→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

Renovierung eines Skandals: Das Bozner Siegesdenkmal.

Autor:a

ai


von Felix von Wohlgemuth (Grüne)

Fast 100 Jahre nach seiner Errichtung wird das Siegesdenkmal in Bozen renoviert. Ein Bauwerk, das nicht der Erinnerung, sondern der Propaganda diente. Es wurde 1928 von Mussolini in Auftrag gegeben, um die italienische »Siegesmacht« über Südtirol sichtbar in Stein zu meißeln — und es sollte nichts anderes sein als ein Monument der Unterdrückung.

Doch während in anderen europäischen Ländern mit solchen Bauten längst aufgeräumt wurde, steht dieses Monument noch immer unverändert mitten im Herzen von Bozen.

In Deutschland hingegen wurden nach 1945 die meisten nationalsozialistischen Monumente konsequent geschleift oder entnazifiziert.

In Spanien wurde 2019 das Grab von Diktator Franco aus dem »Valle de los Caídos« entfernt — ein klarer Akt, um die Opfer des Regimes nicht länger zu verhöhnen.

Auch in Osteuropa sind nach 1989 unzählige Stalin- und Lenin-Statuen gefallen — als sichtbares Signal für einen demokratischen Neubeginn.

Und bei uns in Bozen? Hier bleibt das Siegesdenkmal ein Fremdkörper in der Stadt. Trotz aufwändiger »Musealisierung« ist es nicht gelungen, den Ort zu entschärfen oder zu einem Platz der Begegnung zu machen. Stattdessen schützt ein meterhoher Metallzaun das Monument — ein Symbol der Distanz, der Abschottung, des Nicht-Ankommens in der Gegenwart.

Dass wir im Jahr 2025 immer noch keinen gesellschaftlichen Konsens gefunden haben, diesen faschistischen Bau auf die Müllhalde der Geschichte zu werfen, ist nicht nur bedauerlich, sondern eigentlich ein Skandal. Es zeigt, dass diese offene Wunde der faschistischen Unterdrückung in Südtirol bis heute nicht verheilt ist und wohl nicht verheilen darf.

Renovierung bedeutet in diesem Fall nicht Aufarbeitung, nicht Musealisierung, sondern verharren in einer unheilvollen Vergangenheit.

Wir sollten uns ernsthaft fragen: Wollen wir wirklich, dass künftige Generationen dieses Monument weiterhin als selbstverständlichen Teil unserer Stadtlandschaft betrachten? Es für weitere Jahrzente spalten, beleidigen und den Faschismus verherrlichen kann?

Bozen bräuchte eigentlich Orte, die Sprachgruppen verbinden — nicht in Stein gemeißelten Hass!

Erinnerungskultur heißt Verantwortung für die Vergangenheit und Auftrag für die Zukunft und nicht Schönfärberei oder Verharmlosung des faschistischen Regimes.

Alles andere ist nicht »nur« ein täglicher Schlag ins Gesicht für uns Südtirolerinnen und Südtiroler, sondern eine Verhöhnung aller Opfer des italienischen Faschismus.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01 02 03


Autor:innen- und Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder die Position von BBD wieder, so wie die jeweiligen Verfasser:innen nicht notwendigerweise die Ziele von BBD unterstützen. · I contributi esterni non necessariamente riflettono le opinioni o la posizione di BBD, come a loro volta le autrici/gli autori non necessariamente condividono gli obiettivi di BBD. — ©


Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

Comentârs

2 responses to “Renovierung eines Skandals: Das Bozner Siegesdenkmal.”

  1. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Das Problem ist wahrscheinlich, dass das Denkmal, auch wenn es vom Faschismus erbaut wurde, in erster Linie ein nationalistisches Denkmal ist und nahtlos ins demokratische Narrativ des italienischen Irredentismus des 19. Jahrhunderts hineinpasst. Dieses ist heute mit den Fratelli lebendiger denn je, die Linken sind ihm aber auch nicht abgeneigt. Insofern ist ein Angriff auf das Denkmal gleichzeitig ein Angriff auf die Italianità dieses Gebietes, auch heute noch. Würde Italien dieses Narrativ aufgeben, fiele die einzige Rechtfertigung weg, dieses Gebiet weiterhin zu dominieren. Immerhin wird die italienische Dominanz über Südtirol auf moralische Ansprüche zurückgeführt, die bei genauerem Hinsehen aber eigentlich inexistent sind.
    Deswegen hieße das Siegesdenkmal preisgeben in der Denke der Nationalisten Südtirol preiszugeben.

  2. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Beim Thema “faschistisches Siegesdenkmal” und Erinnerungskultur sollte auch die unrühmliche Rolle der Kirche nicht übersehen werden. Der nationalistische Trientner Bischof Celestino Endrici hat sowohl den Grundstein als auch das fertige Denkmal gesegnet,, obwohl er vom Südtiroler Klerus ersucht worden war, dies zu unterlassen. Der Bischof hatte auch nichts an der blasphemischen Rede auszusetzen, in der der Vertreter der faschistischen Regierung, Giacomo Suardo, bei der Einweihung des Denkmals den Stahlhelm der Soldaten mit dem Heiligenschein, das Bajonett mit dem Kreuz Christi, das harte Kommissbrot der Soldaten mit der Hostie und die Kriegsversehrten mit den Priestern verglich. Dieser Suardo war übrigens das einzige Mitglied des faschistischen Großrates, das sich bei der Sitzung zur Enthebung Mussolinis der Stimme enthielt, weshalb er im Racheprozess von Verona freigesprochen wurde. Das sollte auch zur Erinnerungskultur gehören, die aber bei der Kirche nicht besonders ausgeprägt ist.

Leave a Reply to Hartmuth Staffler Cancel reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL