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Texas an Mexiko?
Und das weite Land an die indigenen Völker

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In wenigen Stunden will Donald Trump — wenn er wieder Präsident wird — den russischen Eroberungskrieg in der Ukraine beenden. Das ist noch eine Weile hin. Vielleicht schaffen es die europäischen NATO-Staaten, die Ukraine endlich robust aufzurüsten. Es sieht aber nicht danach aus.

Die Chance des künftigen US-Präsidenten, »den Konflikt« mit einem Big Deal zu lösen: Die Ukraine muss dann die russisch besetzten Gebiete, die annektierte Krym und den Donbas, an Russland abtreten — auch deshalb, weil die Menschen im besetzten und annektierten Donbas dies angeblich wollen. Das ist die Argumentationslinie des US-Präsidenten in spe.

Der russische Kriegspräsident, Ober-Mafioso Wladimier Putin, scheint zu siegen. Kriegsverbrechen hin, völkerrechtswidriger Krieg her. Nicht nur Putin siegt, auch die widerwärtige Allianz aus Rechten und Linken in der EU, die »linkspopulistische« slowakische Regierung, die rechtskonservative ungarische Regierung und der ganze rechtsradikale Rattenschwanz von der italienischen Lega über die österreichischen Freiheitlichen bis hin zu Rassemblement National in Frankreich, Vox in Spanien und AfD in Deutschland. Radikale Linke und Pazifisten von vorgestern zählen auch dazu.

Dieser Trump-Deal — um Putins Gesicht zu wahren — wird weltweit wirken. Der Putin vom Orinoco, der venezolanische »Revolutionär« Maduro, wird sich das guyanische Esequibo holen, die kommunistische Volksrepublik China die demokratische Insel Taiwan, Äthiopien Teile des somalischen Nachbarlandes, Serbien den serbischen »Kanton« in Bosnien, die islamistische Türkei weitere Gebiete der kurdischen Region in Nordsyrien.

Es wird aber noch eine ganze weitere Reihe von Nachahmern geben und sie werden sich auf die “ukrainische Konfliktlösung” der Marke Trump berufen.

Bei Trump sind die historischen Umdeutungen Putins — verbreitet vom Trump-Propagandisten Tucker Carlson — offensichtlich gut angekommen. Die Ostukraine war demnach immer schon russisch.

Kalifornien, Arizona, New Mexiko und Texas waren einst auch mexikanisch, »neuspanisch«, wie Nevada, Utah, Colorado und auch Wyoming. In diesen Bundesstaaten lebten immer schon Chicanos, seit den brutalen Bürgerkriegen in Mittelamerika flohen meist nur noch indigene Sprachen Sprechende zu Hunderttausenden nordwärts in die Vereinigten Staaten. Der Anteil der »Latinos« stieg seitdem beträchtlich an. In 2016 waren es mehr als 57 Millionen, sie stellen 18 Prozent der US-Bevölkerung.

Der »Deal-Logik« Trumps folgend hat Mexiko Anspruch auf gleich acht Bundesstaaten. Und seit dem Krieg gegen die Ukraine fordern russische Politiker ganz in diesem Sinne die USA auf, die einstige russische Kolonie Alaska an Moskau zurückzugeben.

Donald Trump könnte ja den indigenen Nationen ebenso einen Big Deal anbieten, als einen großen Wurf der Wiedergutmachung für Vergewaltigungen, Massenmorde, Vertreibungen, Landraub. Das fordert die indigene Land-Back-Bewegung, nämlich die Rückgabe gestohlenen Landes. Der letzte große Landdiebstahl fand zwischen 1953 und 1958 statt, gesponsert meist von republikanischen Bundesregierungen unter dem Leitmotiv »Termination« – Auflösung. Da wurden kurzerhand Reservate aufgelöst und Stammesland verkauft, meist an zahlungskräftige weiße Farmer. Die Reservate verloren ihre Bewohnerinnen und Bewohner, diese wurden in die Großstädte umgesiedelt.

Vorläufer der Termination war der Allotment Act von 1887, von einem ehemaligen deutschen Revolutionär auf den Weg gebracht, dem damaligen Innenminister Carl Schurz. Zwei Drittel des verbliebenen und garantierten indigenen Landes gingen verloren. 55 Millionen Hektar groß war 1887 das gesamte Reservatsland, 36 Millionen Hektar bestes Land wurden an Weiße verscherbelt. Das an die Reservatsbürger verteilte parzellierte Land wurde ein Vierteljahrhundert langt vom BIA »treuhänderisch« verwaltet. Die Parzellierung als Folge des General Allotment Act führte zu einer unbeschreiblichen Verelendung.

Der Ojibwe-Schriftsteller David Treuer plädierte in der Zeitung Atlantic für die Schaffung eines neuen Konsortiums für die Verwaltung der US-Nationalparks. Träger des Konsortiums sollen laut Treuer die indianischen Stämme sein, die künftig die Parks mit einer Gesamtfläche von 85 Millionen Hektar Land verwalten sollen. Für Treuer eine Wiedergutmachung für gebrochene Verträge, Zwangsumsiedlungen und Landraub.

»Die Gesamtfläche würde den General Allotment Act, der uns Millionen Hektar geraubt hat, nicht ganz ausgleichen, aber er würde sicherstellen, dass wir ungehinderten Zugang zu unseren Stammesheimländern haben«, schreibt Treuer. »Und es würde die Würde wiederherstellen. Die Verwaltung der wertvollsten Landschaft Amerikas wäre eine weitreichende Wiedergutmachung.«

Donald Trump mutet dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj viel zu: Dem mörderischen Aggressor Putin ein Fünftel des Landes überlassen. Trump könnte mit dem guten Beispiel eines Land Deals vorangehen. Land back an die indigenen Völker.


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Comentârs

One response to “Texas an Mexiko?
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  1. Simon avatar

    Ich verstehe die Idee hinter diesem Beitrag. Allerdings ist es meiner Meinung nach nicht unproblematisch, die Situation der Ostukraine in einem Atemzug mit jener der indigenen Völker in den USA zu nennen. Denn die Ostukraine wurde nicht von Kyjiw bzw. von der restlichen Ukraine besetzt, sondern hat sich erst vor wenigen Jahrzehnten mit sehr großer Mehrheit frei und demokratisch für die Zugehörigkeit zum unabhängigen ukrainischen Staat entschieden. Dies ist in einer Abstimmung geschehen, die von beiden Seiten anerkannt wurde. Selten sind Grenzziehungen und Staatsbildungen demokratischer und gewaltloser vonstatten gegangen als vielfach im europäischen Osten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

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