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Vorsicht: Alpenregion!

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Der Präsident der Region Lombardei, Roberto Maroni (Lega), hat angekündigt, dass binnen eines Jahres die sogenannte Alpenregion als europäische Makroregion entstehen wird. Es sei ein Projekt, das endlich die nationalstaatlichen Grenzen überwinden und ein homogenes Gebiet zusammenführen werde, das sich aus 46 Regionen in sieben Ländern zusammensetze. Was auf den ersten Blick wie eine positive Entwicklung klingt, birgt jedoch auch jede Menge potentiellen Zündstoff: Top down und bottom up sind hier zwei wichtige Stichworte. Die EU hat bereits angekündigt, künftig verstärkt auf die Entstehung solcher Makroregionen zu setzen, von denen bislang schon zwei existieren, nämlich die Region Ostseeraum und die Region Donauraum. Bei einem Gespräch zwischen und der Nord-/Osttiroler Landeshauptmannstellvertreterin Felipe (Grüne) warnte diese davor, die Makroregionen als eine positive Entwicklung zu betrachten: Die Makroregion Donauraum etwa habe gezeigt, dass solche Gebilde von der EU top down gesteuert werden und die Subsidiarität zu kurz komme. Selbst Großstädte wie Wien hätten darin viel zu geringe Mitspracherechte.

Im Fall der Alpen kommt das Problem der zahlreichen Metropolen hinzu, die sich am Fuße der Gebirgskette befinden und meist diametral entgegengesetzte Interessen und Prioritäten haben: Sollten München, Mailand, Turin, Lyon, Stuttgart, ja sogar Marseille (und einige mehr) Teil der Makroregion Alpen werden, worauf alles hindeutet, könnte dies die Bevormundung weiter befördern. Schon aufgrund ihrer hohen Einwohnerinnenzahlen würde man den Städten — selbst in einem subsidiären Projekt — große Macht über die Alpen verleihen, auf deren wichtige Verkehrswege sie wohl mehr Appetit haben, als auf deren ökologisches, wirtschaftliches und soziales Wohlergehen. Es gilt also sehr vorsichtig zu sein, wenn es um die Einrichtung der neuen Alpenregion geht.



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Comentârs

10 responses to “Vorsicht: Alpenregion!”

  1. bzler avatar
    bzler

    Eine Makroregion ist nichts Böses, die der Alpen schon gar nicht.

    Wer aber so wie wir die Geschichte verpennt, nach innen zwischen Autonomisten und Freistaatlern verstritten ist, sich gegenüber Nachbarn und Partnern abschottet, und glaubt Zukunft könnte allein mit Rom bzw. Wien verhandelt werden, der riskiert halt den Blick für das große Ganze zu verlieren. Und so werden unsere schönen Alpen von den Leghisti machtpolitisch instrumentalisiert, anstatt, dass wir selber etwas draus machen würden. Erinnert mich an die Föderalisierung Italiens, die auch keiner mehr hören kann, weil sie damals den falschen Zauberern überlassen wurde. Wir (und nicht nur wir) brauchen Autonomie von Venedig, Turin, Mailand, München, Zürich, Wien vielleicht mehr als die von Rom.

    Die Makroregion der Alpen könnte sehr schön in das Konzept des Europas der Regionen passen, natürlich bottom up, aber wir spielen ja lieber in unserem Südtiroler Sandkasten.

    http://www.salto.bz/de/article/22102013/spielball-der-flachlandtiroler

    1. pérvasion avatar

      Und so werden unsere schönen Alpen von den Leghisti machtpolitisch instrumentalisiert, anstatt, dass wir selber etwas draus machen würden.

      Ähnlich wie mit der Selbstbestimmung, gelle? ;)

      1. bzler avatar
        bzler

        Selbstgestaltung bedarf nicht zwangsläufig staatlicher Eigenständigkeit. Oder so: Solange wir kein eigener Staat sind, muss uns ja nicht kümmern, wie die Hinterseite der Drei Zinnen verreckt, gelle ? Auf jeden Fall hat noch keiner die Europäische Makroregion der Alpen mit einem Freistaat verwechselt. Oder darf man ein alpines Selbstverständnis nur dann entwickeln, wenn man in New York bei der UNO mit eigenem Tischlein samt Fähnlein vertreten ist?

      2. pérvasion avatar

        Du hast mich missverstanden: Ich will nicht sagen, dass nur ein Unabhängigkeitsbefürworter glaubwürdig die Alpenregion befürworten kann und darf… sondern, dass die Lega dieses wie jenes Projekt zu vereinnahmen versucht. Und man eben differenzieren muss, um beide Projekte auch ohne Lega verstehen zu können.

      3. bzler avatar
        bzler

        ok, dann sorry und danke.

        auch ohne Lega verstehen zu können

        Ganz undifferenziert verweigere ich mich dem Verstehen beider Projekte *mit* der Lega (wobei ich jetzt nicht in erster Linie die regionalen Ableger derselben meine, sondern jedwegem Aufkommen von Padanischem Imperialismus die Stirn biete.)

  2. pérvasion avatar

    Wie u.a. das Land Tirol bekannt gibt, hat die Europäische Kommission die »Europäische Makroregionale Alpenstrategie« (EUSALP) angenommen.

    Zitat aus der Pressemitteilung:

    Fünf EU-Mitgliedstaaten (Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien), zwei Drittstaaten (Schweiz und Liechtenstein) sowie 48 Alpenregionen mit insgesamt über 70 Millionen Einwohnern, davon 14 Millionen im eigentlichen Berggebiet, beteiligen sich an der Alpenraumstrategie.

