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Zweisprachige Carabinieri. Und Mossos d’Esquadra.

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Bei einem staatsweiten Wettbewerb zur Rekrutierung 3.763 neuer Carabinieri sind 32 Plätze auch für zweisprachige Anwärterinnen vorgesehen, die ihren Dienst in Südtirol oder bei Stellen mit regionaler Zuständigkeit verrichten sollen. Dies gab das Landespresseamt jüngst bekannt. Verlangt wird das B1-Sprachniveau (nach GERS).

Die zur Erlangung dieses Niveaus (»Mittelstufe«) erforderlichen Fähigkeiten werden so beschrieben:

Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.

– Quelle: Goethe-Institut

Zum Vergleich: Katalonien hat seine eigene vollwertige Polizei (Mossos d’Esquadra), die — wie in deutschen Bundesländern — einem autonomen Landesinnenministerium unterstellt ist.

Derzeit läuft ein Auswahlverfahren für 850 neue einfache Mossas, wovon mindestens 340 Plätze Frauen vorbehalten sind. Zu den Aufnahmekriterien gehören Katalanischkenntnisse auf C1-Niveau:

Auszug aus der Wettbewerbsbeschreibung

C1 ist das zweithöchste Niveau der GERS-Skala und liegt zwei Stufen über dem, was die »Südtiroler« Carabinieri nachweisen müssen. Es wird folgendermaßen beschrieben:

Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.

– Quelle: Goethe-Institut

Wir halten fest: in Katalonien brauchen alle Mossas Kenntnisse der Landessprache auf dem höheren C1-Niveau. In Südtirol (Vorzeigeautonomie!) gibt es für staatliche Polizeikräfte hingegen gar kein vorgeschriebenes Niveau, lediglich der Dienst muss (bzw. müsste) theoretisch so organisiert sein, dass er zweisprachig abläuft. Dafür werden einige Beamte mit Sprachkenntnissen auf dem — im Vergleich mit Katalonien zwei Stufen niedrigeren — B1-Sprachniveau aufgenommen.

Überdies zählen zu den   Voraussetzungen für die Aufnahme in den Dienst als Mossa Kenntnisse in folgenden Themenfeldern, die beim Wettbewerb geprüft werden: Geschichte Kataloniens (Teil 1 und Teil 2); Geschichte der katalanischen Polizei; soziolinguistisches Umfeld; Geographie Kataloniens; gesellschaftliches Umfeld in Katalonien; Informationstechnologien des 21. Jahrhunderts; das Autonomiestatut; politische Institutionen Kataloniens; das staatliche Rechtsgefüge; Menschen- und Grundrechte; politische Institutionen des Staates; Justiz; territoriale Organisation des Staates; Europäische Union; Sicherheitszuständigkeiten der Generalitat; das katalanische Innenministerium; Polizeikoordination; Gesetzeslage im Sicherheitsbereich; Polizeideontologie; politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Umfeld.

Damit wird sichergestellt, dass die Polizeikräfte mit der besonderen Lage in Katalonien vertraut sind — was man von den Carabinieri, mit oder ohne Zweisprachigkeitsnachweis, so wohl nicht erwarten kann.

Siehe auch: 01 02 03 04 || 01



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Comentârs

3 responses to “Zweisprachige Carabinieri. Und Mossos d’Esquadra.”

  1. G.P. avatar
    G.P.

    Was will man schon von den Carabinieri verlangen, wenn es das Land Südtirol selber nicht schafft, bezüglich Sprache Vorbild zu sein.
    Heute die Zeitschrift “neus” vom Land Südtirol erhalten und auf dem Adressetikett steht “Gentile Famiglia XXX – Via dei XXX – 39030 Falzes”. Ohne Worte!!!

  2. artim avatar
    artim

    In Italien bzw. in Südtirol hat man da wohl einen etwas anderen Zugang, wenn man Mentalität und Akzeptanz betrachtet. Im allgemeinen Verständnis hingegen haben Bürgerservice, Dienstleister, besonders öffentliche, sich an der Bevölkerung, an Bürger-innen in ihrer Sprache zu orientieren – und nicht umgekehrt. So selbsterklärend das auch klingen mag, ist das trotz völkerrechtlich verankerter Schutzbestimmungen für die Sonderverwaltungszone Bozen – Südtirol auch nach 77 Jahren Gruber-De-Gasperi-Abkommen im Rahmen des Pariser Friedensvertrags von 1946 und des staatl. Statuts von 1972 noch immer nicht Alltagspraxis, was mitunter wohl auch am Fehlen einer völkerrechtlich implementierten oder auch nur einer zielführenden Beobachtungstelle und Schiedskommission zu tun hat. Selbst das Referat S der Landesregierung in Innsbruck ist längst Geschichte.
    Was hier an diesem Beispiel auffällt, ist aber nicht nur, dass einige Beamte mit Sprachkenntnissen auf dem — im Vergleich mit Katalonien zwei Stufen niedrigeren — B1-Sprachniveau (Zweisprachigkeitsnachweis C – Mittelschulabschluss) aufgenommen werden (sollen). Für das Personal der Laufbahn mit 2. staatlicher Abschlussprüfung (eh. Maturität) braucht(e) es ansonsten ja den Zweisprachigkeitsnachweis B bzw. Niveau B2 nach dem europäischen Referenzrahmen. Wieso gilt dies hingegen nicht auch für diesen Wettbewerb?

  3. Stuff avatar
    Stuff

    Klingt ein wenig nach einer Feigenblattaktion. Untereinander gilt für die CC als Amtssprache sowieso nur italienisch. Wenn dann einer wirklich mal einen corso di tedesco macht, dann oft nur um die fixe Stelle zu bekommen, oder danach für die famosen centiventi euro (habe ich in letzter Zeit schon mehrmals gehört, ist ja auch verständlich, wenn hier alles so teuer ist). Auch die Südtiroler Carabinieri tun sich bei so einer Praxis schwer, ein korrektes Beamtendeutsch zu sprechen, da es kaum Übersetzungen der Texte und Verordnungen gibt.

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