Vor knapp einem Jahr ist der Klimaplan Südtirol 2040 offiziell vorgestellt worden. Viele der 157 Maßnahmen sind in Gang gesetzt, aber ob die Treibhausgasemissionen aus Südtirol abgenommen haben, weiß man nicht.
Zum einen, weil nicht alle 1-2 Jahre eine vollständige aktuelle Treibhausgasbilanz geliefert wird; zum anderen weil zahllose öffentliche Maßnahmen in die Gegenrichtung gehen. Der Klimaschutz scheint noch kein »transversaler Imperativ fürs politische Handeln« im Land geworden zu sein. Doch das anspruchsvolle Ziel, in 15,5 Jahren klimaneutral zu werden, lässt sich nur mit einem konsequenten Programm erreichen.
Zwei Bereiche bleiben von wirksamen CO2-Reduktionsbemühungen so gut wie ausgeschlossen, nämlich die Landwirtschaft und der Tourismus. In der Landwirtschaft sind die Emissionen vor allem der Vieh- und Milchwirtschaft zuzurechnen. Wenn die Tierhaltung von aktuell rund 120.000 Großvieheinheiten (GVE) und der Einsatz von Düngemitteln nicht reduziert werden, bleibt es im Großen und Ganzen beim heutigen Stand an Methan- und Lachgasemissionen. Das heißt, dass 17% von Südtirols THG-Emissionen unbearbeitet bleiben.
Der Tourismus ist jener Sektor, wo im Plan am wenigsten echte CO2-Reduktionsmaßnahmen erkennbar sind (Klimaplan S. 58). Zwar gibt es Bemühungen, mehr erneuerbare Energie in Hotellerie und Aufstiegsanlagen einzusetzen und die gute Absicht, den per Bahn anreisenden Gästeanteil zu erhöhen. Doch nirgendwo finden sich verpflichtende Maßnahmen. Zudem werden Energieeinsparungen durch weiter steigende Ankünfte, Nächtigungen und interner Mobilität der Touristen wieder aufgehoben. Rechnet man die mit der Anreise von 8,4 Millionen Touristen (Ankünfte 2023) erzeugten CO2-Emissionen dazu, könnte der Tourismus mindestens ein Fünftel aller Emissionen aus Südtirol verursachen. Wenn die touristische Inwertsetzung Südtirols nicht sinkt, bleibt es dabei. Oder hat irgendjemand bemerkt, dass die IDM weniger Steuermillionen für die Tourismuswerbung erhält?
Nicht wirklich durchgerechnet ist auch der Entwicklungsverlauf der CO2-Emissionen im Verkehr. Der Mobilitätsplan geht davon aus, das alle zirkulierenden Fahrzeuge bis 2040 dekarbonisiert werden. Völlig unrealistisch, zumal noch bis 2035 Verbrenner sowohl bei den Pkws wie bei Lkws zugelassen werden. Der Mobilitätsplan 2035 geht interessanterweise davon aus, dass der gesamte Transitverkehr auf der A22 bis 2040 um nur 10% abnimmt, aber bis 2037 komplett mit Wasserstoff- und Elektroantrieb erfolgt. Völlig unwahrscheinlich. Wenn man es nicht schafft, das Volumen des Güterverkehrs in Tonnen und Fahrzeugen zu senken, wird nichts aus der Klimaneutralität beim Verkehr bis 2040, der heute alleine 44% der CO2-Emissionen Südtirols verursacht.
Schließlich der wichtige Block der Heizenergie, die zu 27% zu den Emissionen beiträgt. Der Verbrauch von Öl und Gas fürs Heizen soll bis 2037 um 85% sinken, also jährlich um 6,5%. Ist das zu schaffen, wenn heute noch Gasheizungen eingebaut, Gasleitungen verlegt und jede Menge Gas in Fernheizwerken verheizt wird? Man muss nur 1 und 1 zusammenzählen: die Rechnung geht nicht auf. Große Brocken der hausgemachten Klimabelastung werden vom Plan nicht hinreichend bearbeitet.
Der geltende Klimaplan 2040 mit seinen 157 Maßnahmen ist Orientierungsrahmen und Leitschiene zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft. Doch wichtige Maßnahmen sind in ihrer Wirkung nicht durchgerechnet, zentrale Sektorenziele scheinen eher Wunschdenken zu entspringen. Seriöse Klimaplanung sieht in anderen Regionen anders aus. Hier ein Beispiel aus der Schweiz. Dort werden die international und national verankerten Reduktionsziele für 2030 und 2050 gesetzlich verankert, oft auch sektoral; werden zeitlich terminierte Maßnahmenprogramme verabschiedet, Wirkungsanalysen vorgelegt, Berichts- und Anpassungspflichten vorgesehen. Das fehlt bei uns: die Klimaziele sind nicht gesetzlich fixiert, der Entwicklungspfad dorthion nicht durchgerechnet, die gelisteten Maßnahmen halbherzig.
In Südtirol gibt es heute noch zu viele Akteure, die den Klimaplan 2040 und den Klimaschutz an sich nicht wirklich ernst nehmen. Überall gilt noch die Devise: »Do geaht nou a bissl«. Wie könnte man sonst noch erlauben, zusätzliche 600 Betten in Kurzras dazuzubauen? Wie soll es klappen, den motorisierten Verkehr einzudämmen, wenn weiterhin massiv in Straßen investiert wird und die Landesregierung nicht auch aus Klimaschutzgründen darauf beharrt, den Transit-Schwerlastverkehr zu senken? Wenn der Klimaschutz nicht gesetzlich auf Staats- und Landesebene verankert wird, wird er weiterhin zu wenig ernst genommen.
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