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Autoritäre Verfassungsreform: SVP gegen Südtirol.

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Gestern hat der italienische Senat in erster Lesung der autoritären Verfassungsreform der Regierung Meloni zugestimmt, mit der die Rolle der Premierministerin gestärkt und die der Staatspräsidentin und des Parlaments geschwächt wird. Das institutionelle Gleichgewicht wird also ungeniert auf die starke Frau oder den starken Mann zugeschnitten. Doch auch innerhalb des Parlaments wird die Rolle der Mehrheit gestärkt und jene der Opposition gestutzt, da ein Bonus dafür sorgt, dass die siegreiche Koalition selbst dann über eine satte Mehrheit verfügt, wenn sie in der Wählergunst nur knapp vorne liegt.

All das ist schlecht für die Demokratie und für die Grundrechte — und es ist noch einmal viel problematischer für eine Minderheitenregion mit einer schwachen Autonomie, wie Südtirol eine ist. Schon heute regiert der Zentralstaat konstant in die Belange Südtirols hinein und das wird natürlich in einem starken, autoritär ausgerichteten Staat nicht besser, ganz im Gegenteil. Dagegen bietet die Autonomie — wenn überhaupt — nur in wenigen Bereichen einen ausreichenden Schutz, der zudem ständig unter dem Damoklesschwert eines schon heute zentralistisch ausgerichteten Verfassungsgerichts steht.

Eine starke Zentralregierung mit einer satten Mehrheit im Parlament wird überdies nur wenig Anlass für Verhandlungen auf Augenhöhe sehen. Und während die Parlamentarierinnen aus Südtirol in der Vergangenheit oft in der Lage waren, trotz ihrer kleinen Anzahl etwas für Südtirol herauszuholen, weil knappe Mehrheiten auf ihre Unterstützung (oder zumindest auf ihre Enthaltung) angewiesen waren, wird dies in Zukunft nicht mehr der Fall sein.

Deshalb ist es völlig unverständlich — ja inakzeptabel — dass die SVP entschieden hat, nicht gegen die undemokratische Reform zu stimmen, sondern sich zu enthalten. Parteiobmann Dieter Steger rechtfertigt dies mit dem Verständnis dafür, dass für stabilere Regierungen gesorgt werden soll. Mehr Stabilität kann auf viele Wege erreicht werden, doch mit der hier in Aussicht stehenden Demokratur wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Überspitzt formuliert: Eine Diktatur wäre noch stabiler.

Die Volkspartei hat sich offenbar auf Gedeih und Verderb an die neofaschistische Regierungsmehrheit gebunden und ist bereit, für einen möglichen kurzfristigen Erfolg bei der Wiederherstellung der Autonomie den autoritären Umbau des Staates mitzutragen. Die damit verbundene Bedingung, dass die Vertretung Südtirols auch im neuen Parlament erhalten bleibt, ist geradezu lächerlich: Gegenüber einer übermächtigen Mehrheit werden die paar Abgeordneten aus unserem Land so gut wie gar nichts mehr ausrichten können, gerade wenn sie nicht Teil der regierenden Koalition sind.

Meinetwegen kann sich die SVP aufgrund ihrer etwaigen Wahlerfolge weiterhin als Partei der deutschen und der ladinischen Minderheit darstellen. De facto ist sie das aber inhaltlich nicht mehr, wenn sie sich diesem undemokratischen Umbau des Staates nicht mit aller Kraft widersetzt.

Siehe auch: 01 02 03 || 01



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Comentârs

One response to “Autoritäre Verfassungsreform: SVP gegen Südtirol.”

  1. G.P. avatar
    G.P.

    Italien wird so zu einem zweiten Ungarn unter Orban.

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