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Mononationale Chocolatiers.

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Ihren Sitz hat die Associazione Cioccolato Bean To Bar Italia (ACBI) — laut gestrigen Dolomiten ein »Kulturverein« — in Klausen. Ihr Präsident heißt Armin Untersteiner, Mitgründer der Südtiroler Schokoladenmanufaktur Karuna.

Wieder einmal ist der Denk- und Handlungsrahmen für Südtiroler Unternehmerinnen nicht etwa die Euregio oder die Alpenregion, sondern der italienische Nationalstaat. Man hält sich also strikt an dessen Grenzen.

Es ist dies nur eines von vielen Beispielen, wie tief der Nationalstaat in unsere Köpfe eingedrungen ist und auch nur selten hinterfragt wird. Er muss aktiv gar nichts dafür tun, dass auf der Grundlage seiner schieren Existenz immer wieder Neues entsteht, das seine nivellierende Logik in sich trägt und fortpflanzt. Dieses Neue verstärkt dann ja wiederum die Auffassung, dass der Nationalstaat der logische, ja sogar der natürliche Denkrahmen für alles ist, was über lokale Grenzen hinausgeht.

Konsequenterweise braucht die ACBI — dem hohen Tellerrand der Staatsgrenzen folgend — nur einen italienischen Namen, eine einsprachige Website und einsprachige Social-Media-Kanäle. Dass sich ihr Sitz im mehrheitlich deutschsprachigen Südtirol befindet oder Gründungsmitglieder aus Sardinien dabei sind, ändert nichts.

Lediglich die internationale lingua franca Englisch (»bean to bar«) hat genügend Kraft und Prestige, die nationale Einheitssprache zu »durchbrechen«. Autochthone Mehrsprachigkeit hingegen ist im Nationalstaat kaum denkbar.

Im Gegenteil: Man hätte sogar mit Verwunderung — womöglich mit Rechtfertigungsdruck — zu rechnen, wenn man im mononationalen Italien einen staatsweiten Verein, und sei es einen »Kulturverein«, mehrsprachig dächte. Anders als dies in konstitutiv mehrsprachigen Staaten wie der nahen Schweiz, Kanada oder Belgien der Fall wäre.

Ausschnitt ACBI-Website: Einsprachiges, die Staatsgrenzen wiedergebenes Logo (vgl.); einsprachige Ankündigung einer Veranstaltung in Südtirol

Auf den Beitrag in den gestrigen Dolomiten, der den nationalen Rahmen und die Einsprachigkeit auch aus dem Südtiroler Blickwinkel nicht hinterfragt, hat mich ein Leser hingewiesen.

Natürlich betrifft das hier Beschriebene in vielerlei Hinsicht nicht nur die ACBI. Besonders eklatant wird es aber durch die prominente Südtiroler Beteiligung und den Sitz im Lande.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 | 06



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Comentârs

7 responses to “Mononationale Chocolatiers.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Südtiroler Konsumenten haben es in der Hand, diesen nationalistischen Unsinn durch konsequenten Kaufboykott zu bekämpfen. Ich habe bereits mehrere Bekannte darauf hingewiesen, dass diese Produkte nicht zu kaufen sind, und bin auf viel Zustimmung gestoßen. Ähnliches gilt auch für Südtiroler Weine, die immer öfter italienische Bezeichnungen erhalten und damit ihre Herkunft verleugnen. Wenn unser Vernatschwein z. B. von Kloster Neustift nur mehr “Schiava” heißt, dann kaufe ich ihn halt nicht mehr. Ich habe das auch im Klosterladen mitgeteilt und bin dort sogar auf Verständnis gestoßen. Schlimm finde ich auch, dass unser Ruländer, der seinen Namen von Johannes Ruland, dem Entdecker dieser Spontanmutation erhalten hat, bei uns plötzlich “Pinot grigio” heißen soll. Der Ruländer ist zunächst von seiner Heimat Rheinland nach Frankreich gewandert, wo man ihn in Anlehnung an Pinot noir (Blauburgunder), Pinot blanc (Weißburgunder) und Pinot jeaune (Chardonnay, eine Kreuzung aus Heunisch-Rebe und Weißburgunder bzw. mehreren Mutationen) eben Pinot gris (Grauburgunder) genannt hat, um den deutschen Namen zu vermeiden. Von Frankreich ist der Pinot gris dann nach Italien gewandert, wo man ihn in Pinot grigio umbenannt hat, und diese Bezeichnung ist wiederum, in Unkenntnis oder – was schlimmer ist – in Missachtung der Geschichte in Südtirol einfach übernommen worden. Wenn man schon den armen Johannes Ruland (der lange vor den Nazis gelebt hat und daher nicht, so wie Prof. Zweigelt, deswegen angefeindet werden könnte), nicht ehren will, dann könnte man den Wein mindestens Grauburgunder nennen. Aber das ist wohl zu viel verlangt von den Produzenten. Als Konsument habe ich es einfacher: Ich kaufe diesen Wein nicht.

  2. Kritiker avatar
    Kritiker

    Das nationale Denken ist mittlerweile derart in den Köpfen der Südtiroler verankert, dass selbst Produkte aus dem fernen Sizilien als „einheimischer“ betrachtet werden als etwa ein Produkt aus Nordtirol. Wie oft habe ich in diesem Zusammenhang schon argumentiert bekommen, dass die sizilianischen Produkte deshalb besser sind, weil sie nicht importiert werden.
    Und wer glaubt dass Dolomiten oder Rai Südtirol dies mal hinterfragen würden, irrt. Beide Medien sind mittlerweile zu 100% staatstreu. Siehe auch die Sportberichterstattung in diesen Medien. Der totale nationale Wahnsinn.

    1. Hartmuth Staffler avatar
      Hartmuth Staffler

      Man denke nur an die Tomatophilie der Frau Foppa, die Tomaten aus Italien den einheimischen Tomaten vorzieht – und das als Grüne, die sonst angeblich dafür sind, regional einzukaufen und umweltschädliche lange Transportwege zu vermeiden. Aber wenn es um Italien geht, ist kein Weg zu lang.

      1. Simon avatar

        Wo hat sie das denn gesagt/geschrieben? Meines Wissens gibg es in ihrem (durchaus »gastronationalistischen«) FB-Eintrag nicht um einheimische, sondern um belgische Tomaten.

      2. Hartmuth Staffler avatar
        Hartmuth Staffler

        Frau Foppa hat sich beklagt, dass sie in ihrem Supermarkt nur Tomaten aus Belgien und nicht aus Italien gefunden hat. Dass Tomaten aus Südtirol die bessere Wahl wären, hat sie nicht realisiert.

      3. Lorenz Winkler avatar
        Lorenz Winkler

        Sie wird in diesem Falle wohl eher mit “Italien” Südtirol inkludiert haben bzw. einheimisch eher gesamtsaatilich/national gefasst haben statt regional.

      4. Hartmuth Staffler avatar
        Hartmuth Staffler

        @ Lorenz Winkler: Wenn die Frau Foppa mit “Italien” Südtirol meint, dann ist ihr wirklich nicht zu helfen. Ich bin kein Grüner, aber ich kaufe vorwiegend einheimisch ein. Frau Foppa sollte vielleicht als italophile Grüne den Begriff “chilometro zero” kennen, wenn ihr “einheimisch” unsympathisch ist.

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