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Handelsordnung ausgehebelt.

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ai

Das römische Verfassungsgericht hat am 11. März beschlossen, zwei Kernpunkte der Südtiroler Handelsordnung außer Kraft zu setzen: Sowohl die Einschränkung der Ladenöffnungszeiten, als auch die restriktive Regelung des Detailhandels in Gewerbegebieten seien verfassungswidrig, da das Wettbewerbsrecht in die Zuständigkeit des Zentralstaates falle.

Der (nicht) zuständige Landesrat Thomas Widmann (SVP) spricht von einer Fehlentscheidung und legt nahe, dass es sich um ein politisches Urteil handelt. Zumindest der Detailhandel in Gewerbegebieten falle in den Bereich der Raumordnung, so der Landesrat — und diese sei Zuständigkeit des Landes. Dass das zwar laut Autonomiestatut (Art. 5, Zuständigkeit für Raumordnung und Bauleitpläne) so wäre, in der Praxis jedoch Wunschdenken ist, beweist ein Urteil vom Mai 2012, mit dem das Verfassungsgericht schon einmal Teile der Südtiroler Raumordnung außer Kraft gesetzt hatte. Wo irgendwie möglich, hat dieses Gericht immer schon sämtliche Landeszuständigkeiten restriktiv und zentralistisch ausgelegt.

Widmann äußert in seiner Pressemitteilung die Hoffnung, es möge in Rom schon bald eine neue Regierung an der Macht sein, die »die Autonomie und damit auch unsere Zuständigkeit für die Raumordnung respektiert«. Mal davon abgesehen, dass derzeit eine Regierungsbildung in Rom in weiter Ferne liegt, verschweigt der Landesrat wohl bewusst, dass keine Regierung eine Zuständigkeit »respektieren« kann, die es laut Verfassungsgericht nicht gibt. Wennschon müsste es folglich um eine Wiederherstellung gehen, die dann jedoch einer Verfassungsänderung und/oder einer Änderung des Autonomiestatuts bedarf. Dafür wäre in Rom jedoch eine derzeit undenkbare Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Eher als auf die Wiederherstellung bezieht sich Widmann somit auf den Inhalt des Abkommens zwischen PD und SVP: Darin enthalten ist nicht die Kompetenz unseres Landes auf diesem Gebiet, sondern lediglich, dass der Zentralstaat unter Wahrnehmung seiner eigenen Kompetenz Sonderregeln für Südtirol erlässt — die dann eine andere Regierung jederzeit wieder zurücknehmen oder abändern könnte. Eine Zuständigkeit ist das nicht.

Übrigens: Einmal mehr hat das Land Südtirol, die sogenannte Vorzeigeautonomie, weniger Zuständigkeiten als ein normales deutsches Bundesland. Die regeln nämlich den Ladenschluss selbst.

Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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Comentârs

10 responses to “Handelsordnung ausgehebelt.”

  1. pérvasion avatar

    Im Vorfeld wurde Widmann folgendermaßen zitiert:

    Besonders im Hinblick auf den Einzelhandel in den Gewerbegebieten will Landesrat Widmann mit allen Mitteln die Südtiroler Regelung verteidigen: “Die Urbanistik ist unsere Zuständigkeit. Fällt dieser Passus vor dem Verfassungsgericht, kommt das wieder einem Verbot Roms gleich, unser Land zu gestalten. Wir haben die Autonomie, um selbst zu entscheiden, wie wir unseren Handel regeln. Damit verknüpft sind ja auch andere Bereiche und mit unseren Normen im Handel schaffen wir es unter anderem auch, verkehrstechnische Probleme zu lösen und unsere Ortszentren so zu gestalten, wie es unseren Bedürfnissen entspricht.”

    Widmann weist auch darauf hin, dass die neue Handelsordnung europäischen Normen entspreche: “Wir haben ein Gesetz verabschiedet, das im Einklang mit den Grundsätzen des EuGH steht und müssen jetzt unter Umständen zusehen, wie der italienische Verfassungsgerichtshof wegen der nicht vorhandenen Verhandlungsbereitschaft der Regierung dem Zentralismus-Trend Rechnung trägt. Dieses Vorgehen können wir nicht hinnehmen.”

    Nun steht also das »Verbot Roms […], unser Land zu gestalten«. Und was macht der Landesrat? Er hofft auf Rom. Doch zum Hoffen benötigen wir keinen Landesrat.

