Vor wenigen Tagen berichteten mehrere deutsche Medien — etwa die Frankfurter Rundschau — über eine angebliche »Überraschung« bei der laufenden Fußball-EM: Eine Spielerin der finnischen Mannschaft habe die Hymne ihres Landes in einer »anderen« Sprache gesungen.
Auf die Berichterstattung hat mich ein Leser hingewiesen.
Demnach habe die finnische Kapitänin Linda Sällström, die aus dem zweisprachigen Vanda stammt, vor dem Spiel gegen Island »plötzlich« auf Schwedisch gesungen — dabei handle es sich um eine »ungewöhnliche Kuriosität«.
Doch das sei »kein peinlicher Fehler« gewesen, sondern »standardmäßige Praxis«.
Nun, eine Kuriosität ist die Mehrsprachigkeit einer Hymne hauptsächlich für Bewohnerinnen und Medien einsprachiger Nationalstaaten. Auch in anderen Ländern, die bei der EM vertreten sind, sind mehrere Textversionen in unterschiedlichen Sprachen etabliert. Die belgische Hymne hat nicht nur offizielle einsprachige Texte auf Niederländisch, Französisch und Deutsch, sondern zusätzlich auch einen dreisprachigen. Die Landeshymne des Gastgeberlandes Schweiz gibt es natürlich auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Klassische Nationalstaaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien, die noch immer die Fiktion ihrer Einsprachigkeit aufrecht erhalten wollen, obwohl sie ebenfalls multilingual wären, haben in der Regel nur einsprachige Hymnen. Wobei zu sagen ist, dass die Südtirol betreffende, blutrünstige italienische Hymne auch dann nicht wirklich besser wäre, wenn man sie etwa auf Deutsch und Ladinisch singen könnte.
Die Hymnen des Kaisertums Österreich (bis 1918), deren Melodie auf Joseph Haydn zurückgeht, gab es in sämtlichen Amtssprachen des Vielvölkerstaats: insgesamt mindestens elf.
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