Gleichberechtigung, Gleichstellung der Sprachen, Mehrsprachigkeit, Demokratie, Konsumentinnenschutz, Respekt, grenzenloses Europa, Brückenfunktion zwischen Nord und Süd, Euregio Tirol. All das können wir uns getrost »wohin schmieren«. Nichts als Floskeln, reine Deko, wertloses Beiwerk. Richtig gelesen.
Wirtschaft! Da wo »die Wirtschaft«, wer oder was auch immer das ist, einen (zweifelhaften) Wettbewerbsvorteil ortet, werden die Interessen der Bürgerinnen bereitwillig geopfert. Wäre ja noch schöner.
Lassen wir es uns genüsslich auf der Zunge zergehen. Bei der gestrigen Landtagsdebatte sagte der Landeshauptmann — wirklich kein Witz — bezüglich eines Antrags der STF, der auf die Gleichstellung der Sprachen bei der Produktetikettierung abzielte:
Gegen eine Wahl zwischen deutscher und italienischer Beschriftung hätten sich auch Südtiroler Wirtschaftstreibende gewandt, da damit ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Herstellern aus dem deutschen Sprachraum verloren gehe.
Erbärmlicher geht’s kaum, aber es ist leider wahr: Südtiroler Wirtschaftstreibende glauben — laut LH — tatsächlich, auf protektionistische Maßnahmen angewiesen zu sein, die zu Lasten der eigenen Kunden gehen. Und unsere führenden Politiker machen das auch noch zum Maßstab ihres Handelns.
Aber wundern wir uns nicht, denn schließlich steht »der Wirtschaft« hierzulande sogar ein Kulturgut ersten Ranges wie die Ortsnamensgebung zur Disposition, wenn sie sich davon einen Vorteil erwartet.
Wenn eine Supermarktkette wie MPreis ihre Produkte nachetikettieren muss, was für ein mehrsprachiges Land eigentlich beschämend und entwürdigend ist, freuen sich also Südtiroler Wirtschaftstreibende, weil ihnen das einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Wie tief sind wir gesunken?
Dabei hatte die Handelskammer vor wenigen Jahren noch dasselbe gefordert, wie die STF in ihrem Antrag.
Ein weiteres Zitat des Landeshauptmanns aus der gestrigen Debatte:
Eine mögliche Lösung wäre es, die Etiketten mit einem zweisprachigen Text zu überkleben. Man habe in Rom interveniert, dies bindend einzuführen, aber der Staat sei dazu nicht bereit.
Das nennt man dann einen »minderheitenfreundlichen Staat«, eine »autonomiefreundliche Regierung« oder wahlweise »Vorzeigeautonomie«.
Schlussendlich wurde der STF-Antrag mit einer »kleinen« Änderung angenommen: Das Wort »Muttersprache« wurde durch »für die Konsumenten verständliche Sprache« ersetzt. Einbringer Bernhard Zimmerhofer dankte auch noch »für das Verständnis der Mehrheit für das Anliegen« und hat offensichtlich nicht kapiert, dass sich in der Praxis absolut gar nichts ändern wird. Schließlich schreibt das staatliche Gesetz die italienische Sprache vor und die ist per Definition »für die Konsumenten verständlich«. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.
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