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Blockfrei wohin?
Die Bozner SVP kann sich nicht entscheiden

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Der scheidende Bozner Vizebürgermeister Stefan Konder (SVP) war erfolgreich. Bei den Gemeindewahlen ist die Volkspartei, wenn auch nur knapp, stärkste Partei geworden. Vor den Fratelli d’Italia.

Das Bündnis aus Fratelli, Lega und Forza Italia hellte der ehemalige Präsident des italienischen Handwerkerverbands Artigani imprenditori d’Italia (CNA), Claudio Corrarati, als Bürgermeister- und Spitzenkandidat seiner Liste auf. Simon würdigte Corrarati als das freundliche Gesicht dieses rechtsrechten Bündnisses, in dem die Fratelli die stärkste Kraft sind. Corrarati setzte sich im ersten Wahlgang dann auch deutlich gegen den mittelinken Kandidaten, Juri Andriollo, durch.

Applaus erhielt Corrarati, das war nicht anders zu erwarten, vom Landesverband der Handwerker (LVH). Direktor Walter Pöhl sagte stellvertretend für den Verband, dass Corrarati ein idealer Vertreter für das höchste Gemeindeamt ist. Damit wiederholt er die Wahlempfehlung des Bozner LVH-Ortsobmannes, Hannes Mussak. Der LVH wird Corrarati ihn unterstützen, weil er wirtschaftsnah ist. LVH-Präsident Martin Haller nannte Corrarati gar einen idealen Kandidaten für Bozen.

Das hallt kräftig nach. Zwar beeilte sich die Bozner SVP mitzuteilen, dass man in der vergangenen Amtsperiode professionell mit Stadtrat Juri Andriollo zusammengearbeitet hat. Aber, dazu wäre die SVP auch mit Corrarati in der Lage, ließ Stadtobmann Andreas Berger die Öffentlichkeit wissen.

Nicht nur das, in zentralen Themen, z.B leistbares Wohnen, Verkehr, Sicherheit und Verwaltungsmodernisierung, gibt es inhaltlich viele Schnittmengen zwischen dem rechtsrechten Corrarati-Wahlbündnis und der SVP. Für die Volkspartei ist entscheidend, dass die Sacharbeit für die Bevölkerung im Vordergrund steht. Heißt das dann im Klartext, das war bisher nicht so? Weil mit »Linken« nicht machbar?

SVP bleibt blockfrei

Für den zweiten Wahlgang am 18. Mai erklärte sich die SVP, die mit beiden Seiten gut arbeiten kann, für »blockfrei«, gab also keine Wahlempfehlung. Die blockfreie SVP ist so eine Geschichte.

Im Jahr 2019 erklärte sich die SVP blockfrei, als der PD und die Cinque Stelle eine Regierungskoalition eingingen. Verwunderte nicht, Exponenten der Cinque Stelle, in Südtirol, outeten sich — drastisch formuliert — als Südtiroler-Hasser. Nach den Parlamentswahlen 2022 bekräftigte die SVP ihre Blockfreiheit, enthielt sich bei der Wahl der Regierung Meloni der Stimme. Wenn bei der SVP Blockfreiheit angesagt war, blinkte die Sammelpartei nach rechts. In der Berlusconi-Ära liebäugelten SVP-Exponenten mit Forza Italia, besonders die Wirtschaftsverbände. Forza Italia wurde zum Türöffner für die harte Rechte.

Die SVP geht nun mit ihrem 16-prozentigen Stimmenpolster in den nächsten Wahlgang. Die Wählenden dürfen ankreuzen, wen sie wollen. Wer kennt schon die Stimmung innerhalb der deutschsprachigen Wählerschaft in Bozen? Stimmen sie für Corrarati, stimmen sie für die Hardcore-Faschisten in dieser rechten Wahlallianz, wie Simon in seinem Artikel Die SVP bald mit CasaPound? warnte?

Die Blockfreiheit nervte den LH-Vize Marco Galateo von den Fratelli. Salto zitierte einige Sager des Vizelandeshauptmanns, wie die Zusammenarbeit in der gemeinsamen Landesregierung, die Kooperation mit der italienischen Regierung im Kampf gegen den Wolf, das gemeinsam erarbeitete Finanzabkommen und die Reform der Autonomie. Galateo interpretiert die Blockfreiheit als eine Absage der SVP an die italienische Rechte.

»Claudiofriendly«

Wahrscheinlich klärten Einflüsterer aus dem rechten Wahlbündnis den besorgten Galateo auf, dass die furchtbare Blockfreiheit eine Chance ist, »una svolta storica«. Es ist ja kein Geheimnis, dass Teile der SVP, angefangen bei Obmann Dieter Steger bis zu Senator Meinhard Durnwalder und Frauenchefin Renate Gebhard mit der italienischen Rechten liebäugeln. Historiker Hans Heiss sieht da zusammenwachsen, was zusammengehört.

Salto vermutet, dass die SVP trotz ihrer Blockfreiheit »claudiofriendly« sei. Die Bozner Volkspartei wird das Meraner Modell von vor vier Jahren kopieren, sich blockfrei geben und »im Untergrund« für Corrarati werben. Die Handwerker taten es bereits beeindruckend öffentlich, dann werden wohl auch Bauern und Kaufleute folgen und Stimmung für ihn machen.

Stadtregierung ohne SVP?

Möglicherweise erzwingt die Blockfreiheit eine »Zeitenwende«, die italienische Rechte »übernimmt« Bozen. Fast schon logisch, nachdem diese Rechte seit den letzten Landtagswahlen in Koalition mit der SVP die Landesregierung bildet. Aus welchem Grund sollten SVP-Wählende in Bozen dem rechten Bürgermeisterkandidaten Corrarati ihre Zustimmung verweigern, wenn es so wunderbar in der Landeregierung klappt, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der Südtrioler:innen die Ministerpräsidentin gut findet?

Sollten sie es trotzdem nicht tun und Corrarati gewinnt, könnte die italienische Rechtskoalition auch blockfrei bleiben, zitiert Salto eine anonyme Stimme aus dieser Ecke. Will heißen, die SVP kommt nicht in die Stadtregierung? Das wäre dann tatsächlich eine »svolta storica«.


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