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Zur gestrigen Gemeinderatswahl.

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Gestern wurden in 111 von 116 Südtiroler Gemeinden die Bürgermeisterinnen und Gemeinderäte neu gewählt, in Bozen zudem die Stadtviertelräte.

Es folgen wie gewohnt ein paar unsystematische Beobachtungen und Bewertungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Die landesweite Wahlbeteiligung (60,0%) ist im Vergleich zur Gemeindewahl 2020 (65,4%) und 2015 (66,9%) deutlich gesunken (vgl.).
  • In 36 von 111 Gemeinden stand nur eine einzige Bürgermeisterkandidatin zur Wahl, fast immer von der SVP.
  • Insgesamt wird es fortan zwar mehr weibliche Bürgermeisterinnen als bisher geben, mit 16 von 116 sind es aber noch immer wenige.1Mit Meran (s. unten) könnten es 17 von 116 werden.
  • Auch in den Gemeinderäten ist die durchschnittliche Frauenquote von rund 25% auf über 30% (mit Spitzenwerten von 50% in Deutschnofen und Meran) gestiegen.
Bozen
  • In der Landeshauptstadt liegt der rechte Bürgermeisterkandidat Claudio Corrarati (36,2%) nach dem ersten Wahlgang so weit vorn wie nie zuvor ein Bewerber dieses Lagers. Er ist das freundliche Antlitz eines weit nach rechts verschobenen, in Teilen rechtsextremen Wahlbündnisses.
  • Corrarati muss am 18. Mai gegen den Frontmann der bisher regierenden Mittelinkskoalition, Juri Andriollo (27,3%), in die Stichwahl gehen.
  • Der Kandidat der Volkspartei, Stephan Konder (15,1%), landete auf Platz drei. Er und Matthias Cologna (6,8%) vom Team K erringen als die einzigen deutschsprachigen Bürgermeisterkandidaten gemeinsam nur 21,1% der Stimmen. Das ist noch weniger als der Anteil der deutschen Sprachgruppe an der Bozner Bevölkerung.
  • Die SVP (2020: 14,8% → 2025: 16,1%) ist wiederum die meistgewählte Partei. Sie schafft es darüber hinaus jedoch nicht, in die Stadtviertelräte von Europa-Neustift und Don Bosco, aus denen sie 2020 geflogen war, zurückzukehren.
  • Die meistgewählte Kandidatin von Fratelli d’Italia (15,4%), der stärksten Partei des Rechtsbündnisses, ist die homophobe Klimawandelleugnerin Anna Scarafoni. Wird sie ihr Landtagsmandat aufgeben oder war ihre Kandidatur eine Augenwischerei?
  • Die schrumpfende Lega beweist sich hauptsächlich nur noch als Plattform für Hardcore-Faschisten: Auf ihren Listen schafft es CPI-Mann und Ex-Unitalia-Gemeinderat Marco Caruso als Listenerster in den Gemeinderat der Landeshauptstadt. Maurizio Puglisi Ghizzi, ehemaliger CPI-Bürgermeisterkandidat, bleibt als Drittgewählter knapp draußen, während es Massimo Trigolo — ebenfalls für die Lega — zurück in den Stadtviertelrat von Oberau Haslach schafft, wo er schon 2016-2020 für CPI saß.
  • In Meran geht Vizebürgermeisterin Katharina Zeller (SVP) als Erstplatzierte in die Stichwahl gegen den bisherigen Bürgermeister und Koalitionspartner Dario Dal Medico. Vor fünf Jahren hatte es SVP-Kandidat Richard Stampfl nicht in die Ausscheidung geschafft — die zwischen Paul Rösch und Dal Medico ausgetragen wurde.
  • In Bruneck schafft Bruno Wolf für die SVP auf Anhieb die absolute Mehrheit (51,8%) und muss somit nicht gegen den zweitplatzierten Maximilian Gartner (16,9%) von den Grünen in die Stichwahl. Er folgt auf Roland Griessmair, der wegen der Mandatsbeschränkung weichen musste.
  • In Sterzing wurde Bürgermeister Peter Volgger von der Bürgerliste Für Sterzing Wipptal wiedergewählt.
  • In Eppan erobert die SVP den Bürgermeistersessel zurück, nachdem Wilfried Trettl (Bürgerliste) ebenfalls aufgrund der Mandatsbeschränkung nicht mehr antreten durfte.
  • Auch in Sëlva konnte die Volkspartei wieder punkten, nachdem seit 2015 Roland Demetz (Lista de Zitadins) das Amt des Ambolt innehatte.
  • In den mehrheitlich italienischsprachigen Gemeinden Pfatten und Salurn konnte die SVP den Bürgermeistersessel verteidigen (vgl.). Auch im mehrheitlich italienischen Leifers stellt die Volkspartei seit 2024 den Bürgermeister.
  • In Andrian und Welschnofen verliert die SVP das höchste Amt an eine Dorf- bzw. Bürgerliste, die Mehrheit in den Gemeinderäten bleibt jedoch bei der Volkspartei.
  • In Freienfeld, Glurns und Sand in Taufers konnten die jeweiligen Bürgerlisten den Bürgermeistersessel verteidigen.
  • Erwartungsgemäß bestätigt sich die SVP als die Partei, die auch nach dieser Wahl bei weitem die meisten Bürgermeisterinnen und Gemeinderätinnen stellen wird. In mehreren Gemeinden stand nur die Volkspartei zur Wahl. Sie profitiert hier auch von ihrer tiefen Verwurzelung vor Ort und ihrer weit verzweigten Struktur.
  • Die sehr weit nach rechts abgedriftete STF kann zwar deutlich mehr Mandate erringen als 2020, bleibt jedoch insgesamt unter den Erwartungen (Befürchtungen). Insbesondere hat sie es nicht geschafft, einen Bürgermeistersessel zu ergattern.
  • Die Grünen gehen in die Breite, sind jetzt in mehr Gemeinden (Gargazon, Montan, Welsberg-Taisten…) vertreten, aber nicht unbedingt in die Höhe. Während sie in Bozen (9,2% → 7,8%) und Meran (25,7% → 12,7%) Federn lassen, verbessern sie in Bruneck (12,4% → 16,9%) ihr Ergebnis.

Nicht gewählt wurde:

  • in den Gemeinden, in denen es infolge der Landtagswahl 2023 zu vorgezogenen Neuwahlen gekommen war (Brixen, Lana, Leifers, St. Martin/Passeier);
  • in La Val, wo nach dem Ableben von Ombolt Angel Miribung ebenfalls bereits 2024 gewählt wurde.

Ergänzungen und allfällige Korrekturhinweise ausdrücklich erwünscht.

Cëla enghe: 01

  • 1
    Mit Meran (s. unten) könnten es 17 von 116 werden.


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Comentârs

One response to “Zur gestrigen Gemeinderatswahl.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    In Bozen muss sich jetzt die SVP entscheiden, ob sie im Sinne der von Rom ausgegebenen Weisung den rechten Corrarati mit seinen rechtsextremen bis rechtsextremistischen Kameraden unterstützt, oder den farblosen Andriollo, der in keiner Weise ein Sympathieträger ist und mit seiner beharrlichen Weigerung, ein Wort Deutsch zu reden, sich auch gar nicht um die Sympathie der SVP-Wähler bemüht.

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