  2. Objektivität avatar
    Objektivität

    Also ich bin alles andere als für diese zentralistische Einmischung in unsere Angelegenheiten, aber zwecks Handelsordnung bin ich erfreut, dass das römische Verfassungsgericht unsere Regelung gekappt hat. Es ist die Zeit endlich gekommen wo Südtirol sich an andere Europäische Staaten anpassen und sich öffnen muss. Die Entschuldigung der SVP bzw. Landesregierung bzw. vom Handels- und Dienstleistungsverband, dass der Kleinhandel vor Ort verloren gehe, also die lieben Tante Emma Laden, finde ich absurd. Ich reise viel in Europa herum und wie schon vor kurzen in der Südtiroler Wirtschaftszeitung beschrieben, gibt es Länder wo der Handel komplett liberalisiert worden ist mit sogar 24 Stunden Öffnungszeiten – 7 Tage die Woche, und parallel gibt es Tante Emma Laden die trotzdem funktionieren…. Und das sehe ich selbst und erlebe es auch mit – ihr könnt es mir glauben. Dann frage ich mich doch: Sind wir Südtiroler Idioten?? Wollen wir kommunistische Regelungen beibehalten??. Herr Walter Amort wachen sie bitte auf!!!
    Und die Landesregierung hat Gott sei Dank keine Chance dagegen zu kämpfen, daß hat man schon bei der Abschaffung der Warentabellen gesehen. Hätte Südtirol hier die volle Kompetenz im Bereich Handel, dann wären wohl die Warentabellen noch in Kraft und vom Wort Einkaufszentrum wäre wohl keine Silbe verloren gegangen

    1. pérvasion avatar

      1. Es geht hier um eine Zuständigkeit und nicht um die Art, wie sie wahrgenommen/ausgefüllt wird. Denn wahrgenommen wird sie wennschon so, wie es die Parteien wünschen, die von der Mehrheit der Südtiroler gewählt werden. Das ist demokratisch.
      Denkt man deine Logik weiter, müsste man sich selbst über einen Diktator freuen, wenn er nur die uns persönlich genehmeren Entscheidungen fällt, als eine demokratisch gewählte Regierung.

      2. Südtirol hat nachweislich die beste Nahversorgung (Abdeckung mit Einzelhandelsgeschäften in den Dörfern) aller umliegenden Regionen, einschließlich Nordtirol und Graubünden.

      1. Objektivität avatar
        Objektivität

        @ pervasion:
        Unabhängig ob ich vom Thema abweiche, aber komischerweise, wieso gehen dann die Südtiroler nach Innsbruck oder Verona zum Einkaufen??????? Also etwas wird schon wahr sein, und nicht mit der Entschuldigung der besten Nahversorgung kommen, das zieht nicht mehr. Öffnen und anpassen!!! Es funktioniert auch parallel. In Tirol ist man vielleicht das Problem falsch angegangen, aber ich wiederhole in einigen anderen EU Ländern funktioniert beides. Und da nehme ich keine Entschuldigung an. Wir müssen auch von anderen was lernen wie andere auch von uns lernen müssen. Wir Südtiroler sind nun mal nicht perfekt wie es so manche glaubhaft machen wollen.

      2. jonny avatar
        jonny

        @Obiektivität
        Also nehmen wir mal an, dass hier bei uns die Geschäfte 7 Tage die Woche 24 Stunden geöffnet haben dürfen, ok? Wie funktioniert das dann mit den Arbeitszeiten- und stunden? Sollte ich dann für knapp 1.200 Euro Samstag Abend einen Nachtturnus einschieben? Einfach mal so, von 20 Uhr bis 4 Uhr morgens? Oder wie wird das in anderen EU-Ländern geregelt? 1 € Jobber vielleicht??

      3. hunter avatar
        hunter

        @ objektivität
        ich geb dir schon recht, dass das alles dann auch mit dem konsumverhalten der menschen zusammenhang. aber dennoch ist die situation verrückt. zunächst haben alle in meinem heimatdorf die billigdiskonter gestürmt und sind – weil es “hipp” war – in innsbruck ausgegangen und dann haben sie sich maßlos aufgeregt, als ein geschäft nach dem anderen und eine bar nach der anderen zusperrte. dann wurde auf einmal panisch probiert, die einrichtungen im dorf zu behalten. aber es war zu spät.

