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Sehr geehrter Herr ›Volkskanzler‹.
Offener Brief an Herbert Kickl

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Mir bleibt oft die Spucke weg, wenn ich Ihren Rundumschlägen zuhöre. Hass und Hetze gehören ja gewohnterweise zu den Zugaben, Ingredenzien Ihrer Äußerungen. Giftmischerei pur. Trotzdem sind und bleiben sie erschreckend. 

Der Reihe nach, sehr »selektiv«. Ihre Partei lehnt eine Verschärfung des Waffengesetzes ab. Trotz der vielen Amokläufe, die in Österreich stattfanden und wahrscheinlich weiterhin stattfinden werden. In Graz fielen im Sommer zehn junge Menschen dem Waffenwahn, den Sie verteidigen, zum Opfer. Wahrscheinlich ist das »der Preis der Freiheit«, wie es Ihr Idol Charlie Kirk doch so treffend formuliert hatte. Der Preis dafür, Waffen tragen und damit auch schießen zu dürfen. Auf Menschen. Unschuldige. Sie und Ihre Partei stehen hinter dieser »Idee der Freiheit«. 

Sie plädieren dafür, in Wien ein Denkmal für den kaltblütig ermordeten Kirk errichten zu wollen. Warum nicht auch für Melissa Hortman, die im Jänner von einem ganz »normalen« Bürger samt ihrem Ehemann erschossen wurde? Ach, das war ja eine linke Demokratin, also wurscht. 

Aufschlussreich Ihre Wortspenden im ORF-Sommergespräch: Russisches Gas ist für Sie nichts »Böses«. Für die Förderung dieses nicht bösen Gases müssen in Sibirien indigene Völker weichen. Auch wurscht. Aufschlussreich der Zusatz: Die Abhängigkeit von Gas ist Ihnen dort lieber, wo es billig ist. Dass damit der russische Eroberungskrieg gegen und in der Ukraine finanziert wird, ist Ihnen auch wurscht.

Sie wissen alles besser, schimmerte in diesem Sommergespräch durch. Sie täten Mieten, Lebensmittel und Energie gegenfinanzieren und zwar mit den »Milliarden« des Asylwesens, der »Ukraine-Hilfe« und der »Hilfszahlungen nach Afrika«. Naja, wird für Ihre Wählenden überzeugend klingen. Aber, Sie waren unfähig, mit der ÖVP eine Koalition zu bilden. Gott sei Dank, schreibe ich, haben Sie darin versagt. Wie wollen/sollen Sie angesichts dieses Ablosens ein Land regieren? Trotzdem streben Sie weiterhin die Bundeskanzlerschaft an, sorry, die Volkskanzlerschaft.

Volkskanzler Kickl, der Schutzpatron für Südtirol? Der faschistoide Bundeskanzler Schuschnigg hatte bereits Südtirol verraten wie auch »Volkskanzler« Hitler, der Südtirol großzügig an seinen Bruder im Geiste, Benito Mussolini verschenkte.

Besonders gruselig wird es, wenn Sie vom »Volkskörper« schwafeln. Adolf Hitler benutzte in seinem »Standardwerk« Mein Kampf den Begriff des »Volkskörpers«, der von Juden und Marxisten vergiftet werde. Adolf lässt grüßen. Ist der österreichische »Volkskörper« wegen der Habsburger Vergangenheit nicht ein sehr diverser Mix? Namensforscher Jürgen Udolph beschäftigte sich mit dem Ursprung Ihres Namens und stelle fest, Kickl sei ein slowenischer Name. Na also. Passen Sie zum »teutschen Volkskörper«?

Hass und Hetze, darin sind die Freiheitlichen in Kärnten Weltmeister. Gerade dann, wenn es gegen die slowenischsprachigen Kärntner:innen geht. Hetzerisch, mit Schaum vor dem Mund.

