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Nein zum rechtsextremen Burschenschaftstreffen in Algund!

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von Antifa Meran

Es ist eines der größten Treffen völkisch-nationaler und rechtsextremer Burschenschaften im deutschsprachigen Raum – und soll in Algund stattfinden.

Vom 15. bis 17. September 2023 lädt der Dachverband Deutsche Burschenschaft seine zum Großteil rechtsextremen Mitglieder zur »Verbandstagung« nach Südtirol. Ort des dreitägigen Treffens: das Thalguterhaus der Gemeinde Algund. Das Rathaus und der Jugendtreff liegen direkt gegenüber, die Grundschule ist wenige hundert Meter entfernt. Der bis zu 500 Personen fassende Raiffeissensaal ist bereits angemietet.

Wir als Antifa Meran fordern die Leitung des Thalguterhauses sowie die Gemeinde Algund als Trägerin zum sofortigen Einlenken auf: Rechtsextremismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben – erst recht nicht in den Repräsentationsräumen einer Gemeinde.

In Innsbruck versuchte die Deutsche Burschenschaft 2013, ihre Verbandstagung in Räumen der Stadt zu machen. Die ehemalige ÖVP-Bürgermeisterin damals: »Die Durchführung der Veranstaltung würde unseren Grundsätzen der offenen Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus widersprechen.« Die Stadt kündigte den Vertrag, Tausende demonstrierten gegen Rechtsextremismus. Wir meinen: Algund soll dem Innsbrucker Beispiel folgen!

Wir rufen auch die Algunder Bevölkerung dazu auf, klar Stellung zu beziehen und den Rechtsextremen keine Übernachtungs- und Einkehrräume zu geben. Zivilgesellschaftliche und politische Gruppen sind aufgefordert, den Protest gegen die Veranstaltung mitzutragen.

Ankündigung in der Zeitschrift der Deutschen Burschenschaft (Quelle: Burschenschaftliche Blätter)


Hintergrundinformationen:
Verbandstagung in Algund – worum geht es?

Vom 15. bis 17. September 2023 will die Deutsche Burschenschaft ihre jährliche Verbandstagung in Algund austragen. Mehrere hundert Mitglieder nehmen regelmäßig an diesen Treffen teil, zu denen Vortragende aus dem rechten und rechtsextremen Lager geladen werden.

Fackelmarsch der Deutschen Burschenschaft in Eisenach (Quelle: TAZ)

Was ist eine Burschenschaft?

Burschenschaften sind Vereinigungen von Studenten, die in ihrer Mehrheit einen völkischen Nationalismus und eine frauenfeindliche und elitäre Ideologie vertreten. Das »deutsche Volk« wird als »Abstammungsgemeinschaft« verstanden. Damit unterscheiden sie sich von katholischen oder liberalen Studentenverbindungen. Frauen ist die Aufnahme in den »Lebensbund« der Burschenschaften nicht erlaubt.1Quelle Viele Vereinigungen pflegen als Aufnahmeritual die Mensur – den ritualisierte Zweikampf mit dem Degen.2Quelle

Auch wenn Burschenschaften an den Universitäten eine Randerscheinung sind – als Rekrutierungsbecken für Parteien wie die NPD, die FPÖ und die AfD wirken sie auf Politik und Gesellschaft ein.

In den 1930er Jahren hatten sich fast alle Burschenschaften in NS-Kameradschaften umgewandelt. Viele Burschenschafter waren Mitglieder der NSDAP, im NS-Studentenbund und anderen NS-Organisationen. Heinrich Himmler (Burschenschaft Apollo) und Ernst Kaltenbrunner (Burschenschaft Arminia Graz) besetzten ranghohe Posten im Nazi-Regime.3Quelle

Wer ist die Deutsche Burschenschaft?

Die Deutsche Burschenschaft ist ein Dachverband von 66 Burschenschaften aus Deutschland und Österreich. Der nach eigenen Angaben 4.500 Mitglieder zählende Verband ist die größte Vernetzungsplattform rechter Burschenschaften im deutschsprachigen Raum.

Er wird seit Jahren von völkisch-nationalen und rechtsextremen Burschenschaften dominiert, viele von ihnen sind in der Vereinigung Burschenschaftliche Gemeinschaft organisiert (siehe Schaubild). Sie bildet den tonangebenden rechten Flügel in der Deutschen Burschenschaft.

