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Freiheitskämpfer, Gräueltaten?

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Der islamistische türkische Präsident Erdoğan und seine Sicht auf den Nahen Osten.

Diese ist gewollt getrübt. Die Türkei stellt sich bedingungslos hinter die klerikalfaschistische Hamas. Für Erdoğan sind die Hamas-Terroristen — die Türkei gilt neben Katar als deren Pate — Freiheitskämpfer, die sich gegen angebliche israelische Gräueltaten wehren. Erdoğan spricht sich gegen den »unmenschlichen« Krieg in Gaza aus.

Dem Westen wirft der Islamist in Ankara Heuchelei vor. Während er die Welt für die Ukraine mobilisiert hätte, schweige der Westen zu den »Massakern in Gaza«. Um nicht als entgrenzter Antisemit dazustehen, erklärte Erdoğan, kein Problem mit dem israelischen Staat zu haben, aber mit Israels Politik gegenüber den Palästinensern.

Erdoğan bewertet die palästinensische Frage als die Wurzel aller Probleme in der Region. Solange diese Frage nicht auf gerechte Weise gelöst werde, gebe es keinen Frieden geben. 

Ob sich der autoritäre türkische Präsident zuhört? Seine Armee und seine »Sicherheitskräfte« terrorisieren die Bevölkerung in Türkisch-Kurdistan, die mit NATO-Waffen hochgerüstete türkische Armee operiert immer wieder in der autonomen kurdischen Region im Nordirak, angeblich um PKK-Terroristen zu jagen.

Das NATO-Land Türkei mischt im syrischen Bürgerkrieg mit, auf Seiten islamistischer Milizen, geistig verwandt mit der palästinensischen Hamas und besetzte vor fünf Jahren die kurdische Enklave Afrin im westlichen Nordsyrien. Die NATO ließ den Verbündeten gewähren, der nicht nur mit dem russischen Kriegspräsidenten Putin gut kann.

Die kurdische Bevölkerung wurde terrorisiert, enteignet, verjagt. Afrin ist ethnisch gesäubert. Restlos. Gaza nicht.

Die Türkei führt erklärtermaßen einen Krieg gegen das kurdisch geprägte Nordsyrien. Mutmaßliche PKK-Anschläge in der Türkei nutzten Erdoğan und sein Apparat für »Strafaktionen« in Rojava, Nordsyrien. Den Bombenterror gegen die multiethnische Bevölkerung Nordsyriens verteidigt Erdoğan als Recht auf Selbstverteidigung. Für ihn ist Rojava ein Projekt der kurdischen Arbeiterpartei PKK, seiner erklärten Feinde — keine Freiheitskämpfer, sondern Terroristen. Besonders ärgert Erdoğan, dass Rojava trotz seines antikurdischen Krieges westliche Kontakte pflegt.

Ist nicht auch die kurdische Frage eine Wurzel der Probleme im Nahen Osten? Kurdistan ist aufgrund des imperialistisch getränkten Sykes-Picot-Abkommens zwischen Großbritannien und Frankreich von 1916 auf vier Staaten aufgeteilt. Türken, Araber und Iraner verweigern den Kurden ihr Recht auf Selbstbestimmung, Wiedervereinigung, Eigenstaatlichkeit. Drei Staaten, die für eine lange Reihe von Gräueltaten an der kurdischen Zivilbevölkerung verantwortlich sind. Staaten, die palästinensische Terroristen sponsern.

Kurdische Peschmergas im Irak organisierten in den 1950er und 1960er Jahren die Flucht der Juden aus dem Land. Die israelische Staatsgründung schien die traditionelle kurdische Nationalbewegung zu faszinieren. Anders agieren linke kurdische Organisationen: Sie fühlen sich den Palästinensern verbunden, der PLO und der Volksfront zur Befreiung Palästinas PLFP. Außenseiter, verdrängt von der Hisbollah, finanziert vom Iran und von der Hamas, unterstützt von Katar und von der Türkei.

Die kurdischen Organisationen schwiegen, als am 7. Oktober Hamas-Killer mehr als 1.400 Menschen bestialisch ermordeten, hunderte nach Gaza entführt wurden. Erst jetzt brach ein hochrangiger PKK-Funktionär das Schweigen. Seine These — wohl auch deshalb die lautstarke Wortmeldung — hinter dem Hamas-Massaker stehe Erdoğan.

Erdoğan, Präsident eines NATO-Landes, der von Rechtsstaat und Demokratie nichts hält, nichts von der Europäischen Union und ihren Werten. Für den palästinensische Massenmörder Freiheitskämpfer sind. Applaus erhält Erdoğan aus Budapest. Die ungarische Regierung würdigt die Türkei und ihre Friedensbemühungen, verschweigt aber geflissentlich das türkische Engagement bei der Vertreibung der Armenier aus Arzach.


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