Die TAZ lässt Südtiroler Landtagskandidaten zu Wort kommen, gestellt wurde unter anderem folgende Frage:
Warum können die italienischen Südtiroler kaum Deutsch?
Erstaunliche Antworten kommen von Cornelia Brugger (PD) und Mauro Minniti (la Destra):
Die junge Generation der Italiener spricht aufgrund ihrer Ausbildung heute besser Deutsch als umgekehrt. Sie werden mehr gefordert und erkennen die Wichtigkeit der Mehrsprachigkeit. Den deutschen Schülern wird gelernt [sic], dass aufgrund der italienischen Krise Englisch wichtiger sei.
— Cornelia Brugger
Diese Behauptung ist falsch. Die Italiener können heute viel besser Deutsch als die Deutschen Italienisch. Die Situation hat sich umgekehrt. Man braucht nur in die Täler hinauszugehen, wo die Menschen ein sehr schlechtes Italienisch sprechen.
— Mauro Minniti
Merkwürdig ist nicht nur, dass eine Linke und ein Neofaschist de facto dieselbe Antwort geben, sondern vor allem, dass diese Aussagen allen verfügbaren Daten widersprechen.
So sagt uns das letzte Astat-Sprachbarometer, dass die Südtirolerinnen (alle Südtirolerinnen aller Muttersprachen) durchschnittlich nur unwesentlich schlechter Italienisch sprechen, als Deutsch. Nachdem über zwei Drittel der Südtirolerinnen deutscher Muttersprache sind, ist das nur dadurch zu erklären, dass diese im Durchschnitt wesentlich besser Italienisch sprechen, als ihre italienischen Mitbürgerinnen Deutsch. Es gibt — in einem Land mit klarer deutschsprachiger Mehrheit — sogar fast dreimal soviele Menschen, die gar kein Deutsch sprechen (11% der Bevölkerung), wie solche, die gar kein Italienisch sprechen (4%).
Was den Spracherwerb am Arbeitsplatz betrifft, stellt das Astat fest, dass dort 72% der Deutschsprachigen ihre Zweitsprachkenntnisse verbessern konnten, während dies umgekehrt nur auf 45% der Italienerinnen zutrifft.
Die Kolipsi-Studie, mittels derer Zweitsprachkenntnisse an Südtiroler Oberschulen ermittelt wurden, kommt zu einem ebenso klaren Ergebnis: 28% der italienischen Oberschülerinnen sprechen Deutsch auf einem elementaren Niveau (A2), während nur 4% der deutschsprachigen Schülerinnen derart schlecht abschnitten. Rund die Hälfte aller Schülerinnen beider Sprachgruppen (47% der Italienerinnen und 44% der Deutschsprachigen) befinden sich im Schwellenniveau (B1), während die Deutschsprachigen in den beiden höheren Niveaus (B2 und C1) mehr als doppelt so hohe Anteile verzeichnen, wie ihre italienischen Kolleginnen.
Besorgniserregend ist, dass der PD von Cornelia Brugger wahrscheinlich wieder Regierungsaufgaben übernehmen und dann wohl Schulpolitik aufgrund falscher Annahmen machen wird.
29 replies on “Die Geburt eines neuen Mythos?”
Joseph Goebbels
Das gleiche Zitat gilt auch auch für jene Politiker, die uns weismachen wollen, der Freistaat sei eine Utopie.
@ senoner
bei aller liebe, aber dieser kommentar ist die härte und die acht daumen nach oben hätten mich fast vom hocker gehauen.
was goebbels da sagt ist nichts neues und ist in milderer form eine sehr gängige praxis.
ABER:
es ist eine sauerei, in diesem zusammenhang einen nazivergleich anzustellen. einmal abgesehen davon, dass dieser auch noch völlig kontraproduktiv ist, da sich die angesprochenen völlig zurecht von einem derartigen vergleich distanzieren und ihn mit entrüstung von sich weisen können.
zweitens besteht ein riesiger qualitativer unterschied zwischen dem, was hier in südtirol passiert und was zweck der von goebbels gesteuerten nazipropaganda war.
ich bin echt erschüttert und bitte dich, deinen kommentar zurückzuziehen oder ihn wenigstens zu relativieren. denn so ist die optik eine fatale.
Ich finde, du überreagierst hier. Senoner sagt ja nicht, diese Politiker seien wie Goebbels. Und inhaltlich ist es ja wahr, was Goebbels gesagt hat. In ähnlicher Form übrigens auch im Roman “1984” von George Orwell nachzulesen, und den wird ja wohl kaum jemand als Nazi bezeichnen wollen.
