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Wohlfühlbeitrag über Tritan Myftiu.
Rai Südtirol

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Am Vortag hatte der Fraktionsvize von Fratelli d’Italia im Bozner Gemeinderat, Diego Salvadori, ein Goebbels-Posting veröffentlicht, da fand es Rai Südtirol passend, einen unkritischen Lifestylebericht über einen weiteren Vertreter der neofaschistischen Partei von Giorgia Meloni auszustrahlen. Tritan Myftiu durfte darin nicht nur seine Migrationsgeschichte anreißen, sondern auch unhinterfragt seine Mitgliedschaft bei den rechtsextremen Fratelli und sein offensichtliches Desinteresse an der deutschen Sprache als Selbstverständlichkeit darstellen.

Er ist perfekt zweisprachig, Italienisch und seine Muttersprache Albanisch fließend, Deutsch wird wohl weiterhin ein Problem bleiben. Liege in der Natur der Sache, meint der neue Stadtrat, der in Zukunft unter anderem für die Integration zuständig sein wird. Es sei klar, dass man sich als Fremdsprachiger zunächst vor allem jene Sprache aneigne, in der man sich vorwiegend bewegt, und das sei in Bozen eben eine andere als im Pustertal oder im Vinschgau.

– Rai Südtirol

Transkription von mir

Ich kenne in großmehrheitlich deutschsprachigen Teilen des Landes einige Menschen mit Migrationshintergrund. Dass sie sich jedoch nur Deutschkenntnisse angeignet hätten, ist bei keinem von ihnen der Fall. Sonst könnten sie schließlich nicht mit der Polizei (Einwanderungsbehörde) kommunizieren, Packungsbeilagen von Medikamenten bzw. Produktetiketten verstehen oder die Onlinedienste vieler Behörden in Anspruch nehmen, um nur einige Beispiele zu nennen. Italien verlangt zudem im Unterschied zu vielen anderen Staaten auch für längerfristige Aufenthaltsgenehmigungen (und nicht nur für den Erwerb der Staatsbürgerschaft) Sprachkenntnisse — womit nur Italienischkenntnisse gemeint sind und Minderheitensprachen, egal ob in Bozen oder im Vinschgau, ausgeschlossen sind (vgl. 01 02 03).

Die vom Bericht angedeutete Spiegelbildlichkeit zwischen Bozen auf der einen und dem Vinschgau oder dem Pustertal auf der anderen Seite existiert nicht. Im Gegenteil: Selbst in mehrheitlich deutschsprachigen Ortschaften sind Migrantinnen ohne Deutschkenntnisse viel öfter anzutreffen als Migrantinnen ohne Italienischkenntnisse. Myftius Rechtfertigung für seine mangelnden Deutschkenntnisse beruht also auf einem Mythos, der die Minorisierung der deutschen Sprache in Südtirol unterschlägt und legitimiert (vgl.).

Und so jemand wird in einer Stadtregierung, an der auch die Minderheitenpartei SVP beteiligt ist, mit dem sensiblen Sachbereich Integration beauftragt. Welche Impulse er setzen wird, um Migrantinnen für das Erlernen (auch) der deutschen Sprache zu sensibilisieren, kann man sich vorstellen.

Die Volkspartei macht sich am weiteren Rückgang der deutschen Sprache in der Landeshauptstadt mitschuldig.

Seit Jahren ist [Myftiu] politisch tätig. Schon immer rechtskonservativ, das komme auch von seiner Erfahrung mit dem Kommunismus in Albanien, sagt er, und zitiert Winston Churchill. Es sei besser, Reichtum ungerecht als Armut unter allen Menschen gleichermaßen zu verteilen. Abgesehen davon sei seine Familie in Albanien vom Regime verfolgt worden, das präge.

– Rai Südtirol

Transkription von mir

Klar, wer kennt es nicht? Man wird von einem autoritären Regime unterdrückt und es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einer Partei beizutreten, die mit einem anderen autoritären Regime liebäugelt. Ebenso unausweichlich muss es gewesen sein, dass jemand als Bootsflüchtling nach Italien gekommen ist und jetzt mit denen Politik macht, die die Boote dieser Flüchtlinge am liebsten versenkt hätten.

Südtirol jedenfalls hat nicht unter dem Kommunismus, sondern unter dem Faschismus gelitten. Und ausgerechnet hier ist Myftiu Teil eines politischen Projekts geworden, das sich von damaligem Unrecht nur sehr widerwillig distanziert und weiterhin an vielem festhält, was damals aufgezwungen wurde.

Statt dem Stadtrat bloß ein Mikrofon hinzuhalten, hätte Rai Südtirol — gerade in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Sender der deutschsprachigen Minderheit — auf diese gelinde gesagt problematischen Zusammenhänge hinweisen und kritisch bei Myftiu nachfragen können.


Tritan Myftiu hat sich übrigens gegen einen Rücktritt von Diego Salvadori wegen des Goebbels-Postings ausgesprochen.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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