Mit einem Beschluss des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi (PD) werden sämtliche Institutionen im Staat dazu verdonnert, am 24. Mai die Staats- und die Europaflagge zu hissen. Gefeiert werden soll, dass sich an jenem Tag Italiens Eintritt in den ersten Weltkrieg zum hundertsten Mal jährt. Am 24. Mai 1915 erklärte man dem ehemaligen Bündnispartner Österreich-Ungarn den Krieg.
Prompt erinnerte das Bozner Regierungskommissariat nun auch die Gemeinden in Südtirol an ihre Verpflichtung, ob eines Ereignisses, das Millionen Menschenleben forderte und den gesamten Kontinent in Schutt und Asche legte, in nationalistischer Feierlaune auszubrechen. Der Beschluss betrifft auch andere öffentliche Einrichtungen, einschließlich Schulen und Universitäten.
Eine derartige Entscheidung ist nicht nur völlig anachronistisch und den europäischen Partnern gegenüber gespürlos und beleidigend, sondern stellt in einem Land wie Südtirol auch eine imperialistische und entwürdigende Geschmacklosigkeit dar, die ihresgleichen sucht. Der Kriegseintritt Italiens verlegte die Front an die Tiroler Landesgrenze, brachte unbeschreibliches Leid über die Bevölkerung und hatte nicht zuletzt die Teilung des Landes gegen den Willen seiner Einwohner zur Folge, was der Landtag erst kürzlich (fast einstimmig) als Unrecht bezeichnete.
Eine Entschuldigung des italienischen Staates für dieses Unrecht und für die Entnationalisierungsmaßnahmen im Faschismus steht nach wie vor aus. Stattdessen feiern italienische Streitkräfte und zivile Institutionen auch in Südtirol Jahr für Jahr am 4. November den angeblichen Sieg und die Eroberung.
Sich der Aufforderung von Ministerpräsident und Regierungskommissariat zu verweigern ist für die Institutionen in diesem Land, wo täglich das friedliche Zusammenleben beschworen wird, im Sinne von Demokratie, Friedenswillen und gesellschaftlichem Zusammenhalt geradezu eine moralische Verpflichtung.
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