Das Land veröffentlicht in der Regel (mindestens) einmal im Jahr ein aktualisiertes Verzeichnis, das die wichtigsten mit Bauarbeiten in Verbindung stehenden Leistungen sowie die jeweiligen Richtpreise dafür enthält. Obwohl es hauptsächlich für öffentliche Bauvorhaben gedacht ist, wird es sehr häufig — standardmäßig — auch für private Arbeiten herangezogen.
Mit dem Richtpreisverzeichnis (RPV) für das Jahr 2024 wurden mehrere Neuerungen eingeführt, die in dessen Einleitung — in inzwischen gewohnt holprigem Deutsch — beschrieben sind. Ein Indiz, welches hier die Ausgangssprache war, gibt vielleicht die oben rechts sichtbare, für das Land eigentlich unübliche Reihung der Sprachen (bzw. der Flaggen, die für die zwei großen Landessprachen stehen):
Offizielle Website (Ausschnitt)
Eine ladinische Sprachversion der Richtpreisverzeichnisse gibt es nicht. Auch Gemeinden und andere Körperschaften Ladiniens sind also nahezu gezwungen, ihre Ausschreibungen auf Deutsch und/oder Italienisch zu machen.
Mit dem Verzeichnis von 2024 wurde nach Jahrzehnten die im deutschen Sprachraum übliche, sinnvolle Unterscheidung zwischen — grob gesagt — oberirdischen Hochbauarbeiten und unterirdischen Tiefbauarbeiten (Infrastrukturen etc.) beendet und die beiden Kapitel miteinander fusioniert. Damit wurde die wohl wichtigste Besonderheit des Südtiroler Richtpreisverzeichnisses im Vergleich mit denen des Trentino und der italienischen Regionen einfach abgeschafft — einer von vielen kleinen nicht nur sprachlichen Schritten in Richtung Homogenisierung mit dem restlichen Staatsgebiet, die inzwischen auf so vielen Ebenen und in vielen unbedeutend scheinenden Bereichen gesetzt werden.
Eine weitere Änderung, die 2024 vorgenommen wurde und seitdem gilt, ist die Einführung eines Präfixes, das jeder einzelnen sogenannten Positionsnummer vorangestellt wird. Es beinhaltet die Information darüber, welchem Richtpreisverzeichnis die Position entnommen wurde.
Der Code, mit dem die Beschreibung einer jeden Leistung versehen ist, wird hierbei um eine Komponente ergänzt, die für Ort (Südtirol) und Jahr (z.B. 2024) steht.
Das sieht dann zum Beispiel so aus:
Online-RPV-Applikation (Ausschnitt)
Erstaunlich ist, mit welcher Selbstverständlichkeit in der Einleitung (s. oben) ungeniert beschrieben wird, dass »BOL« für Südtirol stehen soll:
Es wurde ein Präfix BOL24_, eingeführt der [sic] darauf hinweist, dass die Position aus dem Richtpreisverzeichnis 2024 (24) der Provinz Bozen stammt (BOL).
Einleitung Richtpreisverzeichnis 2024 (Auszug)
Für das Land Südtirol bzw. die »Autonome Provinz Bozen – Südtirol« wurde also das Kürzel »BOL« gewählt, das zwar im Italienischen (für Bolzano), aber in keiner der beiden Minderheitensprachen (für Bozen bzw. Bulsan/Balsan) funktioniert. Sowohl BOZ als auch BZN hätten zumindest für Deutsch und Italienisch gepasst. Das gewählte BOL ist hingegen, als hätte man als Landeskürzel für das Kfz-Kennzeichen nicht BZ, sondern BL gewählt.
In einem mehrsprachigen Land, wo Deutsch und Italienisch gleichberechtigt sind, sollte so etwas eigentlich ein No-Go sein und wäre es noch bis vor wenigen Jahren vermutlich auch gewesen.
Dazu passt aber, dass es auch in der neuen Online-App zur Einsicht in das RPV an allen Ecken und Enden mit der deutschen Sprache hapert. Zwei Beispiele:
Online-RPV-Applikation (Ausschnitt) – Hervorhebung von mir
Online-RPV-Applikation (Ausschnitt)
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