MMn kann es ja auch nicht zielführend sein, alles zu unterdrücken, was jemals ein Nazi gesagt hat. Hätte man das konsequent getan, wäre eine Aufarbeitung nicht möglich gewesen.
Man kann es mit der politischen Korrektheit auch übertreiben…
ich finde, dass das zitat so einen vergleich suggeriert und jenen, die er anspricht (also jene, die die “unabhängigkeit” als unrealistisch erachten) goebbels-methoden vorgeworfen werden. und das ist eine kontraproduktiv (denn man kann das posting so verstehen) und wenn man es so versteht, ist das heftig.
das was senoner macht, hat nichts mit aufarbeitung zu tun. mich stört nicht, dass dein das zitat eines obernazi steht, sondern in welchem zusammenhang es gebraucht wird und was es suggeriert.
@hunter
Angesichts der immer häufigeren Unwahrheiten, die von unseren Politikern verbreitet werden, fiel mir dieser Spruch ein. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht wusste von wem er war. Um hier richtig zu zitieren habe ich danach gegoogelt und ihn hier beigetragen. Vergleiche mit Nazis kommen mir gar nicht in den Sinn – da hast du mich falsch verstanden.
@ senoner
ok.
p.s.
bitte entschuldigt mein deutsch im letzten posting. alles komplett durcheinander.
durfte kürzlich übrigens auch die hervorragenden deutschkenntnisse der italienischsprachigen genießen. der arzt, der mich heute im krankenhaus brixen behandelte, konnte mein – wie ich meine – einwandfreies hochdeutsch nicht dechiffrieren und musste eine krankenschwester als übersetzerin zu rate ziehen.
Idem der Großteil des Verkaufspersonals im Landeseinkaufszentrum.
Harald, magari prima di lamentarti del tedesco degli altri impara du’ parole d’italiano. ;)
Io sono giunto ultimamente alla conclusione che sia meglio disimpararle, le lingue. Proprio per evitare di dire cazzate. Quindi il non impararle potrebbe essere considerata una intelligente forma di prevenzione. In questo caso, Harald, mi rimangio quello che ho appena detto: continua così.
Genau, und die Deutschen am Besten “Heim ins Reich”. Dann spart man sich die Reibereien und den Energieaufwand, welche das Zusammenleben mit sich bringen.
lieber gadilu,
1. er hat mir dann ein paar dinge auf italienisch erklärt und ich habe ihn ohne die hilfe der krankenschwester verstanden. der übersetzungsdienst wurde nur in eine richtung benötigt.
2. ich bin absolut dafür, dass so jemand wie ich keine öffentliche stelle in südtirol bekleiden darf, da meine sprachkenntnisse (noch) mangelhaft sind.
jeder ist frei zu entscheiden, ob er/sie eine sprache lernen möchte oder nicht. jedoch haben wir vorschriften nach denen menschen, die im öffentlichen dienst stehen, beider sprachen mächtig sein müssen.
La verità è questa: gli italiani sanno un pochino meglio il tedesco di qualche anno fa. I tedeschi un pochino peggio l’italiano. I tedeschi continuano però a sapere meglio l’italiano di quanto gli italiani il tedesco. Un’assoluta parità si registra invece nelle cose che vengono dette da entrambi: perlopiù idiote (sia in una lingua che nell’altra).
Wobei Idiotie selbstverständlich ein wissenschaftlich genau definierter und abgegrenzter Begriff ist, womit er genauestens messbar wird und somit mit absoluter Bestimmtheit eine absolute Gleichheit konstatiert werden kann.
Fonte?
Sarà una di quelle grandi ricerche ontologiche di Salto, in cui dimostrando l’infinità dell’universo su base logico-matematica, casualmente, come sottoprodotto del loro dotto ragionamento, arrivano all’inaspettata conclusione che l’indipendenza sia una stronzata e che gli altoatesini siano particolarmente portati ad apprendere le lingue e le culture altrui, mentre quegli sciocchi tirolesi delle valli non vengono a capo di nulla.
Eh, ma contro una logica così stringente noi poveracci di BBD nulla si può, quindi non ci resta che prender per vere le conclusioni degli ex MSI, della sig.ra Brugger e del divino Bertoldi.
Fonte? Lo studio Kolipsi che hai citato (ma non letto).
Mi potresti indicare il passaggio esatto? È un dato che cerco da tempo e che nessuno è in grado di fornirmi… (lo studio Kolipsi l’ho letto ma non ho visto alcuna comparativa fra situazione passata e presente).