»Die Deutsche Burschenschaft [ist] nach dem Austritt einer ganzen Reihe von konservativen Bünden […] Teil der extremen Rechten«, erklärt die Politologin Alexandra Kurth von der Universität Gießen.4Quelle Diese Burschenschaften übernehmen im rechten Lager eine Scharnierfunktion zwischen gewalttätigen Neonazigruppen und rechtsextremen Parteien wie der NPD, AfD und FPÖ.

Beispielsweise war der rechtsextreme Verleger Philip Stein von 2017 bis 2020 Pressesprecher der Deutschen Burschenschaft. Er unterhält Kontakte zu faschistischen Gruppen in Italien und nahm in den letzten Jahren mehrfach an Veranstaltungen von CasaPound teil.5Quelle 2011 diskutierten die Deutschen Burschenschaften über den Ausschluss eines Mitglieds mit chinesischen Eltern, da dies nicht der »deutschen Abstammung« entspräche.6Quelle

Philip Stein (grüner Pullover) am Podium der CasaPound-Jugendorganisation (Quelle: Blocco Studentesco, Facebook)

Die Verbandstagung in Algund

Für die Verbandstagung wird seit Monaten in der Verbandszeitschrift der Deutschen Burschenschaft geworben. Ebenfalls dort abgedruckt: Ein vierseitiger Bericht eines Vortrags, den die Südtiroler Schützen-Historikerin Margareth Lun 2022 für die Burschenschaft Cruxia in Leoben (Steiermark) gehalten hat.

Der Südtirol-Bericht ist wohl als Einstimmung für die Tagung gedacht. Und ein Beispiel von vielen, wie fließend die Grenzen zwischen Konservativen und Rechtsextremen sind. Michael Demanega etwa, ehemaliger Generalsekretär der Südtiroler Freiheitlichen, trat im Zuge seines Studiums in Wien der rechtsextremen Burschenschaft Teutonia bei.

Aber warum findet die Tagung in Südtirol statt? Organisiert wird sie von der Münchner Burschenschaft Cimbria, die den Vorsitz inne hat. Südtirol ist nicht weit und spielt unter Burschenschaften als »Grenzland« des »deutschen Vaterlandes« eine wichtige, weil einende, ideologische Rolle: »Bei Südtirol verstehen schlagende Burschenschafter keinen Spaß.« Regelmäßig finden Verbandstagungen daher in Regionen mit deutschsprachigen Minderheiten statt, 2019 etwa im Elsass.

Die dreitägige Veranstaltung beginnt am Freitag und dauert bis zum Sonntag. Das Thalguterhaus stellt am Freitag von 16 bis 22 Uhr und am Samstag von 8 bis 23 Uhr Räumlichkeiten für die Veranstaltung zur Verfügung. Höhepunkt ist der »Tirolkommers«, der zusammen mit der Burschenschaftlichen Gemeinschaft abgehalten wird.

Rechtsextremes Treffen im Thalguterhaus zwischen Pilates und Kunstausstellung (Quelle: Webseite Thalguterhaus)

Geladen werden Referenten aus dem rechtsextremen Lager. Im letzten Jahr beispielsweise referierte bei der Verbandstagung Norbert Weidner, der 2015 in einem Leserbrief den von den Nazis ermordeten Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als »Landesverräter« und seine Hinrichtung durch den Strang als »rein juristisch gerechtfertigt« bezeichnet hatte.7Quelle

Margareth Lun 2022 bei der Burschenschaft Cruxia (Quelle: Burschenschaftliche Blätter)

2013: Innsbruck gegen Burschenschafter-Aufmarsch

Vor zehn Jahren wollte die Deutsche Burschenschaft ihr Treffen in der Innsbrucker Messehalle abhalten. Die Stadt Innsbruck reagierte nach öffentlicher Kritik und löste den Vertrag auf, 1.500 Personen demonstrierten gegen die Veranstaltung.

»Aus der Sicht der Stadt Innsbruck würde die Durchführung der Veranstaltung der Landeshauptstadt erheblichen Schaden – über ihre Grenzen hinaus – zufügen und unseren Grundsätzen der offenen Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus widersprechen«, stellte die damalige ÖVP-nahe Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) klar.8Quelle

Auch bei der Verbandstagung in Düsseldorf im Vorjahr lud das Steigenberger Hotel die Deutsche Burschenschaft aus, nachdem Aktivist:innen auf die Hintergründe aufmerksam gemacht hatten.

Demo gegen die Verbandstagung 2013 in Innsbruck (Quelle: TT)

Weitere Informationen.

Zuerst erschienen im Blog der Antifa Meran.


Nachtrag vom 9. Juli 2023: Die Veranstaltung wurde inzwischen abgesagt.


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