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Pink Lady.

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Die AG Zukunft Landwirtschaft wirbt für eine uneingeschränkte konventionelle Landwirtschaft

Die »Arbeitsgruppe« Zukunft Landwirtschaft (ZL) hält sich auf ihren Facebook-Seiten nicht zurück. Alles, was irgendwie mit Bio zusammenhängt, wird niedergemacht. Landwirtschaftliche Emissionen, Stichwort Gülle, »müssen als kulturelles Erbe geschützt werden«. Nitrat im Trinkwasser? Kein Thema. Keine Auflagen beim Giftspritzen, also beim Einsatz von Pestiziden, Zukunft Landwirtschaft ist 100 Prozent pro Glyphosat.

Kritik daran — am Glyphosat, stellvertretend für die Giftmittel, sorry Pestizide — wird als unqualifiziert abgetan. Alle, die Kritik üben, sind links-grün Versiffte. So einfach ist es aber nicht. Beispiel: Seit der Übernahme von Monsanto durch den Chemieriesen Bayer muss sich der Konzern in den USA mit mehr als 154.000 Klagen gegen Glyphosat beschäftigen. »Und auch wenn Bayer stets bestritten hat, dass Glyphosat krebserregend ist, hat es schon mehrere Milliarden Euro für Vergleiche ausgegeben, Geld zurückgestellt und einige Verfahren spektakulär verloren«, berichtete die deutsche Wochenzeitung Die Zeit.

Sicher, der Einwurf stimmt, Glyphosat wird nicht auf die Äpfel gespritzt. Scheint Apfel-Konsument:innen nicht zu belasten oder gar zu gefährden. Trotzdem warnt das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Kein Wunder, steht doch ein Grüner dem Ministerium vor.

Fake-News-Medien

Immer wieder im Visier von ZL ist das Münchner Umweltinstitut — Private, erläutert ZL — und seine Umtriebe, wie das inzwischen annullierte Malser Anti-Pestizid-Referendum. Zukunft Landwirtschaft wirbt für eine »verantwortungsvolle Landwirtschaft, jenseits der Öko-Illusion«. ZL steht — ohne wenn und aber — für die konventionelle Landwirtschaft und organisierte die Bauerndemonstration am 18. Februar in Bozen. Das verwundert keineswegs. Denn mit Ansagen an Politik und Gesellschaft hält sich ZL nicht zurück. Die AG ärgert sich über Ernteprognosen, die den Bauern schaden, »das spielt doch nur den Handelsketten in die Hände und schadet uns Landwirten«, kritisierte Georg Gallmetzer, Präsident von Zukunft Landwirtschaft. Er wettert gegen das »Kartell des Lebensmitteleinzelhandels« mit der dazu passenden Frage an alle Südtiroler: »Warum müsst ihr 2,80 Euro für ein Kilo Äpfel bezahlen, wenn wir nur 30 Cent dafür bekommen?«

Die Kritikliste der ZL ist ewig lang, darunter auch die Kritik an bestimmten Medien. Die AG empfindet Artikel über die Landwirtschaft in der ff und auf Salto als »diffamierend«, Georg Gallmetzer spricht von Gonzo-Journalismus, von der Desinformation über die Lebensmittelproduktion: »Er — der Gonzo-Journalismus — zeichnet sich dadurch aus, dass der Journalismus radikal, subjektiv, mit starken Emotionen und absichtlichen Übertreibungen arbeitet aber bewusst Fakten und Objektivität weglässt. Das beste Beispiel ist die öffentliche rechtliche (sic) Medienanstalt Rai Südtirol, die gewisse Informationen, die ihr zugespielt wurden, ungeprüft veröffentlicht hat. Das nennt man dann Desinformation«, sagte Gallmetzer im Interview mit der Onlineplattform Unser Tirol24.

Was werden das wohl für »gewisse Informationen« gewesen sein, die zugespielt, aber nicht überprüft wurden? Wahrscheinlich die Malser Pestizidstudie des ungeliebten Münchner Umweltinstituts. Alles nur Humbug, Fake News, üble Nachrede, Miesmacherei. Kurzum die Pestizidstudie ist ein »grobes Foul«. Pech nur, dass eine neue Studie der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) die verunglimpfte Recherche des Umweltinstituts bestätigt. Gift- bzw Pestizidrückstände sind nicht nur in den Obstanlagen zu finden, sondern auch im nahen und ferneren Umland. Festgestellt wurde auch der zahlenmäßige Rückgang von Schmetterlingen. Stichwort Artensterben, Südtirol ist davon nicht ausgenommen, im Gegenteil. Und die Landwirtschaft ist vielfach für das Artensterben verantwortlich. Doch um nicht dem Gonzo-Journalismus zu verfallen, die erwähnte Studie sorgt in der wissenschaftlichen Welt für heftigen Disput.

