Zur derzeitigen Krise in der Koalition zwischen SVP und FdI aufgrund der zahlreichen Entgleisungen von Vize-LH Marco Galateo (FdI) war heute der Politikwissenschafter Günther Pallaver beim Rai-Morgengespräch zu Gast.
Auf die Aussage des SVP-Generalsekretärs Harald Stauder angesprochen, der beschwichtigend mitgeteilt hatte, die Hauptsache in einer Koalition sei doch, dass man in Sachfragen miteinander arbeiten kann, reagierte Pallaver wenig amused:
Wenn ich schon diesen Begriff der »Sachfragen« hier höre, dann werde ich nervös. Nämlich hinter jeder Sache, die beurteilt werden muss, ist eine Weltanschauung. Ob ich eine Straße baue, hängt davon ab, ob ich mehr vielleicht eine ökonomische oder eine ökologische Sichtweise habe. Also Sachfragen sind nicht wertneutral. Und insofern ist natürlich diese Politik der Koalition immer auch eine Frage von Werten und Weltanschauungen.
– Günther Pallaver
Und weiter:
Im Koalitionsabkommen steht »gegen den übersteigerten Nationalismus«. Also Fratelli d’Italia ist eine Partei, wo wir vor allem Nationalisten vorfinden, wir finden auch eine neofaschistische Strömung drinnen, wir finden auch antieuropäische Strömungen drinnen — es ist eine hybride Partei, aber vor allem der Nationalismus ist sehr präsent. Die Ministerpräsidentin [Giorgia] Meloni spricht immer nur von »Nation«, nie von »Republik« oder »Staat«. Und Nation bedeutet eben Einheitlichkeit von Kultur und Sprache, und alles was nicht in die italienische Kultur und Sprache hineinfällt, ist draußen. Insofern ist all dieser Nationalismus für uns in Südtirol besonders gefährlich, weil eben hier der Nationalismus schon in der Vergangenheit uns eben in zwei Weltkriege gebracht hat — und wir haben also den Nationalismus über Jahrzehnte nach
19
45 auch gehabt, mit all den Folgen, die wir nicht mehr herbeiwünschen. Und das beginnt wieder: Wir hören ständig diese Betonung der Italianità und alles was damit zusammenhängt — und das ist natürlich eine Entwicklung, die sehr negativ ist.– Günther Pallaver
Die SVP finde die rote Linie nicht mehr, von der sie ständig spreche, so Pallaver. FdI werde sich auch trotz klärender Gespräche wohl nicht verändern, prognostiziert er, sondern immer wieder zwei Schritte nach vorn und einen zurück machen, um die Grenzen des Sagbaren immer weiter zu verschieben.
Das ist also ein großes Problem insofern, als wir sehen, dass der Nationalismus auf der italienischen Seite zunimmt und wenn man diesem Nationalismus nicht Einhalt gebietet, dann wird es möglicherweise wieder zu — eben — nationalen Auseinandersetzungen kommen, zu unguten Auseinandersetzungen zwischen den Sprachgruppen, und das ist für das Land absolut negativ.
– Günther Pallaver
Transkription (Auszüge) von mir
Wie hilflos sich die SVP von einer Partei vor sich hertreiben lässt, die bei der letzten Landtagswahl — wie ich mir erst kürzlich vergegenwärtigen musste — gerade einmal 6 Prozent der Stimmen erhalten hat, ist geradezu bestürzend.
Cëla enghe: 01
02
03
04
05
06
07
08
| 09
|| 01
02
Scrì na resposta