Die italienische Regierung hat jetzt die Valbruna-Stahlwerke in Bozen als Unternehmen von strategischer Bedeutung eingestuft. Damit bereitet man sich auf die Ausübung der sogenannten Golden-Power-Befugnisse vor, mit denen sich die Regierung in privatwirtschaftliche Verfahren einmischen kann, um das nationale Interesse zu schützen. Ein solcher Eingriff von oben würde je nach Ausgang erst nach Beendigung des derzeit laufenden, vom Land Südtirol initiierten Ausschreibungsverfahrens stattfinden.
Die jetzt vorgenommene Einstufung ist für Südtirol keine neutrale Angelegenheit, da die Stahlwerke — wie mehrere andere Industriebetriebe im Land — von Anfang an ganz offiziell einem »nationalen Interesse« des italienischen Staates entsprachen: dem der Majorisierung und rücksichtslosen Italianisierung, die in Bezug auf die Landeshauptstadt auch großteils gelungen ist. Noch nach dem Ende der faschistischen Diktatur, die für die Ansiedlungen verantwortlich zeichnete, setzte sich diese koloniale und minderheitenfeindliche Politik im republikanischen Italien fort.
Dass heute ausgerechnet eine rechtsrechte italienische Regierung unter einem Industrieminister wie Adolfo Urso, der den neofaschistischen Fratelli d’Italia angehört, die offizielle Einstufung der Stahlwerke als Betrieb von nationalem Interesse vornimmt, hat — mindestens — einen Beigeschmack. Dies umso mehr, als die Befürchtung, dass der Betrieb geschlossen werden könnte, von unüberhörbaren nationalistischen Tönen begleitet wurde, die von den italienischen Gewerkschaften über die Medien bis zur faschistischen CasaPound das gesamte politische und gesellschaftliche Spektrum abdeckten.
Veröffentlichung der Facebook-Gruppe »Io sto con le acciaierie di Bolzano« – Querbalken von mir
Versuche, auf allfällige Vorbehalte der deutschsprachigen Südtirolerinnen gegen solche Äußerungen in irgendeiner Form einzugehen, wurden erst gar keine unternommen. Im Gegenteil hat man ungeniert das gesamte chauvinistische Repertoire ausgeschöpft und sogar — nicht nur implizit — die Unterstellung vorgebracht, die SVP wolle die Stahlwerke loswerden. Dabei zeichnet für das zuständige Ressort in der Landesregierung Marco Galateo (FdI) verantwortlich, der ebenfalls betont hatte, dass an der Ausschreibung kein Weg vorbei führe.


Scrì na resposta