Den haben Sie auch, wenn es um die Ukraine geht. Sie hegen größtes Verständnis für den russischen Kriegspräsidenten Wladimir Putin, einen Mafioso der Sonderklasse, beschimpfen die EU als »kriegsgeil« und empfehlen dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Selenskyj (der Sie nervt, weil er jüdisch ist), seiner Regierung, dem Parlament und den Bürger:innen die bedingungslose Kapitulation. Die Ukraine soll die besetzten, annektierten ostukrainische Gebiete, seit 2014 schon, dem russischen Vergewaltiger »abgeben«. Weil diese Regionen angeblich russisch seien.

Naja, irgendwann fordert Ihr Freund Viktor Orbán, der kleine ungarische Putin, einen Teil des Burgenlandes, weil immer schon ungarisch. Den Rest beansprucht Kroatien, weil dort Kroaten leben. Slowenien möchte sich dann in diesem Sinne Teile der Steiermark — dort wurde die slowenische Minderheit fast restlos germanisiert — und Kärntens/Koroška — von einst mehr als 100.000 slowenischsprachigen Kärnter:innen blieben dank der österreichischen Minderheitenpolitik geschätzte 10.000 übrig — einverleiben. Weil immer schon slowenisch.

Ja, und Oberösterreich und Salzburg sind doch eh nur die südliche Fortsetzung Bayerns. Ab in den bayerischen Freistaat damit. Tirol spielte immer schon eine Sonderrolle, damals als Kronland. Bleibt noch Vorarlberg zum Verteilen, Xiberg an die Schweiz. 

Das entspricht Ihren — von Selenskyj nicht angeforderten — Empfehlungen an die geschundene Ukraine. 

Grauenhaft die Vorstellung, Sie werden tatsächlich irgendwann österreichischer Bundeskanzler. Die Umfragewerte deuten es an. Noch grauenhafter, wenn so viele Österreicher:innen Sie trotz Ihrer Menschenverachtung wählen.


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Comentârs

3 responses to “Sehr geehrter Herr ›Volkskanzler‹.
Offener Brief an Herbert Kickl

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Wolfgang Mayr hat es wieder einmal genau auf den Punkt gebracht. Es sollte für alle Südtiroler selbstverständlich sein, sich von diesem unsäglichem Kickl zu distanzieren. Leider hat er ja auch in Südtirol Anhänger, die entweder nichts verstanden haben, oder aber geradezu bewusst diesen verhängnisvollen Irrweg beschreiten, der für alle Minderheiten, und damit auch für die Südtiroler, in den Abgrund führt.

  2. Werner Pramstrahler avatar
    Werner Pramstrahler

    Ich kann nur den Falter empfehlen und zwar die Rubrik “Blauland”. Treffende Analysen wie diese von Wolfgang erreichen leider nicht die FPÖ-Anhänger:innen und andere Rechtspopulist:innen.
    Wie gesagt: http://www.falter.at; Rubrik Blauland.
    Rechtspopulismus ist umgekehrte Psychotherapie: Die Menschen werden nicht vor ihren Ängsten befreit, sondern vorhandene Ängste werden aktiviert, alimentiert und potenziert.
    Nicht vergessen: Es gibt in Österreich keine Mehrheit für die antidemokratischen, autoritären und rückwärtsgewandten Positionen, wie sie Kickl vertritt. Ich wage die Behauptung: Kickl wird nie Kanzler. Die Verhandlungen Anfang 2025 sind an seinem Unvermögen gescheitert.
    Und jede/r von uns ist aufgerufen, gegen Rechtspopulismus aufzutreten; im Großen wie im “Kleinen”.

  3. Walter Kircher avatar
    Walter Kircher

    … als “alter Jahrgang” muß ich ständig an Außenminister u. Bundeskanzler Kreisky denken: LERNEN SIE GESCHICHTE!
    Ich denke dabei an die heutige Schickimicki- Gesellschaft …

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