Non c’è un passaggio esatto, ma se tu parli con chi ha fatto lo studio (Vettori/Abel) te lo possono confermare. Fai un’intervista.
Du bist lustig… gibst die Kolipsi-Studie als Quelle an (und unterstellst mir, ich hätte sie nicht gelesen) und dann stellt sich heraus, dass das dort gar nicht drin steht.
Gut, ich werde mich an die Autorinnen wenden.
Non sono affatto Lustig. Nello studio Kolipsi si prendono in considerazione i progressi ottenuti dall’introduzione delle nuove metodologie glottodidattiche (clil) introdotte recentemente in alcune scuole italiane. Il giudizio, positivo, indica che in quel senso un miglioramento c’è stato. Sul fatto che invece le nuove generazioni “tedesche” abbiano un rapporto più problematico con l’italiano delle precedenti posso tranquillamente citare la mia esperienza (quindicinale) di insegnante di L2: nella maggior parte dei casi i genitori conoscono meglio l’italiano dei figli. Ad ogni buon conto: un’intervista ad Abel/Vettori su questo punto sarebbe senz’altro ottima e t’incoraggio a farla. Anche per evitare che la tua “decostruzione” dei miti metta capo a un’altra mitologia.
Deine subjektive Einschätzung ist uninteressant, zumal sie weder für alle Schultypen, noch für ganz Südtirol repräsentativ ist. Genauso kann ich behaupten, dass meiner Meinung nach die heutigen deutschsprachigen Jugendlichen besser Italienisch sprechen, als vor 10-15 Jahren (zu meiner Zeit). Dass die Eltern besser Italienisch sprechen, als ihre Kinder, kann auch damit zu tun haben, dass sie die Sprachkenntnisse in ihrem späteren (Berufs-)Leben vertiefen konnten/mussten.
Se vuoi una rilevazione “oggettiva” (tanto per poter fare uno dei tuoi grafici), credo che cercherai un po’ invano.
Ok, wir machen also Bildungspolitik aufgrund von Annahmen und subjektiven Eindrücken. Regierungsarbeit in einem hochsensiblen Bereich auf dem Niveau von Cornelia Brugger und Mauro Minniti. Nur zu.
Facciamo quello che facciamo. Sei tu che sopravvaluti sempre le risorse umane presenti in provincia. Io ho sempre detto che la coltivazione di patate dovrebbe essere l’unica occupazione di parecchia gente.
Mal abgesehen davon, daß Frau Brugger ihre Aussagen nicht beweisen kann, stört es mich, daß sofort alles ins Politische gezogen wird. Fehlt eigentlich nur noch die “urban legend” vom Bergbauer aus dem hintersten Tal, der seinen Kindern sagt, sie bräuchten nicht “Walsch” zu lernen, weil wir eh bald zu Österreich zurückkommen würden.
Ich kann zu diesem Thema zwei Dinge sagen, wobei mir natürlich bewußt ist, daß es subjektive Erfahrungen sind:
a) Die Deutschkenntnisse der Italiener sind meines Erachtens besser geworden
b) Die Italienischkenntnisse der Deutschsprachigen bessern sich bei vielen, wenn sie ins Arbeitsleben einsteigen. Ich hätte die Zweisprachigkeitsprüfung in der 5. Klasse Oberschule kaum geschafft, nach der Oberschule habe ich problemlos beim ersten mal die B-Prüfung bestanden.
Daher denke ich, daß in der Schule etwas schiefläuft. Allerdings hoffe ich, daß nach den Landtagswahlen nicht reflexartig nach dem Immersionsunterricht geschrien wird, sondern daß man untersucht, was didaktisch falsch gelaufen sein könnte.
Im heutigen A. Adige ist ein Kommentar von Hans Heiss zur Weiterentwicklung der Autonomie erschienen. Einer der von Heiss angesprochenen vier Punkte betrifft die »Öffnung«, weil wir ja — mal wieder — ach so verschlossen und abgeschottet seien. Dabei fallen einige merkwürdige Aussagen:
Warum das vor allem für die deutschsprachigen Schüler von Vorteil wäre — und somit für Italiener und Ladiner nicht so sehr — ist mir nicht klar, es sei denn auch Heiss spinnt am Mythos weiter, wonach die jungen Italiener heute eh schon besser Deutsch sprechen, als umgekehrt.
… das ist sicher darauf abgestimmt, was die AA-Leserinnen vermeintlich immer wieder und wieder gerne lesen …
Und wie sollte das umgesetzt werden?