    2. hunter avatar
      hunter

      lebendige ortskerne wie in südtirol gibt es in nordtirol – mit ausnahme der hässlichen einkaufsmeilen in tourismushochburgen – schon längst nicht mehr. ich stamme aus einem ort, der nur 15 minuten von innsbruck entfernt liegt.

      restaurant: 1
      bank: 0
      post: 0
      tante-emma-laden: 1
      bioladen: 1
      bar/café: 1
      bäckerei: 0
      apotheke: 0
      bibliothek: 1
      arzt: 0
      friseur: 0
      eisenwarenhandlung: 0
      elektrogeschäft: 0
      kindermodengeschäft: 0
      blumengeschäft: 0
      sportgeschäft: 1

      mein jetziger heimatort feldthurns, der ähnlich groß ist:

      restaurant: 3
      bank: 2
      post: 1
      tante-emma-laden: 2
      bioladen: 1
      bar/café: 6
      bäckerei: 1
      apotheke: 1
      bibliothek: 1
      arzt: 1
      friseur: 1
      eisenwarenhandlung: 1
      elektrogeschäft: 1
      kindermodengeschäft: 1
      blumengeschäft: 1
      sportgeschäft: 0

  3. pérvasion avatar

    Interessant ist: Der nunmehrige Senator Karl Zeller hat immer wieder behauptet, das Verfassungsgericht tendiere stets stark in Richtung Zentralismus. Dass mit der Verfassungsreform von 2001 das »nationale Interesse« abgeschafft worden sei, habe das Gericht gar nie zur Kenntnis genommen — es habe es durch seine Rechtsprechung vielmehr noch untermauert. Und jetzt spricht auch Thomas Widmann davon, dass das Gericht im Dienst des Zentralismus’ steht.

    Wir spielen also gegen eine viel stärkere Mannschaft (den Staat), die auch noch den Schiedsrichter (das Verfassungsgericht) auf ihrer Seite hat. Und trotzdem sagt uns die SVP immer wieder, es handle sich um ein faires Spiel, bei dem wir gute Chancen hätten.

  4. Objektivität avatar
    Objektivität

    So und jetzt ist sie abgeschafft, unsere liebe kommunistische Handelsordnung. Ich möchte mich noch kurz zu einem Sektor der Liberalisierung konzentrieren, der in Südtirol noch zu wenig Fuß gefasst hat. Und zwar zu den Tankstellen. Genau bei diesem sensiblen Sektor, der von den horrenden Treibstoffpreisen besonders leidet, wird in Südtirol nichts oder nur sehr wenig unternommen. Erst kürzlich war ich in Italien unterwegs und habe gestaunt, dass auch hier jetzt Supermärkte Tankstellen besitzen und Treibstoff verkaufen, bis zu 20 Cent billiger als die konkurrierende Markenprodukte. Da kann man sich einiges ersparen. Hier in Südtirol wo ganz besonders der Treibstoff teuer ist, wird nicht viel getan. Es gibt nur einen einzigen freien Tankstellenanbieter und eine Supermarktankstelle gibt es schon gar nicht. Anstatt so viele kleine Tankstellen großer bekannte Konzerne zu besitzen die noch den unnötigen Tankwart besitzen, wäre es wohl intelligenter an solche Ansätze mehr zu denken. Ansonsten wird der Tankstellenansturm im Ausland noch stärker da zu Österreich 30-40 Cent Preisunterschied pro Liter Treibstoff auftreten. Die Nutzlose Subventionierungen der Grenzgemeinden hat meiner Meinung nach keinen Sinn da die Ansässigen sowieso die paar Meter ins EU Ausland Österreich fahren um zu tanken und sich den Bürokratischen Aufwand ersparen. Aber die Courage zum Streiken, dass haben unser lieben Tankstellenbetreiber, anstatt sie zufrieden wären wenn bei ihnen tankt. Und unsere Tankstellenvereinigung der Handelskammer unterstützt sie auch noch. So eine Schweinerei….

    1. hunter avatar
      hunter

      @objektivität
      kurzfristig gesehen magst du ja recht haben. und treffen tut es natürlich die falschen. aber wie gesagt. das ist sehr kurzsichtig und verantwortungslos gedacht.

      die diskussion muss vielmehr dahin gehen, dass wir das falsche in den tank schütten. und da bringen hohe preise eher den nötigen druck, dass dahingehend eine veränderung passiert. der saure apfel also, der uns (vielleicht) vor dem sturz über die klippe bewahrt.

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