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Spanien: Francos Rückkehr.
Teil I

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Die politischen Nachfahren des Caudillo stehen vor einem großen Triumph

Spanien wählt in wenigen Tagen (am 23. Juli) bei einer vorgezogenen Wahl ein neues Parlament. Laut den jüngsten Umfragen wird die national-konservative Volkspartei (PP) deutlich vor den Sozialdemokraten der PSOE gewinnen. Dahinter folgt die Politformation Vox, deren Mitglieder sich als politische Erben von General Franco empfinden.

Vox ist stramm rechtsradikal, trauert den Zeiten des Diktators Franco nach — dem starken Staat und der dominierenden katholischen Kirche samt ihrer menschenfeindlichen Moral, der einheitlichen Nation abseits regionaler Autonomie und der Aufarbeitung der düsteren franquistischen Vergangenheit.

Zum Politarsenal von Vox zählt auch das »gesunde Volksempfinden«. Gesundes Volksempfinden? Das war auch das Leitmotiv eines italienischen Gerichts, um die Grapscherei eines Schulwartes nicht als sexuelle Belästigung zu verurteilen. Weil es nur zehn Sekunden lang und zudem Ausdruck eines schrägen Humors des Täters war.

Dieses gesunde Volksempfinden setzt Vox, wie andere Rechtsradikale — siehe AfD, Fratelli usw. — auch dem angeblichen »woken Wahnsinn« gegenüber, dem Gendern, der Transsexualität usw. Damit kommt Vox gut an, besonders auf dem weiten Land, wo sich Relikte der Franco-Zeit noch recht lebendig erhalten haben und auch der angeblich gute Ruf des Diktators. Den die nationalistisch verseuchte Justiz entsprechend schützt.

Rechtes Biotop PP

Die Vox bewegt sich in einem entsprechenden politischen Biotop. Die Volkspartei PP wurde 1976 vom ehemaligen Franco-Minister Manuel Fraga Iribarne gegründet. Während die CSU Fraga Iribarne förderte, lehnte die CDU eine Zusammenarbeit, weil »nicht förderungswürdig«, ab. Fraga Iribarnes Nachfolger José Aznar politisierte in seiner Studentenzeit in rechtsextremen Organisationen. Nach Francos Tod wetterte er gegen den Übergang von der Diktatur zur Demokratie.

Der PP wehrt sich vehement gegen die Aufarbeitung der kolonialistischen und franquistischen Vergangenheit, hält an der Verherrlichung Francos fest, lehnte fundamentalistisch den Ausbau der regionalen Autonomie Kataloniens ab. Die Partei wurde nie originär christdemokratisch, sie ist eine weichgespülte aber reaktionäre nationalkonservative Partei mit weit nach rechts reichenden Flügeln. In den beiden autonomen Regionen Baskenland und Katalonien rangiert der PP unter ferner liefen.

Die bornierte nationalistische Haltung der Volkspartei befeuerte in den frühen 2000er Jahren die katalanische Unabhängigkeitsbewegung von unten. Ihre Spitzenriege wandte sich gegen das zweite Autonomiestatut, das das katalanische Regionalparlament genauso wie die Bevölkerung der autonomen Region bei einem Referendum sowie das spanische Parlament in Madrid gutgeheißen hatten. Eine breite Zustimmung, doch trotzdem rief der PP das Verfassungsgericht an, das wie der Supreme Court der USA parteipolitisch besetzt ist. Die stockkonservativen Richter befanden, das neue Autonomiestatut sei ein Anschlag auf die Einheit des Staates. Der Rest der Geschichte ist bekannt.

Ciudadanos, die neue Rechte

Einheit und Unteilbarkeit der spanischen Nation, das ist die PP-Richtschnur. Diese zentralstaatliche Ideologie ist auch das politische Hauptnahrungsmittel der angeblich liberalen Ciudadanos/Ciutadans. Das verwundert nicht, da Parteigründer Albert Rivera einst PP-Mitglied war. Die Partei entstand 2006 in Katalonien als Gegenentwurf zu den katalanischen Unabhängigkeitsparteien. Die Ciudadanos warnten vor der Politik der katalanistischen Parteien Junts und ERC, wandten sich gegen den Ausbau der Autonomie und um einiges vehementer gegen die katalanische Eigenstaatlichkeit.

Nach ersten Wahlerfolgen in Katalonien trat Ciudadanos auch im restlichen Staatsgebiet auf. Im Parlament in Madrid polemisierten die angeblichen Liberalen gegen die linken katalanischen Nationalisten, scheuten sich aber nicht, gemeinsam mit erklärten faschistischen Gruppierungen wie der Falange auf einer spanisch-nationalistischen Großkundgebung 2013 in Barcelona aufzutreten.

Wie der PP widersetzen sich die Ciudadanos der Vergangenheitsbewältigung, dem Kolonialismus wie dem Franquismus. Die in deutschen Medien als Partei der Mitte gehätschelten Ciudadanos plädieren für einen starken Staat, in ihrem Agieren ähneln sie den österreichischen Freiheitlichen. Die Partei des verstorbenen Jörg Haider und seines Nachfolgers Herbert Kickl ist sicher nicht liberal, sondern strikt nationalistisch, minderheitenfeindlich, EU- und NATO-Gegner.

Die Ciudadanos können sich, wie der große Bruder PP, im Baskenland und in Katalonien nicht behaupten. Nach einem ersten Höhenflug sind sind se inzwischen abgeschlagen, politische Außenseiter, eine zu betreuende Randgruppe sozusagen. In den beiden autonomen Regionen kann sich nur der sozialdemokratische PSOE als spanische Partei relativ gut behaupten.

Serie I II


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