→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

Grönland: Trump wie Putin.

Autor:a

ai


Der US-Präsident will angeblich eine grönländische Unabhängigkeitsbewegung »anstoßen«

Die US-Wühlarbeit im autonomen Grönland ist rotzfrech und respektlos. Laut Medienberichten sollen im Auftrag ihres Präsidenten drei US-Bürger in Grönland eine Unabhängigkeitsbewegung aufbauen. Diese »verdeckten Aktionen« der US-amerikanischen »Infiltration« sind eine doch recht unverblümte Watschen für Dänemark.

Die Aufregung darüber, wen wundert es nicht, ist groß. Diese »infiltrierenden« Aktionen erinnern an die arrogante Einmischung des Putin-Regimes in der — nach dem Zusammenbruch der maroden stalinistischen Sowjetunion unabhängig gewordenen — Ukraine.

Die »russländische Föderation«, dabei handelt es sich um einen knallharten zentralistischen Staat, keineswegs um eine Föderation, sponserte in der Ostukraine prorussische Parteien. Großrussische Ideologen erklärten den russischsprachigen Donbas kurzerhand zu »Neurussland«, einem noch zu befreienden Teil Russlands. Das scheint Wladimir Putin großteils gelungen zu sein.

Putinnahe Oligarchen, zutiefst korrupt, viele davon mafiös, die meisten völkisch, stellten ihr schmutziges Geld abgehalfterten ehemaligen Kommunisten zur Verfügung. Es entstand die »Partei der Regionen«. Diese stellte mit Wiktor Janukowytsch, in seiner Jugend ein Kleinkrimineller, 2002 den Ministerpräsidenten und von 2010 bis 2014 den Präsidenten der Ukraine. Janukowytsch war der Statthalter Wladimir Putins in der Ukraine.

Trump sucht einen »guten« Inuit

Offensichtlich sucht Trump nach dem Inuit-Janukowytsch. Bereits kurz nach seiner Amtseinführung erklärte Präsident Trump, Grönland den USA einverleiben zu wollen. Wie auch Kanada und den Panamakanal, demnächst wohl auch den Gazastreifen, wenn die Palästinenser »freiwillig ausgereist« sind.

Auf die heftige dänische Kritik an dem US-Treiben in Grönland reagierte das Weiße Haus — so berichtete es der ORF — diplomatisch zurückhaltend. Die USA hätten stets das Recht der grönländischen Bevölkerung respektiert, »über ihre eigene Zukunft zu bestimmen«. Klingt gut, stimmt aber nicht.

Der öffentlich-rechtliche TV-Sender DR wusste zu berichten, was das US-Trio in Grönland trieb. So sollen die Trump-Provokateure Informationen über das Verhältnis Dänemark-Grönland gesammelt haben. Schräg im digitalen Zeitalter, kann doch online nachgelesen werden, was dänische und grönländische Medien über das grönländisch-dänische Beziehungsgeflecht berichten.

Besonderes Interesse zeigten die Trump-Männer an der belasteten und deshalb emotional höchst aufgeladenen Vergangenheit. Tatsächlich eine große unverheilte grönländische Wunde, wie die Verschleppung grönländischer Kinder nach Dänemark und die Zwangsverhütung von mindestens der Hälfte aller fruchtbaren Inuit-Frauen zwischen den 1960er und 1980er Jahren. Erst vor wenigen Tagen entschuldigte sich die dänische Ministerpräsidentin für diese Verbrechen. Spät, aber doch.

An American Genocide

Die Trump-USA haben sich bisher für die »weißen« Verbrechen an der indianischen Urbevölkerung nicht entschuldigt. Im Gegenteil, Trump heizt bewusst und gezielt den antiindianischen Rassismus wieder an. Der Demokrat Joe Biden und seine Puebla-Innenministerin Deb Haaland ließen die US-Verbrechen an den Native Americans aufarbeiten. Und die Liste der Verbrechen ist ellenlang.

