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Ressourcensparen auf Kosten der Gleichberechtigung.
Stromzähler

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ai

Ende Juli hatte ich darauf hingewiesen, dass auch die neuen Stromzähler, die derzeit in ganz Südtirol installiert werden, ihren kleinen Beitrag zur weiteren Marginalisierung der deutschen und der ladinischen Sprache leisten. Sowohl das beiliegende Faltblatt mit FAQs, Spezifikationen und Bedienungsanleitung als auch alle am Display abrufbaren Informationen sind einsprachig italienisch.

Am 3. September hat der Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) eine Anfrage zur aktuellen Fragestunde (Nr. 96/09/25) genau zu diesem Thema eingereicht, die heute schriftlich beantwortet wurde.

Was LR Peter Brunner (SVP) dazu zu sagen hat, ist nicht nur eine bodenlose Frechheit, sondern zeigt, wie egal Gleichberechtigung und Minderheitenschutz der amtierenden Landesregierung offenbar sind.

Die Stadtwerke Brixen AG, um die es im konkreten Fall — sowohl bei mir als auch in der Anfrage von Leiter Reber — geht, hätten darauf hingewiesen, dass es sich beim Faltblatt »um die Original-Bedienungsanleitung des Geräteherstellers handelt, welche [ausschließlich] in italienischer Sprache vorliegt«, so Brunner. Allerdings haben die Stadtwerke angeblich »eine eigene, umfassendere Bedienungsanleitung« auf Deutsch und Italienisch erstellt, die über die Internetseite und auf Anfrage (!) auch in gedruckter Form verfügbar sei.

Diese Entscheidung erfolgte aus Gründen der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes.

– Antwort von LR Peter Brunner

Auf die Frage, ob die Landesregierung damit grundlegende Rechte der deutschen und ladinischen Minderheit verletzt sehe, antwortet der Landesrat:

Da die Informationen in deutscher und italienischer Sprache vorliegen, sehen wir die Rechte der sprachlichen Minderheiten nicht verletzt.

– Antwort von LR Peter Brunner

Das ist einfach nur noch krass — und zwar auf mehreren Ebenen: Erstens weil er die Frage bezüglich der ladinischen Minderheit noch nicht einmal zur Kenntnis nimmt. Und zweitens, weil die einschlägigen Zwei- und Dreisprachigkeitsbestimmungen (DPR 574/88) ausdrücklich vorschreiben, dass sämtliche Informationen gleichwertig — ja sogar mit gleichem Erscheinungsbild und Schriftgröße — sein müssen. Dass eine oder mehrere Sprachversionen nur mit erheblichem Mehraufwand im Vergleich zu einer anderen Sprache verfügbar sind, ist aus gutem Grund ausgeschlossen.

Bitte wer schlägt eine Anleitung im Internet nach, wenn es ein einsprachiges Faltblatt direkt auf dem Stromzähler gibt? Die Gleichberechtigung geht damit baden.

Mit der Argumentation und Denkweise, die dieser Anfragebeantwortung zugrunde liegt, können wir den Minderheitenschutz gleich ganz vergessen. Warum nicht nur noch Schilder mit italienischen Ortsnamen aufstellen? Das ist schön ressourcensparend und alle können die deutschen Ortsnamen in einer Onlineversion des Prontuario von Ettore Tolomei nachschlagen. Die ladinischen Ortsnamen sparen wir uns ganz. Warum sollte die Landesregierung da die Rechte der sprachlichen Minderheiten verletzt sehen?

Oder sollen wir vielleicht gleich alles nur noch einsprachig italienisch machen? Solange es Wörterbücher gibt, spätestens aber sobald uns die KI alles übersetzen kann, sieht Landesrat Brunner sicher ebenfalls kein Problem.

Bei den Packungsbeilagen von Medikamenten, die uns laut Paket eigentlich auf Deutsch zustehen, sollte übrigens eine ähnliche Lösung her, wie sie die Landesregierung bei den Stromzählern für ausreichend hält. Mit dem Ergebnis, dass wir seit Jahren vergeblich darauf warten und an der Nase herum geführt werden.

Was aber will man von einer Partei erwarten, der es nicht zu blöd war, während der Corona-Pandemie einsprachige Testbefunde mit dem absurden Argument zu verteidigen, dass damit Speicherkapazität eingespart würde? (Mit der wiederum gehen jetzt offenbar die Brixner Stadtwerke verschwenderisch um.)

Aber vielleicht sollte man mal der Landesverwaltung per Landtagsbeschluss verordnen, Informationen probeweise nur noch auf Deutsch zu veröffentlichen, dazu den Hinweis, dass es Übersetzungen im Internet gibt. Dann hätte das Ressourcensparen auf Kosten der Gleichberechtigung nämlich sehr schnell ein Ende.

Cëla enghe: 01 02



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Comentârs

4 responses to “Ressourcensparen auf Kosten der Gleichberechtigung.
Stromzähler

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Wenn die der Sicherheit dienende Bedienungsanleitung der Stromzähler in chinesischer Sprache wäre, weil das eben die Original-Bedienungsanleitung des Geräteherstellers ist, dann wäre es nach der originalen Brunner-Logik wohl auch in Ordnung.

  2. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Statthalterpartei.

  3. G.P. avatar
    G.P.

    So tickt die SVP heute. Sie ist schon lange nicht mehr die Hüterin der deutschen Volksgruppe.

  4. Walter Kircher avatar
    Walter Kircher

    … WÄHLEN und genau überlegen, – WEN und – WAS man WÄHLT!

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