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Katharina Zellers Unterwerfung geht nicht weit genug.

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ai

Wer wie der Landeshauptmann gedacht hatte, dass sich die Wogen um den Fall Katharina Zeller (SVP) bald schon wieder glätten würden, sieht sich getäuscht. Die neue Meraner Bürgermeisterin hat sich nach dem nationalistischen Shitstorm unterworfen und auch im staatsweiten Fernsehen (La7) Abbitte geleistet, sich dabei sogar dafür entschuldigt, dass ihr Italienisch nicht perfekt sei. Doch was sie damit geerntet hat, ist keine Einsicht oder gar eine Entschuldigung für die kolonialen Anwürfe, sondern weitere gröbste Attacken.

Wer sich der — gerade für eine Sprachminderheit völlig inakzeptablen — nationalen Vereinnahmung nicht verweigert, wird offenbar unter ständige Beobachtung gestellt. Könnte ja sein, dass Zellers angebliche Italianität nur geheuchelt oder zumindest nicht so absolut ist, wie es in Italien erwartet wird.

Und siehe da, prompt wurde man fündig: Während sie sich für die Feiern zum Tag der Republik am 2. Juni in Bozen brav die grünweißrote Schärpe umgehängt hat, ist kolonial gesinnten Beobachterinnen nicht entgangen, dass sie bei der blutrünstigen, österreichfeindlichen italienischen Nationalhymne nicht mitgesungen hat. Wie schon im Fall der Amtsübergabe mit Dario Dal Medico, sahen sich staatsweite Medien wie der rechte Giornale oder die (vorgeblich) gemäßigteren Corriere della Sera und La7 natürlich bemüßigt, wieder gegen Zeller zu hetzen.

Die daraus resultierenden Hasskommentare in den sozialen Medien scheinen mir diesmal — subjektiv — sogar noch brutaler, mitunter wird die Unterstützung von Benito Mussolini gegen die noch immer nicht ausreichend unterwürfige Bürgermeisterin herbeigesehnt.

Ich bleibe dabei: Entweder man hat endlich den Mut und die Kraft, sich diesem absoluten Wahnsinn zu widersetzen, oder die Belagerung hört erst auf, wenn wir gänzlich assimiliert und angepasst sind.

Von den italienischsprachigen Südtirolerinnen höre ich dazu leider viel zu viel Schweigen, wenn nicht sogar implizite oder explizite Zustimmung.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 | 07 || 01 02



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Comentârs

5 responses to “Katharina Zellers Unterwerfung geht nicht weit genug.”

  1. G.P. avatar
    G.P.

    Tut mir Leid, wenn ich das hier schreiben muss. Aber die Zeller ist jetzt zu einem beträchtlichen Teil selbst Schuld. Wie man sieht, erreicht man mit Anbiederung und komplette Unterwerfung gar nix. Wieso steht sie nicht einfach zur Wahrheit, dass sie nicht Italienerin, sondern Südtirolerin ist? Größer kann der Shitstorm dann auch nicht werden, aber sie hat wenigstens die Wahrheit gesagt.
    Also null Mitleid von mir.

  2. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Der eigentliche Stolperstein des Zusammenlebens in Südtirol ist nicht so sehr das angebliche Festhalten am Faschismus oder das nicht ausreichende Brandmarken desselben, sondern das Festhalten an dem “großen Krieg” als Vollendung der italienischen Einigung, als konstituierendes Element des Staates Italien. Sich dieser (historisch unrichtigen) Sinngebung zu widersetzen kommt heute immer noch einer Staatsbeleidigung gleich.
    Von den Südtirolern aber gerade die Anerkennung dieser verkehrten Sinngebung zu verlangen , bedeutet, eine kollektive Schizophrenie einzufordern. So sollten die Südtiroler die Zerschlagung Tirols, das vormalige Verbot und die nunmehrige Einschränkung der sozialen, kulturellen und politischen Austausches in einem Verband, in dem man sich jahrhundertelang bewegt und aufgehoben gefühlt hat, als Wohltat und Befreiung feiern. Denn auf das laufen die Forderungen an Frau Zeller und uns alle hinaus. Dazu kommt noch die sinnfreie Gegenüberstellung: Einheit Italiens ist gut, Einheit Tirols ist schlecht, weil damit die Einheit Italiens in Frage gestellt wird.
    Die Südtiroler sind damit über die Medien, sozialen Medien, Institutionen, aber auch über persönliche Kontakte einer andauernden Gehirnwäsche ausgesetzt, das eigene Geschichtsbewußtsein dem eingeforderten anzupassen. Es ist aber unmöglich dies zu leisten, ohne als Person Schaden zu nehmen.
    Zu gross sind die Unterschiede, Sinngebungen, die einander diametral gegenüberstehen.Man muss das als wahr erlebte (persönlich oder als Gruppe) verdrängen, dort wo es mit dem Anerkennen von falschen Mythen kollidiert. Der brave, angepaßte Südtiroler der passkonform Flagge ehrt und Hymne singt, ist aber kein gesunder Südtiroler, weil verdrängte Bewusstseins-Inhalte immer ein unkontrolliertes Eigenleben weiterführen. Das gilt für Gruppen und Individuen gleichermaßen.

  3. artim avatar
    artim

    Ich kann und will nicht Zellers Motivlage bewerten, wieso sie als BM nach Bozen fahren musste. Brixen und sogar Leifers. hatten auch ihre eigene Veranstaltung. Die
    anderen mehr als 300 BM mussten doch auch nicht in Bozen zum Appell antreten oder gar neuerliche Anfeindungen über sich ergehen lassen.
    Mir ist unverständlich, wie man als Person, die immerhin einen Eid auf die it.Verfassung von 1948 geleistet hat, überhaupt eine solch verfassungsfeindliche “Hymne” des blanken Hasses auf andere, auf andere Völker, Menschen) absingen darf/kann?
    Kann es wirklich so viel Erinnerungsverweigerung bzw. Geschichts- und Zukunftsvergessenheit geben?

  4. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Wer die Sendung letzte Woche auf LA7 gesehen hat, hat gesehen, dass dies nach Art eines Tribunals aufgezogen war, man spürte förmlich die 60 Millionen Italiener im Rücken des Moderators (Richters), bereit beim ersten klaren Fehltritt über die Angeklagte herzufallen. Es wurde ein Video eingespielt, das mit der Amtsübergabe in Meran und Frau Zeller überhaupt nichts zu tun hatte. Für die rechtsextremen Waldsportler, den Wirth-Anderlan, sogar für den Impfkritiker Kaswalder aus dem Trentino mußte sie sich rechtfertigen, während z. B. Casa Pound als italienisches Pendant gar nicht mal erwähnt wurde.
    Was man sagen kann, nun zeigt sich halt das Resultat von jahrzehntelanger Appeasementpolitik durch die SVP. Dann ist es schwierig, wenn man dann vollends in die Ecke gedrängt wird, auf einmal schneidig zu sein.

  5. Stuff avatar
    Stuff

    Wir haben ja die Boschi, die gesagt hat, dass sie den Italienern den Südtirol, oder Alto-Adige, oder whatever erklären will, also sind wir schon irgendwie apposchti und auf alle Fälle gute Italiener und jedenfalls unser Geld wert, das wir geschenkt bekommen

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