Der Historiker Benjamin Madley rekonstruierte am Beispiel der Eroberung Kaliforniens die »Routinisierung des Tötens« (Zitat Karl Schlögel aus »American Matrix«) der indianischen Urbevölkerung. Seine Studie mit dem Titel »An American Genocide« belegt die Lust am Morden der Eroberer in all ihrer grenzenlosen Brutalität. Kalifornien war kein Einzelfall: Was sich dort »abspielte«, geschah auch in den übrigen 49 Bundesstaaten. Ein Genozid. Von einst — konservativ — geschätzten sieben Millionen Ureinwohnern überlebten die europäische Landnahme 300.000 Personen. Der Schweizer Historiker Aram Mattioli, Experte für Faschismus und Nationalsozialismus, kommt in seinem Buch »Untergegangene Welten« zum Schluss, ja, es war ein Genozid, ein Ethnozid auf alle Fälle.

Massenvergewaltigungen, Massenmorde, Vertreibungen, Landraub, Sprachverbot, das macht einen Großteil der US-Geschichte aus. Nach den Indianerkriegen ging der Krieg weiter, gegen die indianischen Kinder in den Internaten, die dort Gewalt, Missbrauch und Vergewaltigung hilflos ausgesetzt waren, gegen die Frauen, mit Zwangssterilisation. Tausende Mädchen und Frauen »verschwanden« in den letzten Jahren, wurden Opfer sexueller Gewalt. Die Aufklärungsrate ist dürftig, es sind doch »nur« Indianerinnen.

Diese Geschichte will Donald Trump aus Schulbüchern und Museen getilgt wissen, weil unamerikanisch und unpatriotisch. Die Geschichte soll geschönt werden — Leitmotiv: die Eroberer brachten Sprache und Kultur ins Land der Wildnis. Und diese USA spielen sich zum Fürsprecher grönländischer Unabhängigkeit auf? Absurd.

Annexion im Trump-Kopf

Die Trump-Scouts in Grönland erstellten eine Liste mit Namen von Grönländern und Grönländerinnen, die dem US-Präsidenten wohlgesinnt sein sollen. Diese sollen helfen, eine Unabhängigkeitsbewegung aufzubauen. Die »Partei der Regionen« und der kriminelle Genosse Janukowytsch lassen grüßen. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum könnte doch auch im ehemaligen spanischen-mexikanischen Südwesten der USA eine Chicano-Unabhängigkeitsbewegung anstoßen.

Die meisten grönländischen Parteien, die derzeit regierende Demokraatit, Inuit Ataqatiglit, Naleraq und Siumut, streben die Unabhängigkeit von Dänemark an. Ihr Ziel scheint es aber nicht zu sein, sich den USA anzubiedern. Vom Regen in die Traufe. Immerhin »genießt« Grönland eine weitreichende Autonomie, kein Reservat in den USA verfügt über eine so breite Selbstverwaltung.

Grönländische Unabhängigkeit, freiwilliger Anschluss an die USA, das ist für Trump nur eine Option. Weil Grönland für die USA — süchtig nach diversen Bodenschätzen unter dem grönländischen Eis — aus Gründen der »nationalen und internationalen Sicherheit« so bedeutsam ist, kann sich der US-Präsident auch vorstellen, Gewalt anzuwenden. Grönland zu besetzen und zu annektieren. Wladimir Putin exerzierte es vor, in der östlichen Ukraine. Respekt vor den Wünschen der Grönländer:innen?

Vorsichtshalber fertigte die dreiköpfige US-Vorhut auch eine Liste von Grönländern an, die nichts von den US-Annexionsplänen halten. Verschwinden die dann, wie einst Oppositionelle nach dem Putsch in Chile und während des Bürgerkrieges in Guatemala? Verschwundene, die einst auf Listen der CIA standen.

Bereits im Januar sondierte Trumps Sohn Donald Junior die Lage in Grönland, er organisierte Fans für seinen Vater, Obdachlose und andere arme Menschen, lautete damals die Kritik. Im März schaute dann der Vize von Trump, J.D. Vance, in Grönland vorbei. Er pöbelte, Dänemark kümmere sich zu wenig um Grönland, seine Erkenntnis. Das offizielle Grönland wollte sich weder mit Trump Junior noch mit dem US-Vize treffen. Eine doch klare Botschaft nach Washington.


Autor:innen- und Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder die Position von BBD wieder, so wie die jeweiligen Verfasser:innen nicht notwendigerweise die Ziele von BBD unterstützen. · I contributi esterni non necessariamente riflettono le opinioni o la posizione di BBD, come a loro volta le autrici/gli autori non necessariamente condividono gli obiettivi di BBD. — ©


Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

Comentârs

Scrì na resposta

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL