesetzt. Für Südtirol gelten — eigentlich — spezielle Ausnahmeregelungen auf diesem Gebiet.
Über den Vorfall zeigten sich die Verantwortlichen des Cineplexx und Manfred Schweigkofler, Direktor des Stadttheaters, »schockiert«.
Zum Vergleich: Andernorts werden Kinofilme in Minderheitensprachen entschieden gefördert statt behindert.
6 replies on “»Pina« abgesagt.”
Auch dem Festival wurde durch diesen Vorfall ein Imageschaden zugefügt. Cineplexx und Stadttheater behalten sich ausdrücklich gerichtliche Schritte vor. Ich hoffe stark, dass sie davor nicht zurückschrecken; andernfalls riskieren wir, dass deutsche Filme in vorauseilendem Gehorsam überhaupt nicht mehr vor der Italienpremiere gezeigt werden — und die findet manchmal erst sehr viel später statt, als im deutschsprachigen Raum. Außerdem werden sich ausländische Verleihe womöglich davor hüten, die Rechte für Südtirol zu kaufen, wodurch die Beschaffung einer deutschen Kopie für Südtirol überhaupt schwieriger werden könnte. Es ist wirklich traurig, auf welchem Niveau wir herumdümpeln und um welch selbstverständliche Rechte wir tagtäglich kämpfen müssen.
“Pina” konnte ich schon außerhalb Südtirols sehen. Sehr sehenswert!
Die Interview-Sequenzen sind nicht unbedingt sehr lang, der Großteil des Filmes besteht wirklich vor allem aus den Tanztheater-Einlagen. Eine potentielle “italienische” Fassung würde sich also dem Original gegenüber nur in den wenigen gezeigten Untertiteln unterscheiden, die in Bozen präsentierte Fassung deswegen auch für des Deutschen nicht mächtige Zuschauer interessant sein. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass alle tanzbegeisterten Kinofans aus Italien nach Bozen pilgern würden. Diese “wirtschaftlichen” Interessen sind daher in meinen Augen eine vorgeschobene Sache. Eher geht es hier wohl um das Prestige, wer die Italienpremiere ausrichten darf.
Irgendwie bin ich schon so an diese Schildbürgerstreiche gewöhnt, dass ich mir schon etwas ähnliches erwartet hatte. Soweit ich mich erinnern kann, gab es nämlich ähnliche Fälle bereits früher, z.B. bei Mel Gibsons “Passion Christi” oder bei “Titanic” glaube ich.
Das Recht des Stärkeren hat schon wieder gesiegt. Wir dürfen uns aber NIEMALS daran gewöhnen, NIEMALS aufhören, uns zu empören über die UNGERECHTIGKEIT!
bei den nächsten Landtagswahlen werden Herr und Frau Südtiroler der SVP einen groben Strich durch die Rechnung machen.
Macht weiter so in Rom, denn so kommen wir der Selbstbestimmung immer ein Stückchen näher…
Interesting:
Quelle: Südtirol Online.
Hm, etwa ebenfalls eine Auswirkung der angeblich nicht mehr existierenden Grenze? *grübel*