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Zerzer in Rom und die Bittstellerinnenmentalität.

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Chefredakteur Christoph Franceschini schildert auf Salto ein Treffen zwischen dem Sabes-Generaldirektor Florian Zerzer und dem stellvertretenden italienischen Gesundheitsminister Luca Coletto (Lega), dessen Verlauf meines Erachtens — falls es sich natürlich so zugetragen hat — Bände über die Behandlung Südtirols in Rom spricht.

Dass da unvermittelt eine Person (der Arzt Costantino Gallo) mit am Verhandlungstisch sitzt, die aus persönlichen Gründen mit dem Südtiroler Gesundheitssystem verfehdet ist und sogar mit dem Sabes prozessiert, halte ich für eine Unverfrorenheit. An mangelnder Professionalität und Diplomatie wohl kaum zu überbieten ist, dass dieser Herr vom Ministerium auch noch als »Fachmann für die Südtiroler Sanität« betrachtet wird.

Kann sich jemand einen ähnlichen Affront bei — sagen wir mal — einem Treffen der Verantwortlichen des bayerischen und des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin vorstellen? Dass da ohne Vorankündigung jemand (als Beraterin!) mit am Tisch sitzt, die einen Rachefeldzug gegen Bayern führt?

Dass Zerzer die Forderung erhoben haben soll, Herrn Gallo aus dem Sitzungsraum zu schicken, mag zwar ebenfalls nicht diplomatisch gewesen sein, aber konsequent und logisch war es allemal. Zumindest, wenn es ein Interesse an Lösungen gegeben haben sollte.

Franceschini schreibt:

Ein Bittsteller ersucht einen Vizeminister, dass er seinen Berater vor die Tür setze. Einen größeren Affront kann es wohl kaum geben. Es ist eine Art institutioneller Selbstmord.

Das Wort »Bittsteller« ist bezeichnend. Für viele Südtirolerinnen scheint es logisch zu sein, dass wir in Rom nur Bittstellerinnen sein können und nicht Verhandlungspartnerinnen auf Augenhöhe. Klar, wenn eine solche Forderung von einem Bittsteller kommt, den man wie einen Fußabstreifer behandeln kann, dann ist sie ein Affront. Wenn sie von einem gleichberechtigten Verhandlungspartner kommt, dann nicht.

Einen »zweiten Kapitalfehler« sieht Franceschini in der Tatsache, dass Zerzer vom Ministerium die Zustimmung haben wollte, auch Krankenpflegerinnen einstellen zu dürfen, die kein Italienisch sprechen. Eigentlich eine völlig logische Forderung, möchte man meinen, zumindest wenn es möglich ist, Krankenpflegerinnen zu beschäftigen, die kein Deutsch sprechen. Die beiden Sprachen sind laut Artikel 99 des Autonomiestatuts gleichgestellt, auf dem Papier.

Doch weit gefehlt: Die angebliche Aussage von Florian Zerzer, dass in der Südtiroler Berufskammer auch Ärztinnen eingeschrieben seien, die kein Italienisch sprechen, hat laut Franceschini zu einer umgehenden Überprüfung durch das Ministerium geführt. Da wird konsequent mit zweierlei Maß gemessen. Kein Deutsch? Wird zur Normalität. Kein Italienisch? Darf nicht sein.

Dass dieser nette Herr Gallo, der jetzt wohl an der Verbesserung unseres Gesundheitssystems arbeiten wird, derselbe Arzt ist, der nicht nur — wie Franceschini schreibt — ohne Zweisprachigkeitsnachweis Sabes-Generaldirektor werden wollte, sondern auch — was Franceschini womöglich entgangen ist — seine Tochter per Gerichtsbeschluss von einer deutschen in eine italienische Schule versetzen ließ, wird eine Freude.

Warum machen wir nicht den Laden dicht, geben den Paragraphenreiterinnen in Rom den Schlüssel in die Hand und lassen sie machen? Bevor wir wieder einen Kapitalfehler begehen!

(Wo in der ganzen Geschichte Gesundheitslandesrat Thomas Widmann (SVP) bleibt, ist mir allerdings wirklich ein Rätsel.)

Siehe auch: 01 02 03 04 || 01 02



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