JWA contra Clubsorten

Die Realität kann nicht schöngeschrieben werden, auch nicht von der AG Zukunft Landwirtschaft. Der Landtagsabgeordnete Jürgen Wirth-Anderlan warf dieses Thema vor der Bauernkundgebung in Bozen auf. Er stellte fest: »Wir haben nur noch Clubsorten, wo wir uns relativ schwertun. Wir haben Vorschriften, die nicht mehr aufhören. Wir werden von oben herab reglementiert, drei Mal im Jahr gibt es eine Kontrolle. Wir müssen so viele Kurse besuchen«.

Einer der Protestorganisatoren, Georg Gallmetzer, ist der Südtiroler Promoter dieser Clubs, Pink Lady. Gallmetzer soll ein äußerst erfolgreicher »Äpfelbauer« sein, der seine zehn Hektar Apfelplantagen mit Pink Lady lukrativ bewirtschaftet. Pink Lady, ein exklusiver Club, der auf seiner Homepage zwar jede Menge Text anbietet, aber kaum Informationen. Gekonnt wird die Nachhaltigkeit, die Förderung von Frauen und des Südens der Welt bespielt. Grüne Themen, die auf den Facebook-Seiten der AG Zukunft Landwirtschaft ansonsten heftigst bekämpft werden. Pink Lady ist aber gar nicht der Apfel, sondern die Markenbezeichnung: »Die Clubsorte unterliegt bestimmten Vorgaben, die eingehalten werden müssen und darf nur von einer bestimmten Anzahl von Bauern produziert werden. Bäume wurden anfangs in Südostfrankreich später im Loiretal, in Südwestfrankreich, in Italien und Spanien gepflanzt«, schreibt der Marketingberater Andreas Kroppen auf seiner Homepage.

Pink Lady ist eine sogenannte Clubsorte; keine Zucht-Sorte, sondern eine Marke. »Die Apfel-Bauern müssen einem Club beitreten, Lizenzgebühren bezahlen und bekommen vorgeschrieben, wie groß und rot die Äpfel sein müssen«, berichtet Greenpeace. Weiter: »Viele Apfel-Bauern machen sich mit dem Anbau von Pink Lady abhängig von der „International Pink Lady Alliance“, die hinter der Marke steckt. Denn sie müssen sich verpflichten, die Äpfel zu einem festen Preis nur an die Pink Alliance abzugeben. Hof-Verkäufe oder Kooperationen mit Supermärkten sind den Bauern nicht erlaubt.«

Das ist keine üble links-grün-versiffte Nachrede. So heißt es auf apfelwelt.it:

Im Gegensatz zu Standardsorten wie Golden Delicious oder Granny Smith, die allen Produzenten in der ganzen Welt frei zum Anbau zur Verfügung stehen, haben gemanagte Sorten oder sogenannte Vertragssorten einen Besitzer, der seine Inhaberrechte an diesem Apfel durch einen, in der EU hinterlegten Sortenschutz gesichert hat. Produzenten müssen mit dem Inhaber der Sortenrechte Lizenzverträge für den Anbau und die Vermarktung abschließen. Darin wird unter anderem festgelegt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Erlöse in Form von „Royalties“ an den Rechteinhaber geht.

– apfelwelt.it

»Club-Äpfel«, die Zukunft der Landwirtschaft?

Das soll die Zukunft für die Landwirtschaft sein? Offensichtlich ja, besonders in Südtirols Obstwirtschaft. Viele Bauern wollen diese »makellos aussehenden Äpfel, eine Apfel-Kreuzung« anbauen. Ein »Kunst«-Apfel, der laut Ökotest anfällig für Krankheiten und Schädlinge sei, daher mehr chemische Spritzmittel benötige, von denen sich noch Spuren auf den Äpfeln finden lassen. Diese Markenäpfel verdrängen wegen der großen Nachfrage andere Apfelsorten, warnen Umweltschützer, die deshalb die Sortenvielfalt gefährdet sehen. »Kaufen alle Menschen nur noch eine Sorte, werden keine anderen Apfelsorten mehr angebaut. Die Sorten und Samen gehen also verloren. Das ist problematisch, weil sich Sorten dann nur schwer weiterentwickeln lassen, etwa um robuste Apfelsorten infolge von klimatischen Veränderungen zu gewinnen. Früher gab es circa 3.000 Apfelsorten, von denen viele bereits verschwunden sind«, warnen Verbraucher- und Umweltorganisationen.

