Gestern fand zum ersten Mal die Sitzung des Forums der 100 statt. Mit großer Spannung und Nervosität habe ich mich in die Eurac aufgemacht. Im Vorfeld gab es bei mir einige Missstimmigkeiten und vor allem Kommunikationsprobleme mit dem Sekretariat (ich hatte als succus berichtet), die ich auch ansprechen wollte. Meine Intention war es, für den Konvent der 33 (K33) zu kandidieren, um als politsch denkender Mensch erstmalig die Chance wahrzunehmen, in einem spannenden zivilgesellschaftlichen Prozess mitzuarbeiten. Damit ich aber meine Chancen für eine Wahl besser einschätzen konnte, schrieb ich an das Sekretariat des Konvents mit der Bitte, mir den Wahlmodus mitzuteilen, da dieser nicht unerheblich für die Wahrscheinlichkeit einer Ernennung ist. Leider wurde dem nicht entsprochen, ich bekam folgende Antwort:
Die Wahlmethode der 8 Bürgervertreter wurde in der letzten Fraktionssprechersitzung besprochen und wird anlässlich der ersten Sitzung des Forum der 100 am kommenden Samstag allen Teilnehmern bekanntgegeben und erklärt.
Dies hat bei mir einiges an Verärgerung hervorgerufen, da all jene, die einer Partei angehören, einen Informationsvorsprung haben würden und ich das als nicht fair betrachtete.
Nach der Registrierung ging das Forum gestern mit etwas Verspätung los, Landtagspräsident Thomas Widmann (SVP) begrüßte die Teilnehmer und die Moderatorinnen übernahmen das Wort. Nachdem vonseiten der Moderation dazu aufgerufen wurde, endgültig die Kandidatur bekannt zu geben, entfachte sich eine heiße Diskussion; auch ich brachte mich ein, denn der Wahlmodus war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, für mich eine untragbare Situation. Es wurden auch Anträge eingebracht, die Wahl zu verschieben, da man sich noch zu wenig kenne, letztlich wurde aber doch entschieden, die Wahl durchzuführen. Dem Wunsch, den Wahlmodus vor den Kandidaten vorzustellen, wurde entsprochen.
Die Einzelheiten:
- Die Ladiner entsenden einen Vertreter (Mann oder Frau) in den K33;
- Die Italiener zwei Vertreter (1 Mann und 1 Frau);
- Die Deutschen fünf Vertreter (3 Männer wenn ladinischer Vertreter eine Frau ist bzw. 2 Männer wenn der ladinische Vertreter ein Mann ist).
Jeder Forumsteilnhmer hatte bis zu 8 Stimmen, die getrennt nach Sprachgruppen abzugeben waren.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Präsenz von drei Bürgermeistern und eines Parteifunktionärs im Forum. Verschiedene Teilnehmer appellierten an diese, sich nicht der Wahl zum K33 zu stellen, da diese durch den Rat der Gemeinden ungleich leichter in den Konvent gewählt werden könnten. Letztlich blieb nur der Bürgermeister von Branzoll, Bertinazzo, bei seiner Kandidatur.
Nachdem diese Punkte geklärt waren, konnte die Runde der Kandidatenvorstellung beginnen. Die einzige ladinische Kandidatin (Ploner Elisabeth) stellte ihre Anliegen in ladinischer Sprache vor, für mich als Kind eines ladinischen Vaters, der Sprache aber nicht mächtig, ein schönes Signal. Die Kandidaten der italienischen Sprachgruppe waren zahlreich vertreten, es kandidierten 13 Männer und Frauen, eine sehr hohe Anzahl angesichts der 26 erklärten Italiener im Forum der 100 (F100). Besonders in Erinnerung geblieben ist mir Olfa Sassi, tunesischer Abstammung, die sich auch vor allem für die JungbürgerInnen stark machen will und Walter Eccli, den ich nicht kannte, der sich als Welschtiroler bezeichnete und sehr gut Deutsch sprach.
