Der ehemalige STF- und nunmehrige SVP-Gemeinderat in Meran Christoph Mitterhofer ist als Vorsitzender der Stadtversammlung im Gespräch. Dies wird in der Passerstadt und darüber hinaus äußerst kontrovers diskutiert.
Vorausgeschickt sei, dass mir völlig wurscht ist, ob Mitterhofer ins Amt gewählt wird oder nicht. Aufschlussreich finde ich aber, welche Begründungen insbesondere von einigen Mittelinksvertreterinnen angeführt wurden, um zu belegen, dass der neue SVPler für den Posten ungeeignet sein soll.
Die ehemalige PD-Politikerin Vanda Carbone zählt zum Beispiel in einem Salto-Beitrag auf, Mitterhofer habe den ehemaligen Bürgermeister Paul Rösch unter anderem dafür kritisiert, dass er an Gedenkveranstaltungen für die Gefallenen, am (faschistoiden) Tag der Erinnerung oder am Befreiungstag teilgenommen hatte — und zwar mit dem erschwerenden Umstand, dass er in Trikoloreschleife aufgetreten sei.
Bei drei dieser insgesamt vier Vorwürfe verstehe ich nicht, inwiefern diese jemanden als für das Amt des Gemeinderatspräsidenten ungeeignet erscheinen lassen sollten.
Laut heutigem A. Adige hat sich aber auch der ehemalige Vizebürgermeister von Paul Rösch, Andrea Rossi (Grüne) zu dieser Angelegenheit geäußert und zu bedenken gegeben, dass Mitterhofer
- sich als STF-Gemeinderat für die Selbstbestimmung und auch für die Sezession ausgesprochen,
- die SVP der Zusammenarbeit mit dem Zentralstaat bei der Assimilierung der Südtirolerinnen bezichtigt,
- die Autonomie mit der Tatsache, dass die Südtirolerinnen keine Italienerinnen seien begründet,
- Bürgermeister Rösch bei der Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 4. November fotografiert und anschließend als Verräter denigriert
habe.
Passenderweise zitiert der A. Adige dann noch die Kritik der neofaschistischen FdI an Mitterhofer.
Verwunderlicher ist für mich aber schon, dass auch Vertreterinnen von Mittelinks kaum etwas anderes einfällt, als italienischen Nationalismus spielen zu lassen, um die Unwählbarkeit von Herrn Mitterhofer zu begründen.
Doch die Ablehnung von Nationalismus und die Befürwortung der Selbstbestimmung sind demokratisch völlig legitime Positionen — umso mehr für Verteterinnen einer Minderheit. Auch wenn das offenbar speziell in der Meraner Gemeindepolitik noch immer viele nicht wahrhaben wollen.
Aufschlussreich ist nicht zuletzt aber auch, dass die Liste Grüne-Rösch sich erst vor wenigen Tagen selbst für eine Koalition mit Dal Medico und seiner teils sehr weit rechten Truppe ins Spiel gebracht hatte oder dass der PD sogar Vertreter zu Militärfeiern bei den faschistischen Beinhäusern schickt. Die jeweiligen Berührungsängste sind also ziemlich einseitig.
Bei der Wahl zum Gemeinderatspräsidenten sollte es aber um politische Differenzen gar nicht gehen, solange sich die Auffassungen innerhalb des freiheitlich-demokratischen Grundkonsenses bewegen.
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2 replies on “Ehemaliger Sezessionist als Gemeinderatspräsident ungeeignet?”
Hatte der PD nicht auch (gemeinsam mit der SVP) die Herren Holzmann und Minniti zu Landtagspräsidenten gewählt?
Naheliegender und nachvollziehbar wäre gewesen, Fr. V. Carbone hätte den Posten für die Liste Rösch, den politischen Partner des PD in Meran, aus Gründen der Repräsentanz reklamiert, da diese auch die stärkste Fraktion im Gemeinderat stellt. Oder meinetwegen auch für den PD. Denkste! Am wichtigsten war ihr hier aber ganz offensichtlich, wie bereits bei anderen Gelegenheiten — und das als eh. Kommunistin und nun als PD-Vertreterin — das Hochhalten der italischen, nationalistischen Unterordnungspolitik. Seltsam und bedenklich übrigens auch die Reaktion und das Verhalten der Vertreter-innen der Liste Rösch/die Grünen dazu.