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Renzi, Wunsch und Wirklichkeit.

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LH Arno Kompatscher (SVP) war gestern in Rom bei seinem Freund Matteo Renzi (PD). Dieser machte ihm eine Reihe von Zusagen, wovon jene, Minister Graziano Delrio bleibe Ansprechpartner der Autonomien, wohl die sonderbarste ist: Delrio hatte von Anfang an versprochen, reichere Regionen wie unsere unverhältnismäßig stark zur Kasse zu bitten. Zudem hatte er sich dadurch ausgezeichnet, die Beibehaltung von Staatsflaggen an Südtiroler Schutzhütten zu fordern. Trotzdem: Sein Verbleib wurde gestern als Erfolg gefeiert.

Welchen Wert Renzis Worte tatsächlich haben, wird sich erst noch beweisen müssen. Noch vor kurzem hatte er zum Beispiel mitgeteilt, er würde einen Regierungsauftrag ohne Neuwahlen ablehnen, denn das wären »Methoden wie in Zeiten der ersten Republik«. Und jetzt kommt’s trotzdem anders.

Wie weit Wunsch und Wirklichkeit oft auseinanderklaffen, zeigte sich gestern ebenfalls: Während der Landeshauptmann noch in Rom verweilte, kündigte sein Stellvertreter, Christian Tommasini (PD), in Bozen an, das Land werde gegen das Stabilitätsgesetz seines Parteikollegen, Südtirolfreund Enrico Letta, vor dem Verfassungsgericht klagen, da es unsere Autonomie missachte.



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4 responses to “Renzi, Wunsch und Wirklichkeit.”

  1. paul koellensperger avatar
    paul koellensperger

    ein paar Überlegungen:

    • die SVP hat in ROM für das Stabilitätsgesetz von Letta gestimmt, gegen das sie nun vor das Oberste Gericht ziehen
    • Renzi hat gestern abend auf La7 klar und deutlich gesagt, und das nicht zum ersten Mal, dass er Abschnitt V der Verfassung ändern will, der die Zuständigkeiten zwischen Regionen und Zentralstaat aufteilt, und zwar in zentralistischem Sinne. V.a. die Energie will er komplett nach Rom holen. Das bestätigt – leider – meine Befürchtungen.
    • Renzi wird als Premier als erstes ein Wahlgesetz durchdrücken, dass er mit dem verurteilten Berlusconi und dessen rechter Hand Verdini (der gestern dabei gefilmt wurde wie er mit dem Camorra Mann Cosentino verhandelt) ausgehandelt hat, und laut welchem in Italien sehr bald ein Mann mit 51% die absolute Mehrheit haben wird.
    • Renzi hat wiederholt bewiesen, dass ihm nur an seiner Karriere liegt. Alle Versprechungen hat er regelmäßig über den Haufen geworfen: Er will Letta nicht stürzen, er macht Premier nur wenn das Volk ihn wählt, er will ein Wahlgesetz nur mit Vorzugsstimmen, usw.
    • Das Geschwätz von der Vollautonomie sollten wir uns besser abschminken: es geht eher darum in den nächsten Jahren das zu retten was wir derzeit haben.

    Paul

    1. niwo avatar
      niwo

      Das Geschwätz von der Vollautonomie sollten wir uns besser abschminken: es geht eher darum in den nächsten Jahren das zu retten was wir derzeit haben.

      Oder vielleicht gleich die Unabhängigkeit anstreben, zumindest ist dies weniger utopisch als die Vollautonomie, aber das scheinen die Herrschaften von der Brennerstraße noch nicht verstanden zu haben.

    2. Obervinschger avatar
      Obervinschger

      @Paul Köllensperger
      Aufgrund der von Ihnen aufgezeigten Perspektiven in Italien und an Renzi (wo ich mit Ihrer Meinung ausnahmsweise total übereinstimme): Was würde dagegen sprechen, dass sich unser Süd-Tirol, im Sinne des BBD – Manifests vom italienischen Nationalstaat [Ich persönlich hasse Nationalstaaten, da diese in der Geschichte Europas im 20. Jhd nur Unglück gebracht haben] friedlich trennt?
      Ja, das Geschwätz, im Dialekt “gelorfe”, von der Vollautonomie, ja das können wir uns sowas von sparen, sowas von Utopie, überhaupt bei “solchen Freunden”……

  2. niwo avatar
    niwo

    Lesenswerter Artikel “Warten auf den neuen Berlusconi”: http://www.heise.de/tp/blogs/8/155885

    Einige Ausschnitte:

    Die Börse reagierte erfreut, auf die Aussicht, dass Matteo Renzi italienischer Regierungschef wird. Das ist nicht verwunderlich. Schließlich klingt Renzis Rhetorik so, als wäre er Pressesprecher eines wirtschaftsnahen Verbandes.
    Er hat sich den Beinamen Verschrotter erworben. Verschrotten will Renzi das was im Partito Democratico noch an die linke Vergangenheit der Partei erinnert. Da muss man dann schon mit der Lupe suchen. Schließlich ist der PD aus der einst starken kommunistischen Partei Italiens entstanden und kann nach vielen Wandlungen und Spaltungen als eine Mischung aus rechtem Mehrheitsflügel der SPD und Merkel-CDU bezeichnet werden.

    Um Italiens Linke steht es laut Autor Peter Nowak also nicht gut. Eine demokratiepolitische Bombe liegt aber im zwischen Renzi und Berlusconi ausgekungelten Vorschlag für das Wahlgesetz. Sollte dies durchgedrückt werden, bleibt in Italien demokratiepolitisch kein Stein mehr auf dem anderen und viele gesellschaftliche Gruppen werden sich außerhalb des Parlamentes wiederfinden.

    So soll noch im Februar das neue Wahlgesetz samt den dafür nötigen Verfassungsänderungen beschlossen werden. Dafür hat Renzi bereits Vorarbeiten geleistet, als er Vorsitzender des PD, die Regierung Letta aber noch im Amt war. Da traf er sich bereits mit dem ehemaligen Regierungschef Berlusconi, um gemeinsam die neue Verfassung auszuarbeiten. Es gab in der Öffentlichkeit heftige Kritik, dass Berlusconi von Renzi wieder in das poltische Geschäft zurückgeholt würde, nachdem er nach einer juristischen Verurteilung sein Mandat verlor und auch keine Ämter annehmen darf.
    Das Ziel von Berlusconi und Renzi ist ein Wahlgesetz, das ein Zweiparteiensystem nach US-Vorbild zum Ziel hat. Kleinere Parteien sollen dabei ganz aus dem Parlament verbannt werden. Diese Einschränkung der parlamentarischen Demokratie wird damit begründet, dass so die Parlamentsarbeiter effektiver würden.

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