Die deutschsprachigen Kandidaten stellten sich in zwei Runden vor, ich war ziemlich aufgeregt und hatte den Eindruck, nicht alle wesentlichen Punkte mitgeteilt zu haben.
In der Mittagspause konnten alle Forumsteilnehmer Kontakt mit den Kandidaten aufnehmen. Dies diente dem besseren Kennenlernen und auch ich habe einige interessante, zum Teil kontroverse Diskussionen geführt. Um 15.30 Uhr begann dann die Wahl, jeder wurde namentlich zur Stimmabgabe aufgerufen, womit auch klar war, dass noch einige Zeit vergehen würde, bis die Ergebnisse veröffentlicht werden.
Die acht Vertreter des F100 im K33: Walter Eccli, Heinold Rottensteiner, Janah Maria Andreis, Martin Feichter, Verena Geier, (Landtagspräsident Thomas Widmann), Elisabeth Ploner, Olfa Sassi, Patrick Dejaco. Quelle: Südtirolkonvent
Zu meiner riesengroßen Überraschung wurde ich in den K33 gewählt; meine Freude ist groß, ich möchte mich wirklich für das Gelingen dieses Konvents einsetzen. Leider beginnen schon die Polemiken, da auf italienischer Seite Herr Eccli und Frau Sassi, nicht »richtige« Italiener sind und dies gerade aus der sogenannen inklusivistischen Ecke angeprangert wird.
Für mich ist klar: Ich werde die Anliegen des F100 bestmöglich in den K33 einbringen. Natürlich werde ich auch meine eigenen Anliegen vertreten, vor allem aber möchte ich den Konvent zu einem echten Zukunftkonvent gestalten. Ich hoffe, es gelingt uns allen. Ich habe jedenfalls die gestrigen Diskussionen als sehr anregend, diszipliniert und in keinster Weise als Obstruktion empfunden. Großes Kompliment an die Moderatorinnen — allen voran Sabina Frei, die sehr gute Arbeit geleistet hat. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen, die mich gewählt haben, für das Vertrauen bedanken.
Der Text meiner Bewerbung für den K33:
Meine Kandidatur für den Konvent der 33 erfolgt aufgrund meines politischen Interesses und meiner Parteiunabhängigkeit. Ich war nie in einer Partei eingeschrieben, trotzdem habe ich mich stets mit politischen Themen auseinandergesetzt. Als Vater von vier Kindern gilt mein besonderes Interesse Zukunftsthemen wie Gestaltung des Gemeinwesens, Bildung, Umwelt und Mobilität. Durch mein Studium der Volkswirtschaft beschäftige ich mich mit gesamtwirtschaftlichen Themen, die ich in einem erweiterten, speziell europäischen Kontext sehe. Meine Kandidatur zum Konvent der 33 erfolgt mit der Überzeugung, dass die Themen, welche das Forum der 100 erarbeitet, parteiunabhängig und fordernd in den Konvent eingebracht werden sollen, dazu möchte ich mich verpflichten und mit Engagement dafür arbeiten.
Europa und damit auch Südtirol befindet sich auf einem Scheideweg; die Wirtschaftskrise und die Herausforderungen der Migration zeigen klar auf, dass wir eine neue politische Vision brauchen. Ein politisches Ziel ist das Überwinden der Nationalstaaten im Sinne der Gründerväter der EU. Deshalb sind die Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa für mich politische Avantgarde und Südtirol sollte ein Teil dieser regionalen Bewegungen werden und in einem freien und ergebnisoffenen Prozess neue politische Modelle andenken, die die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft darstellen können. Diese Vision sollte von einer breiten Bevölkerungsmehrheit unter Einschluss aller Sprachgruppen getragen werden. Für dieses Vorhaben ist es wichtig, die Grenzen der Autonomie auszuloten und alternative Modelle für eine Entwicklung darüber hinaus aufzuzeigen. Als Ergebnis des Konvents soll eine klare politische Vision für unser Land, welche als Handlungsmaßstab für die Politik dient, erarbeitet werden.
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