    Die Alpenbewohner haben also einen 20%igen Anteil an der Alpenregion… wird lustig, sich mal wieder von anderen (mit völlig anderen Prioritäten, die die Alpen als riesiges Freizeitgebiet und verkehrstechnisches Hindernis betrachten) »fremdbestimmen« zu lassen.

    1. libertè avatar
      libertè

      Es wird halt auch auf die Definition ankommen

    2. pérvasion avatar

      Die Pressemitteilung des Landes Südtirol zu diesem Thema legt die Vermutung nahe, dass Legasthenie neuderdings eine Voraussetzung für eine Stelle beim Landespresseamt ist — oder jedenfalls, dass Deutschkenntnisse nicht zum Jobprofil gehören.

      Die Europäische Kommission hat heute (Dienstag, 28. Juli 2015) die Europäische Makroregionale Alpenstrategie EUSALP, angenommen. Landeshauptmann Arno Kompatscher bezeichnete die Entscheidung als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Makroregion und begrüßte dabei besonders die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips.

      Die Europäische Makroregionale Alpenstrategie EUSALP soll den Alpenländern zu einer gewichtigeren Rolle im europäischen Gefüge verhelfen, sowohl was die Verteilung von EU-Fördermittel, die Stärkung von Wirtschaft und Umwelt sowie die Verbesserung der Erreichbarkeit. “Es handelt sich dabei um eine von unten gewachsene und somit in den Regionen verwurzelte Strategie”, betonte Landeshauptmann Kompatscher heute nach dem Bescheid aus Brüssel.

      Mit der Annahme der Europäischen Makroregionalen Alpenstrategie EUSALP durch die Europäische Kommission ist der lange Weg zur definitiven Genehmigung noch nicht abgeschlossen. Das Dokument wird nun an das Europäische Parlament, der Ausschuss der Regionen, Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Rat weitergeleitet, der schließlich die definitive Entscheidung trifft. “Wir rechnen damit, das dies bis Ende des Jahres erfolgt, so dass wir 2016 mit der Umsetzung starten können”, so Landeshauptmann Kompatscher.

      Er erinnerte auch daran, dass bei den Vorarbeiten zur Alpenstrategie zunächst die Staaten eine gewichtige Rolle gespielt hätten, obwohl die Initiative von den Regionen ins Rollen gebracht worden sei. “Wir haben daher eine gleichwertige Rolle der Regionen mit Nachdruck eingefordert”, so der Landeshauptmann, “auch ich persönlich zuletzt im Gespräch mit Regionenkommissarin Corine Cretu vor knapp zwei Wochen.” Die Regionen sollen demnach in allen Entscheidungsorganen und auf allen Entscheidungsebenen vertreten sein.

      Neben dem Ostseeraum, der Donauregion und dem adriatisch-ionischen Raum ist EUSALP die vierte Makroregionale Strategie der EU.

      Zu EUSALP
      Um die Schaffung einer Makroregion Alpen bemühen sich bereits seit einigen Jahren die Regionen, Länder, Provinzen und Kantone des Alpenraumes. Als Antwort darauf erteilte der Europäische Rat Ende 2013 der Kommission den Auftrag, eine “Makroregionale Strategie für den Alpenraum” auszuarbeiten. Die EU-Alpenstrategie EUSALP umfasst sechs EU-Staaten (Italien, Österreich, Deutschland, Frankreich, Slowenien, Liechtenstein) und die Schweiz sowie 48 Regionen mit rund 70 Millionen Einwohnern.

      Inhaltlich wird die EUSALP Schwerpunkte in den Bereichen “Wettbewerbsfähigkeit und Innovation”, “Verkehr, Vernetzung und Zugänglichkeit zu den Dienstleistungen” sowie “Energie, Natur- und Kulturressourcen” setzen. Zu den Zielsetzungen waren im vergangenen Jahr in allen sieben Mitgliedsstaaten öffentliche Konsultationen durchgeführt worden. In erster Linie soll die Strategie Berggebieten eine intelligente, nachhaltige und integrative Entwicklung im Sinne von Europa 2020 ermöglichen. Der Bericht zur “Makroregionalen Strategie der EU für den Alpenraum” des Landes Tirol wurde vom Ausschuss der Regionen der EU einstimmig angenommen. Er wurde somit von allen 353 Regionen der Europäischen Union befürwortet.

      Hervorhebungen von mir… und ja, ich weiß, dass man auch »so dass« schreiben darf, der Duden empfiehlt aber »sodass«.

      1. ProEuregio avatar
        ProEuregio

        … danke Simon, dass Du wieder einhakst! – Beim Durchlesen der entsprechenden LPA-Meldung war mir ganz flau!
        Also die Mega-“Alpen”-Städte wie Mailand und München bestimmen (mit), was den Alpen gut tut, die Förderungen werden in Mailand und München “zugewiesen”, usw. usw.!
        Eine solche ALPENREGION muss ausschließlich aus den entsprechenden Provinzen (die es wohl nicht mehr gibt) und Bezirken bestehen und nur von den gewählten Politikern aus den Berggebieten gelenkt werden!

  3. Libertè avatar

    Makroregionen sind ein klassisches Top-Down Projekt. Mit nur einem Zweck Gebiete zu klassifizieren:
    So ist zB Südtirol auch Teil der Makro Region Adriatisches und Ionisches Meer….
    Meiner Einschätzung nach sind das nur (wenn auch von der Kommission vermutlich gut gemeint), wie die Euregio, die auch nie eigenständig irgendeine Macht bekommen soll, Blendgranaten die nur eine echte Regionalisierung verhindern. Eigentlich schade wenn die EU nicht die Chance die in Seperationsbestrebungen sieht wahrnimmt.

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