Stefan Eschek vom deutschen Bundessortenamt erklärt im ZDF:

Obstbauern, die keine Club-Sorten anbauen (…) verdienen dann weniger Geld, bekommen dann finanzielle Probleme und werden dann vielleicht von größeren Unternehmen aufgekauft, die dann auch alles nur mit Clubsorten bepflanzen und am Ende gibt es dann nicht mehr Sorten, sondern nur noch drei oder vier Sorten auf dem Markt.

– Stefan Eschek

Wohl auch deshalb gab es in den vergangenen Jahren auch immer wieder »Anschläge« auf Pink-Lady-Anlagen beispielsweise im Unterland. Sind die Bäuerinnen und Bauern dafür vor das Landhaus in Bozen gezogen, mit ihren Traktoren und dem steuerbegünstigten Diesel? Sie haben uns Konsumentinnen und Konsumenten daran erinnert, dass sie unsere Lebensmittel produzieren. Clemens Riegler widersprach auf Salto bisher unwidersprochen. Zitat: »Auf vielen Plakaten steht „Nur der Bauer macht dich satt“ … oder so ähnlich. Wenn wir ehrlich sind, dann produziert die Südtiroler Landwirtschaft so gut wie keine Grundnahrungsmittel. Außer Milch vielleicht. Der Rest liegt im Null-Komma-Seppl-Bereich.«

Auf seiner Kundgebung gegen die Landwirtschaftspolitik — vom Land, vom Staat, von der EU? — wetterte Georg Gallmetzer von der AG Zukunft Landwirtschaft gegen die Landesverwaltung. Sie gewähre dem nervigen Dachverband für Natur- und Umweltschutz einen Beitrag von 200.000 Euro jährlich. »Unser Steuergeld«, kritisierte Gallmetzer. Er sollte nachrechnen, wieviel von »unserem Steuergeld« in die Landwirtschaft fließt. In seiner Studie »40 Jahre Paket-Autonomie« kommt Thomas Benedikter zum Schluss, dass die Landwirtschaft seit 30 Jahren Nutznießerin von hohen Beiträgen sei. Benedikter schreibt deshalb auch von einer öffentlichen Rundumbetreuung der Landwirtschaft. Die Südtiroler Wirtschaftszeitung SWZ findet, dass unterm Strich die günstigen Steuerregeln noch stärker ins Gewicht fallen.

Georg Gallmetzer sollte in der SWZ nachlesen: »Andererseits ist es augenscheinlich, dass es auch gar nicht wenige recht wohlhabende Bauern gibt, die sich ins Fäustchen lachen, weil sie mit Steuergeldern bedacht, aber vom Fiskus verschont werden«, kommentiert die SWZ recht ungeschminkt: »So zahlen die Südtiroler Steuerzahlerinnen und -zahler an die zwei Milliarden Euro an Einkommenssteuern, aber nur ein sehr geringer Teil davon entfällt auf die Bauern.«

Die aktuellen bäuerliche Proteste, besonders gegen die EU, nennt Thomas Benedikter einen Aufstand gegen den notwendigen Wandel. Europaweit attackieren Bauern und Bäuerinnen den New Green Deal der EU. Nur zu Erinnerung: Im Haushalt der EU sind die meisten Gelder für die Landwirtschaft »reserviert«, bis 2027 fast 400 Milliarden Euro. Die Landwirtschaftspolitik der EU formulieren die Bauernverbände in Kombination mit den Agrar-, Chemie- und Lebensmittelkonzernen. Die großen Verbände, in den Händen der Großkopfeten, »missbrauchen« das sympathische Image der Kleinbauern und der mittelständischen landwirtschaftlichen Betriebe.


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Comentârs

One response to “Pink Lady.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Da die Politik versagt, könnten eigentlich nur die Konsumenten die Turbo-Bauern zur Vernunft bringen. Da aber bei den meisten Konsumenten immer noch die Geiz-ist-geil-Mentalität vorherrscht, ist diese Hoffnung wohl vergeblich.

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